Laura Leander 05 - Laura und der Ring der Feuerschlange
bist du reisch.
Verlier die Vier
Aus Fünf und Sechs,
So sagt die ‘ex.
Mach Sieben und Acht,
So ist’s vollbracht:
Und Neun ist Eins,
Und Ze’n ist keins.
Das ist das ‘exen-Einmaleins.‹«
Der Sportlehrer richtete sich auf und schaute den Jungen fragend an. »Welsche Bewandtnis ‘at es mit diesem Vers?«
Anstelle einer Antwort drückte Lukas ihm die Kopie des alten Schriftstücks in die Hand. »Lesen Sie selbst.«
Nachdem Percy es überflogen hatte, staunte er nicht schlecht: »Parbleu! Diese Reime weisen tatsäschliisch eine frappierende Ä’nliischkeit auf, selbst wenn sie siisch geringfügisch voneinander unterscheiden.«
»Genau dieser Unterschied ist interessant!« Lukas’ Wangen waren vor Eifer gerötet. »Bei Goethe lautet die fünfte Zeile: ›dann bist du reich‹, während es in dieser Version hier ›Nah ist ihr Reich‹ heißt.«
»Fürwar, du ‘ast Rescht! Und was folgert ein derart kluges Köpfschen wie du daraus?«
Lukas erklärte Percy hastig, wo und unter welchen Umständen Laura und er das alte Dokument entdeckt hatten. »Mir ist vorhin der Gedanke gekommen, dass dieses Gedicht hier« – er hob die Kopie – »einen Hinweis auf den Aufenthaltsort unserer Mutter enthalten könnte.«
»Welscher Gestalt sollte dieser ‘inweis denn sein?«
»Das weiß ich eben nicht! Zumal der Vers nicht vollständig ist. Aber die verblüffende Ähnlichkeit zu Goethes Hexen-Einmaleins hat mich auf eine Idee gebracht.«
Percy sah den Jungen fragend an.
»Möglicherweise hat dieser Goethe ja das Originaldokument gekannt und sich davon zu diesem Hexen-Einmaleins inspirieren lassen.«
»Das ‘alte iisch durschaus für mögliisch.«
»Schließlich hat der historische Faust ihm doch als Vorbild für sein Drama gedient. Er hat sich mit Sicherheit intensiv mit dessen Leben beschäftigt.«
»Darauf würde iisch meinen Kopf verwetten, wenn iisch i’n niischt noch bräuschte!«
»Vielleicht besaß Goethe Informationen, von denen wir nichts wissen. Wenn wir die Stellen in seinem Werk entdecken, an denen er sie eingeflochten hat, könnten die uns vielleicht weiterhelfen.«
»Misch dünkt, deine Worte ergeben durschaus Sinn.« Percy Valiant nickte. »Doch zu meiner großen Schande muss iisch geste’en, dass iisch schleschterdings so gut wie gar keine A’nung von diesem Werk eures großen Dischterfürsten besitze.«
Lukas grinste. »Hätte mich auch gewundert.«
Der Sportlehrer überhörte die vorlaute Bemerkung. »Warum wendest du diisch niischt mit der Bitte um Rat an unsere ‘ochvere’rte Miss Mary? Die ist in der Literatur doch bestens bewandert, auch in der deines ‘eimatlandes. Sie würde siisch bestimmt freuen, dir mit den entspreschenden Auskünften be’ilfliisch sein zu können.«
»Gar keine dumme Idee.«
»Leider pflegt die ‘olde Maid um diese Stunde des Tages bereits im tiefsten Schlummer zu liegen – und so wirst du diisch wo’l oder übel bis zum morgiischen Tage gedulden müssen, mon cher.«
Während die Krallenfinger sich immer fester um Lauras Hals schlossen, schob sich die Flammengestalt der Feuerschlange langsam durch die Scheibe. Ryganis gespaltene Zunge schlängelte auf das Mädchen zu, als plötzlich etwas hinter Laura aufleuchtete.
Ryganis Griff wurde schwächer, und Laura konnte den Kopf drehen. Sie erblickte ein geflügeltes Wesen mit mächtigen weißen Schwingen. Das gleiche Wesen, das sie am Nebelsee vor Syrin gerettet hatte!
Der Geflügelte streckte gebieterisch die rechte Hand aus. »Im Namen des Lichts befehle ich Euch, von ihr abzulassen, Rygani!« Seine Stimme war fest und klar. »Auch Ihr unterliegt den uralten Gesetzen und besitzt nicht das Recht, Euch an Menschenkindern zu vergreifen!«
Das Gesicht der Feuerschlange verzog sich zu einer wütenden Fratze. »Ssshhh!«, zischte sie, während sie zurückwich. »Was geht das dich an, verfluchter Wolkentänzer! Verschwinde, sonst werde ich dich genauso töten wie deine Herrin!«
Das leuchtende Wesen wich nicht eine Handbreit zurück. »Das geschah zu einer anderen Zeit und an einem anderen Ort und wird sich nicht wiederholen, das verspreche ich Euch! Weicht von ihr, Ihr Ausgeburt des Bösen – oder muss ich zu anderen Mitteln greifen?« Er berührte das Heft des Schwertes, das um seine Hüften gegürtet war.
»Das wirst du noch bereuen, du Hund!«, zischte Rygani außer sich vor Wut. Nur Augenblicke später war die Feuerschlange verschwunden.
Laura sah das Wesen, das sie nun schon zum
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