Laura Leander 05 - Laura und der Ring der Feuerschlange
gekleidete Krieger. Trotz der Entfernung bemerkte das Mädchen die großen Netze, die unter den Spinnen hingen. Darin bewegte sich etwas, auch wenn Alienor nicht erkennen konnte, was es war.
Silberschwinge schien schärfere Augen zu haben. »Diese verdammten Knechte Borborons!«, fluchte der Drache. »Sie waren wohl wieder auf Beutejagd! – Na warte, die sollen mich kennen lernen!« Damit legte er die Schwingen dicht an den Drachenkörper und setzte zum Sturzflug an.
Alienor musste sich mit aller Kraft festhalten, um nicht von seinem Rücken zu fallen.
» D u siehst müde aus, Laura.« Aurelius Morgenstern sah die Schülerin besorgt an. »Hast du letzte Nacht nicht gut geschlafen?«
»Doch«, erwiderte das Mädchen rasch. »Es ist alles in Ordnung. – Warum fragen Sie?« Obwohl Laura dem Kreis der Wächter nun fast schon ein Jahr angehörte, wollte ihr bei Professor Morgenstern das vertrauliche »Du«, mit dem sie die anderen ansprach, einfach nicht über die Lippen kommen.
»Nur so«, erwiderte der alte Mann. Sein Blick verriet jedoch, dass er ihren Beteuerungen keinen Glauben schenkte.
»Warum haben Sie mich rufen lassen?«, wollte Laura wissen. Da der Direktor sie in sein Büro gebeten hatte, vermutete sie, dass es um eine schulische Angelegenheit ging. Die Belange der Wächter pflegte der Professor dagegen im Wohnzimmer seines Häuschens zu besprechen, das hinter hohen Hecken versteckt im weitläufigen Park der Burg lag.
Morgensterns Antwort bestätigte Lauras Vermutung. »Ich möchte dich um einen Gefallen bitten. Die Sache ist für das Internat von größter Wichtigkeit. Deshalb möchte ich damit nur jemanden betrauen, auf den ich mich voll und ganz verlassen kann.« In knappen Worten informierte der Professor Laura über den Besuch von Herrn Sephem und dessen großzügiges Angebot.
»Das ist ja echt super!«, rief das Mädchen erfreut aus. »Etwas Besseres konnte uns doch gar nicht passieren, oder?«
»Du sagst es.« Die Begeisterung der Schülerin ließ Morgenstern schmunzeln. »Wenn Herr Sephem sein Versprechen wahr macht, sind wir unsere finanziellen Sorgen los und hätten noch einen weiteren Grund, zu unserem Jubiläum ein fröhliches Fest zu feiern. Das wäre in der Tat ›echt super‹, wie du es ausdrückst!« Aurelius war seine Erleichterung deutlich anzumerken, und das freute Laura. Bis zum Auftauchen des maurischen Besuchers war das Schicksal von Ravenstein ungewiss gewesen. Es hatte beinahe so ausgesehen, als könnte das Internat die herben Rückschläge der letzten Monate nicht verkraften. Durch das Auftauchen des Fremden hatte sich das Blatt zum Guten gewendet.
Den Mächten des Lichts sei Dank!
Oder vielmehr – Maximilian Longolius sei Dank.
Bei dem Gedanken beschlich Laura ein ungutes Gefühl, das sie sich nicht erklären konnte. »Ich hätte nie damit gerechnet, dass Herr Longolius sich so für das Internat einsetzen würde. Ich dachte, das hätte er nur gesagt, um uns für ihn einzunehmen«, gestand sie dem Professor. »Mister L – so nennt Lukas ihn immer – hat uns neulich in sein Penthouse eingeladen. Bei der Gelegenheit hat er eine große Überraschung angekündigt, über die sich alle Ravensteiner freuen würden.«
»Da hat er nicht zu viel versprochen!« Der Professor lächelte zufrieden. »Herr Sephem hat mir gesagt, dass der Verleger ihn auf die Idee mit Ravenstein gebracht hat. Zudem wird sich Herr Longolius auch an den Kosten der Instandhaltung beteiligen.«
»Merkwürdig.« Laura runzelte die Stirn. »Und dabei hätte ich jede Wette gehalten, dass Mister L mit unseren Feinden unter einer Decke steckt.« Ratlos blickte sie Aurelius an. »Kann es denn sein, dass wir uns so gründlich in ihm getäuscht haben?«
»Nun«, sagte der Professor nachdenklich. »Es kommt gelegentlich vor, dass wir andere Menschen falsch einschätzen. Insbesondere dann, wenn wir unser Urteil unter falschen Voraussetzungen fällen. Was euch und Herrn Longolius betrifft: Wahrscheinlich habt ihr ihm verübelt, dass er eurer Stiefmutter freundschaftlich verbunden ist. Und da ihr Sayelle nun einmal nicht leiden könnt, habt ihr vermutlich automatisch auch eine Abneigung gegen ihn verspürt.«
Laura war nicht gerade wohl in ihrer Haut. »Dann glauben Sie also, dass wir Mister L vertrauen können?«
»Das habe ich nicht gesagt.« Morgenstern wiegte bedächtig den Kopf. »Dafür kenne ich ihn zu wenig. Mir jedenfalls hat Herr Longolius noch keinen Grund gegeben, ihm zu misstrauen. Allerdings
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