Laura Leander 05 - Laura und der Ring der Feuerschlange
Dokument, dem er die Überschrift »Operation Feuerschlange« gab. Er fügte eine Tabelle ein, deren linke Spalte er mit »Facts« überschrieb. Der rechten Spalte gab er den Titel »Indizien und Vermutungen«. »Hab ich neulich in einem Fernsehkrimi gesehen«, erklärte er überheblich. »Die haben das genauso gemacht. Die klare Unterscheidung zwischen gesicherten Fakten und bloßen Mutmaßungen ist wahnsinnig wichtig, hat jedenfalls der Oberkommissar behauptet.«
»Klar – so ein Fernsehheini muss es ja wissen«, spottete Laura. »Aber vielleicht ist ja was dran. Außerdem sollten wir unbedingt versuchen, den richtigen zeitlichen Ablauf zu rekonstruieren. Damit wir zwischen Ursache und Wirkung unterscheiden können.«
»Das versteht sich doch von selbst«, erwiderte der Junge lässig. »Also – womit hat alles begonnen? Damit, dass Analina, die verstoßene Königstochter des Güldenlandes, aus Aventerra auf die Erde geflohen ist?«
»Nein, es fing schon vorher an«, erklärte Laura entschieden. »Als Analina diese unheimliche Feuerschlange gebeten hat, ihr zu helfen und sie vor den Drachen zu beschützen. Das jedenfalls ging aus dem Gespräch der beiden hervor, das ich auf meiner letzten Traumreise belauscht habe.« Was auf jener Reise geschehen war, hatte Laura ihrem Bruder bereits erzählt. Unmittelbar nach dem Abenteuer war sie allerdings so erschöpft gewesen, dass sie auf Lukas’ Bett eingeschlafen war. Ihr Bruder hatte es sich nicht nur auf dem Fußboden bequem machen müssen, sondern er hatte auch bis nach dem Unterrichtsschluss am nächsten Tag warten müssen, um zu erfahren, was Laura erlebt hatte.
»Dann wollen wir mal hoffen, dass du dich nicht verhört hast«, erwiderte der Bruder spitz, hielt das Ereignis aber unter »Facts« fest: »Analina/Lena bittet Feuerschlange um Hilfe.«
»Und weiter?«, fragte er dann.
Laura rieb sich die Schläfen, als helfe das ihrer Erinnerung auf die Sprünge. »Die Feuerschlange, die Rygani genannt wird, sagt ihre Hilfe zu und verlangt dafür das noch ungeborene Kind von Lena.«
Lukas gab den entsprechenden Satz sofort in den Computer ein.
»Als Gegenleistung gibt die Feuerschlange Analina den Ring«, fuhr Laura fort. »Der besitzt offensichtlich nicht nur unheimliche Kräfte, sondern zeigt auch jedem, dass sein Träger unter dem Schutz der Feuerschlange steht.«
»Klaromaro.« Lukas nickte. »Und was passiert weiter?«
»Analina gelangt wohlbehalten auf die Erde und heiratet Michael Luzius, dem sie ihre Herkunft verschweigt. Außerdem behauptet sie, Lena zu heißen. Vermutlich hat sie gehofft, dadurch Verfolger in die Irre zu führen.« Laura machte eine kleine Pause, um ihre Gedanken zu ordnen. »Jetzt verstehe ich auch, warum sie keine Kinder haben wollte«, sagte sie dann. »Sie wollte nicht, dass ihre Nachkommen in die Gewalt der Feuerschlange geraten!«
»Welch ein unerträglicher Gedanke«, murmelte Lukas betroffen. »Unsere Oma muss ziemlich verzweifelt gewesen sein, wenn sie ein solches Versprechen abgelegt hat.«
»Das kann ich gut nach vollziehen«, erwiderte Laura. »Wenn du Gurgulius einmal leibhaftig gegenübergestanden hättest, würdest du verstehen, wie sie sich gefühlt haben muss!« Sie legte den Kopf schief. »Was mir allerdings noch immer nicht ganz klar ist: Wozu brauchte Rygani das Kind? Was hatte sie mit ihm vor?«
»Das wissen wir nicht, jedenfalls noch nicht.« Lukas notierte die Frage in der Spalte »Vermutungen«.
»Auf alle Fälle muss dieses Baby eine ganz besondere Bedeutung für sie gehabt haben«, fuhr Laura fort. »Sonst wäre die Feuerschlange nicht in der Nacht von Mamas Geburt aufgetaucht.«
»Womit wir wieder bei den Fakten wären.« Lukas schrieb den Wortlaut seiner Aufzählung mit. »Erstens: Die Feuerschlange kann die Erde nur während einer einzigen Nacht betreten – nämlich in der Nacht vom einunddreißigsten Oktober auf den ersten November –«
»Am Vorabend von Allerheiligen, also an Halloween, das bald wieder gefeiert wird.«
»– und zweitens: Eine Essenz aus den Blüten der Lichtrose schützt vor dem Zugriff der Schlange. Vielleicht sogar vor dem Bösen überhaupt, wenn das stimmt, was Eva Luzius gesagt hat.«
»Natürlich!« Laura warf dem Bruder einen fragenden Blick zu. »Warum sollte sie lügen?«
»Das behaupte ich doch gar nicht.« Der Junge runzelte die Stirn. »Es geht mir lediglich darum, klar zwischen Fakten und Vermutungen zu unterscheiden. Dass diese Essenz Mama vor der Feuerschlange
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