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Laura, Leo, Luca und ich

Laura, Leo, Luca und ich

Titel: Laura, Leo, Luca und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Maiwald
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und prügelte auf die Hupe ein wie Animal von der Muppet Show.
    Das nun bedeutete: Die beiden Ereignisse mussten unbedingt miteinander verwoben werden, denn ein 1: 0 konnte man nicht nach einer halben Stunde im Raum stehen lassen. Leo hatte vorgesorgt. Er verbarg ein winziges Radio in der Innentasche seines Anzugs und einen Kopfhörer in der Ohrmuschel. So also lehnte er am Pfeiler der Kirche (wir alle standen, denn wir waren spät dran und Platz war rar) und hörte auf Mittelwelle 849 einem der erregt daherredenden Reporter zu.
    |80| Der Pfarrer, selbst an der Orgel, traf keine korrekte Taste des Hochzeitsmarsches, was zu Belustigung führte. Die Braut kam herein, der Vater geleitete und weinte. Nichts Neues im Süden. Viel wurde gesungen, aufgestanden und niedergesessen, sich bekreuzigt, gemurmelt. Leo kommentierte das Match bald auch für die Umstehenden. Endlich, überraschend früh eigentlich, im ersten Drittel der Zeremonie, gaben sich Braut und Bräutigam das Jawort. Viele schluchzten, viele lachten. Viele hofften auf das Ende.
    Die Braut: Silvana. Der Bräutigam: Alessandro, ein Mann mit halblangem Haar und hager-geschärften Gesichtszügen, dem der zukünftige Erfolg schon irgendwie anzusehen war. Wichtiger hingegen als alles war, dass die zweite Halbzeit begonnen hatte. Unruhe breitete sich aus wie Weihrauch. Man wechselte das Standbein, schaute sich um. Gab es Wissende? Wusste jemand, ob Italien inzwischen 3: 0 führte oder 1: 2 hinten lag? Um die 65.   Minute herum musste Del Piero eine Riesenchance gehabt haben, Leos Rücken zuckte, Leo tuschelte es sofort weiter, Laura zischte ihm zu, gefälligst leiser zu sein. Die ersten verließen die Kirche, Leo, Luca und ich taten es ihnen nach. Die Sonne gleißte, drei Kamerateams warteten auf die Braut und auf die Cousine der Braut, die mit einem italienischen Filmstar verlobt war.
    Ruhe jetzt, nun musste König Fußball sein Recht bekommen. Nach und nach schlichen die Männer aus der Kirche, kreiselten verlegen auf dem Kirchplatz umher und fanden schließlich, an Dutzenden schaulustigen |81| Uraltfrauen vorbeigehend, eine kleine Bar. Fünf, sechs, sieben, dann zwölf Anzugträger strömten herein, die Dorfjugend rückte verschämt nach hinten und wusste nicht, was hier geschah. Mafia auf Betriebsausflug? Ich muss zugeben, dass man sich in so einer Gruppe sehr erhaben fühlt. Der Fernseher teilte mit: 80.   Minute, 1: 0.   Die Norweger holten die Knüppel heraus: hohe, sinnlos anmutende Flanken auf ihren Fußballgott Flo. Kaffee und Wasser (still) wurden geordert. Ich wusste bislang nicht, dass man Fußball auch ohne Bier schauen kann. Italien gewann.
    Zurück zur Kirche alle Mann. Das Brautpaar ließ Schmatz auf Schmatz über sich ergehen, wirkte ein wenig erschöpft und ließ sich das Ergebnis des Italien-Spiels mitteilen, wissend, dass der Termin ihrer Hochzeit nicht günstig gewählt war. Danach wandelte man auf blauem Teppich, der für die Hochzeitsgesellschaft quer durch das Dorf gelegt worden war und durch Gassen und über Straßen führte. In zwanzig Meter Abstand hatten sich Wichtigtuer oder Leibwächter postiert (klassisch: Anzug, Sonnenbrille, Knopf im Ohr – auch sie hatten angeblich Fußball statt Sicherheitsfunk gehört). Bis heute ist mir die Menge der zum Schutz Abkommandierten nicht klar geworden. Prominente, die ich nicht kannte? Paten gar? Oder ging es nur um den – zugegebenermaßen beeindruckenden – Effekt?
    Der Teppich führte nach etwa fünfhundert Metern zu einem Palazzo, dessen Säulen mit Grün umflochten waren. Links und rechts des monumentalen Aufganges standen wieder irgendwelche Leibwächter und |82| blickten irgendwohin, vielleicht (weil die Sonnenbrille wie eine Tarnkappe ist, die partiell unsichtbar macht) auf die Brüste der schicken Italienerinnen in ihren teuren sexy Kleidern. Ich hätte die Gelegenheit jedenfalls ausgenutzt.
    Der Palazzo hatte gewölbeähnliche Räume mit bemalten Decken. Blattgold glitzerte. An den Wänden hing eine bemerkenswert eklektizistische Auswahl von Gemälden; tatsächlich war auch der röhrende Hirsch vor Alpenpanorama dabei. Auf den Tischen üppige Rosensträuße, rot und fleischfarben. Die fleischfarbenen Sträuße waren leibhaftiges Fleisch: Schinken, in Rosenform gewickelt und mit Zahnstochern zusammengesteckt. Überall standen Tabletts mit Scampi, Gamberetti, Jakobsmuscheln im Speckmantel herum. Die Smalltalk-Zeit begann, eine Disziplin, in der die Italiener locker die Engländer

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