LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons - Freund, P: LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons
durchbrach die Krume, dann noch eine, und schließlich stieg, wie eine schleimige Raupe, die ihrer Hülle entschlüpft, eine hagere Gestalt aus dem Schoß der Erde hervor: groß, abgemagert und das eingefallene Gesicht leichenfahl. Das unheimliche Rot seiner Haare und Augen wurde von den züngelnden Flammen noch verstärkt. Die Bewegungen seiner in graues Leinen gehüllten Glieder waren so ungelenk, als wäre er Frankensteins Monster höchstpersönlich. Einen prall gefüllten Lederbeutel in der einen Hand, tapste er mit blutunterlaufenen Augen auf die Jugendlichen zu.
Kapitel 5
Der schwarze Dämon
A ls Laura erwachte, stand pechschwarze Finsternis vor ihrem Zimmerfenster. Dunkle Wolken ballten sich am Himmel und versperrten den Blick auf den Mond, dessen silbriges Licht sie beim Einschlafen noch verzaubert hatte. Die Uhr auf dem Nachttisch zeigte eine Viertelstunde nach Mitternacht. Seltsam – nach nur einer Stunde Schlaf war sie urplötzlich wieder aufgewacht. Wieso nur? Und wieso schlug ihr Herz bis zum Hals und waren ihre Haare schweißnass?
An einen Alptraum, der sie im Schlaf zum Schwitzen gebracht hätte, konnte Laura sich nicht erinnern. Zudem hatte sich empfindliche Kühle in ihrem Zimmer ausgebreitet. Merkwürdig! Der Abend war schließlich ungewöhnlich warm gewesen, wie schon das gesamte Frühjahr, das für die Jahreszeit eigentlich viel zu heiß gewesen war. Vor dem Zubettgehen hatte Laura deshalb noch rasch das Fenster aufgerissen, damit die stickige Luft aus ihrem Dachzimmer entweichen konnte. Aber jetzt war es darin so lausig kalt, dass sie die Kälte noch unter der warmen Bettdecke spürte. Zudem hatte sie eine merkwürdige Unruhe befallen. Es kribbelte sie am ganzen Körper, und ihr war, als bekäme sie nicht richtig Luft. Fast panisch fuhr Laura hoch und hustete. Aber das seltsame Gefühl der Beklemmung saß tief in ihrer Kehle und wollte einfach nicht weichen. Es schnürte ihr tatsächlich die Luft ab, sodass sie laut um Atem ringen musste.
Nach einigen Momenten hatte sich Laura wieder so weit gefasst, dass sie aus dem Bett steigen und ans Fenster gehen konnte. Sie wollte es gerade schließen, als sie die strahlend weiße Gestalt unter dem üppig blühenden Holunderbusch wahrnahm, den ihre Mutter Anna vor vielen Jahren zum Schutz vor bösen Geistern dicht beim Gartenzaun gepflanzt hatte: Es war ein Jüngling mit schulterlangem Haar, in ein bodenlanges weißes Gewand gekleidet und mit einem großen Schwert gegürtet. Auf dem Rücken trug er blütenweiße Schwanenschwingen.
Das war Auriel – kein Zweifel!
Beim überraschenden Anblick des Wolkentänzers machte Lauras Herz einen Sprung. Schließlich hatte sie Auriel lange nicht mehr zu Gesicht bekommen. Schon seit fast drei Jahren nicht mehr, wenn sie es genauer bedachte, als sie das Labyrinth des Lichts vor der Zerstörung bewahrt hatte, um sich schließlich selbst vor dem sicheren Verderben zu retten. Mit Auriels Hilfe war es ihr gelungen, gerade noch rechtzeitig die fünf Zeichen der Schlange und den magischen Karfunkelstein aus den Einhornwald aufzuspüren, die sie aus dem Bann des Todesschlafes erlöst hatten. Seit jenem Tag verfügte Laura auch wieder über ihre drei fantastischen Fähigkeiten – Gedankenlesen, Traumreisen und Telekinese –, die sie Monate zuvor geopfert hatte, um ihrer Mutter das Leben zu retten. Seltsamerweise jedoch hatte sie seitdem kaum mehr darauf zurückgreifen müssen. Weil ihre erbitterten Gegner, die Dunklen, ihre wichtigsten und fanatischsten Mitstreiter verloren hatten und dadurch so geschwächt waren, dass sie keine ernsthafte Gefahr für Laura und die anderen Wächter des Lichts mehr darstellten. Was Lauras Aufgabe genauso erleichtert hatte wie die von Auriel. Deshalb hatte sie auch schon befürchtet, dass der Wolkentänzer in seine Heimat zurückgekehrt wäre: auf die Inseln im nördlichen Sternenmeer auf Aventerra, wo die Geflügelten zu Hause waren.
Dabei hatte Auriel eigentlich die Aufgabe, gleich einem Schutzengel
über sie zu wachen. Er sollte darauf achten, dass die Dunklen nicht gegen die uralten Gesetze verstießen und mit unzulässigen Mitteln gegen sie vorgingen. Vor knapp vier Jahren, als Laura beim Erreichen ihres dreizehnten Lebensjahres in das große Mysterium eingeweiht worden war, das unsere Erde und ihr Schwestergestirn seit Anfang der Zeiten verbindet, war das noch ganz anders gewesen. Nachdem sie in den Kreis der Wächter aufgenommen wurde, die auf dem Menschenstern für die Sache des
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