Laura - Venezianisches Maskenspiel
das alles gehört mir“, dachte er fast erstaunt. Sie zitterte in seinem Arm, schloss jedoch die Augen. Er fühlte, wie ihr Körper nachgiebig wurde, und dann vergaß er alles um sich herum, während er die weichen Lippen liebkoste und ihren Mund auskostete.
* * *
Laura saß mit hochroten Wangen vor ihrer Frisierkommode und blickte in den Spiegel. Anna hatte ihr geholfen, das kostbare Kleid abzulegen, und dann hatte sie ihre Zofe zu Bett geschickt, weil sie alleine sein wollte. Wie ihre Augen im Licht des mehrarmigen Kerzenleuchters glänzten! Viel mehr als sonst. So sehr, dass sie sich selbst kaum wiedererkannte. Ihre Lippen waren dunkelrot und obwohl seit diesen erregenden Küssen schon zwei Stunden vergangen waren, schienen sie immer noch verräterisch geschwollen zu sein.
Sie hatte trotz Patrizios erstauntem Protest den Ball fast unmittelbar nach dem Treffen verlassen, da sie sich nicht mehr imstande gefühlt hatte, noch ruhig mit jemandem zu sprechen oder so zu tun, als wäre nichts geschehen.
Ehe sie es sich versehen hatte, war sie in seinen unnachgiebigen Armen gelegen, unfähig, seiner schmeichelnden Stimme – die sie weitaus mehr bezaubert hatte als die ihr übertrieben erscheinenden Worte – zu widerstehen. Dieser endlose Kuss, der sie jetzt noch erglühen ließ, wenn sie daran dachte. Und der Wünsche und Gedanken in ihr geweckt hatte, die sie in dieser Heftigkeit nie erwartet hatte. Immer noch vermeinte sie seine Arme zu spüren, die sie so fest gehalten hatten, dass kein Widerstand mehr möglich gewesen war, während seine Lippen Besitz genommen hatten von ihrem Mund, ihrem Hals, ihren Schultern und sogar ihren Brüsten, deren erregte Spitzen sich durch den Stoff des Ballkleides gebohrt hatten, sodass sie danach nicht gewagt hatte, den schützenden Fächer wegzunehmen, aus Angst, man würde ihr ansehen, was in diesem Raum geschehen war.
Sie schloss die Augen und fuhr mit den Fingerspitzen über alle die Stellen, die er geküsst und berührt hatte. Mit welcher Leidenschaft! Nein, das war nicht nur ein Kuss gewesen, sondern viele, bis ihr schwindlig geworden war. Das Zimmer hatte sich zu drehen begonnen, und sie hatte sich an ihn klammern müssen, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Dabei hatte sie nur zu deutlich gefühlt, dass er nicht weniger erregt war als sie selbst. Unvorstellbar! Alleine nur von ihren Küssen!
Ihr ‚Cavaliere d’Amore’ … Sie schüttelte mit einem glücklichen Lächeln den Kopf. Wie romantisch! Wie unglaublich war das gewesen! Niemals hätte sie sich das erträumt! Diese Leidenschaft!
Sie überlegte, dann stand sie auf und ging zu dem verspielten kleinen Schrank aus dunklem Holz, der liebevoll mit Einlegearbeiten verziert war, und öffnete die beiden Türchen. Innen befanden sich viele kleine, ebenfalls mit buntem Holz und Malereien geschmückte Laden, in denen sie ihre Schätze aufbewahrte. Sie zog eine mit einem Vogel verzierte Lade auf und nahm ihr Tagebuch heraus, in dem sie ihre geheimsten Gedanken festhielt, die sie niemandem sonst jemals eröffnet hätte. Sie ließ sich an ihrem zierlichen Schreibtisch nieder und tauchte die Feder in die Tinte. Sie musste einfach schreiben, was ihr heute widerfahren war. Es war zu wunderbar ... und zu unglaublich.
Sie war verliebt! Mehr noch, sie liebte! Warum es vor sich selbst leugnen?!
Und sie hatte plötzlich Hoffnung, einmal wiedergeliebt zu werden.
Das Spiel geht weiter
L aura drängte sich – am ganzen Körper vor Aufregung zitternd – durch die Leute, die lachend und lärmend durch die Straßen liefen. Sie war es zwar gewohnt, alleine durch Venedig zu gehen, aber dieses Mal befand sie sich nicht auf dem Weg zum Markt oder zur Bibliothek, sondern zu einem nächtlichen Treffen mit ihrem Cavaliere d’Amore. Sie hatte am Vortag, zwei Tage nach dem Ball, wieder einen Brief erhalten, in dem ihr geheimnisvoller Verehrer sie abermals seiner Leidenschaft und seiner Ergebenheit versichert und sie bestürmt hatte, zum Campo San Angelo zu kommen, wo er mit einer Gondel auf sie warten wollte. Sie hatte keine Sekunde gezögert, ihre Einwilligung dazu zu geben und den Boten sofort mit einer Antwort zurückgeschickt. Es gab schließlich keinen Grund mehr für sie, sich zu zieren.
Und doch hatte sie nun das lächerliche Gefühl, etwas Verbotenes zu tun. Noch dazu, wo sie ihre liebenswürdige Schwiegermutter belogen und sich mit vorgeschützten Kopfschmerzen auf ihr Zimmer zurückgezogen hatte, um sich dann
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