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Laura - Venezianisches Maskenspiel

Titel: Laura - Venezianisches Maskenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Vara
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beobachtet. Wobei ihm die nächtlichen Prozessionen besonders lästig und unangenehm gewesen waren.
    Er betrachtete die Mosaike. Die Menschen, die das geschaffen hatten, hatten sich wohl etwas dabei gedacht, aber er hätte noch bis vor Kurzem nicht geargwöhnt, dass dies auch bei seiner Frau der Fall sein könnte. Er wandte sich um, als er ihren leichten Schritt hörte. Sie lächelte, als sie auf die Bilder deutete.
    „Sind sie nicht wunderschön?“ Sie nahm zu seiner angenehmen Verwunderung seine Hand und zog ihn mit sich zum linken Kirchenschiff hinüber, während Enrico dezent neben dem Eingang stehen geblieben war.
    „Siehst du hier? Diese hier habe ich am liebsten.“
    Domenico studierte die Mosaike. Ineinander verschlungene Linien, in deren Mitte sich rosettenartige Muster befanden.
    „Die anderen sind natürlich auch herrlich“, sprach Laura weiter, „besonders jene, bei denen man das Gefühl hat, als wären sie nicht flach, sondern erhaben, oder als würde man auf einem Gitter stehen. Dabei sind es nur schwarze Steine, die einem aber das Gefühl geben, man könnte hindurchgreifen. Oder diese Sterne mit den vielen Spitzen, die man aufheben möchte, um sie davonzutragen ...“ Sie lächelte. „Sie sind alle schön. Die Tiere – dieses wuchtige Tier hier drüben, das ein Horn auf der Nase trägt wie jenes, das man einmal wirklich in Venedig bewundern konnte. Die bunten Steine ... Aber dieses Muster hier mag ich am allerliebsten.“ Sie begann, mit kleinen Schritten einer der Linien, die sich in verschlungenen Kreisen den Weg durch das Kirchenschiff bahnte, zu folgen. Dabei entfernte sie sich von ihm.
    Domenico blieb ruhig stehen, verfolgte den Weg der Linie und Lauras. Er wusste, es würde nicht lange dauern, bis das Muster sie zu ihm zurückführte. Und tatsächlich war sie nach einigen Kreisen, Drehungen wieder bei ihm und fasste ihn abermals an der Hand.
    „Siehst du?“ Laura war etwas atemlos. Nicht vom Gehen, sondern vor Aufregung, weil ihr Gatte ihr tatsächlich ernst zuhörte, ohne sie wie sonst zu belächeln.
    „Ist das nicht wunderbar? Ich gehe oft diese Muster entlang, wenn mich niemand beobachtet, oder stehe nur einfach da und verfolge diese Kreise mit den Blicken. Sie erinnern mich an etwas. Man geht einfach einen Weg, denkt, man entfernt sich, und dann kommt man doch wieder an den Punkt zurück. Wenn ich sie ansehe, denke ich an die Liebe, die mich verschlungene Pfade geführt hat, um ...“
    Sie unterbrach sich tief errötend und verbarg ihre Hand wieder im Muff. Schließlich war sie drauf und dran gewesen, ihm eine Liebeserklärung zu machen. Es lag ihr ja auch so sehr auf der Zunge, ihm ihr Herz zu öffnen. Ihm einfach in die Arme zu fallen, ihm ihre Liebe und ihre Sehnsucht zu gestehen und ihn zu bitten, auf all die anderen Frauen zu verzichten und nur bei ihr zu bleiben. Aber noch war es wohl nicht so weit. Was war, wenn er sich dann wieder von ihr abwandte, abgestoßen durch diese Aufdringlichkeit? Dieses Mal würde die Kränkung weit tiefer schmerzen als je zuvor.
    „... um dich dann doch wieder an einen ganz bestimmten Punkt zurückzubringen“, vollendete Domenico ihren Satz. Er holte ihre Hand aus dem Muff und sah nachdenklich darauf. Dann zog er sie zu ihrer Verlegenheit an seine Lippen.
    „Aber Domenico ...“ Laura sah sich errötend um. „Das ... das tut man doch nicht.“
    „Doch, das sieht man in Venedig an jeder Ecke“, erwiderte er ungerührt. Seine Lippen waren warm auf ihren Fingern, die trotz des kostbaren Muffpelzes kalt waren.
    „Aber nicht in der Kirche. Und schon gar nicht von Ehemännern.“
    „Nein, vermutlich nicht.“ Er drehte ihre Hand um, strich mit den Fingerspitzen über die Handfläche, fuhr die Linien nach. Es kitzelte und heiße Ströme – von ihrer Hand ausgehend – durchliefen Laura. Sie wollte sie ihm entziehen, aber er hielt sie zu fest, betrachtete sie so lange, als hätte er alle Zeit der Welt und als wären sie völlig allein in der Kirche. In Wahrheit jedoch waren um sie herum immer noch genug Leute, und als Laura hochsah, blickte sie in ein kühles, helles Augenpaar, das zu einer strahlenden Schönheit gehörte, die soeben ihre Maske abnahm und herübersah. Das blonde Haar wurde nur unzureichend von der Kapuze des Mantels verdeckt, es leuchtete sogar im Schein der Kerzen. Nicoletta Martinelli.
    Es war hier in dieser Kirche gewesen, als sie diese Frau zum ersten Mal gesehen hatte. Einen Tag vor ihrer Hochzeit und vor der Erfüllung all

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