Laura - Venezianisches Maskenspiel
Petrarca nicht zu irren: ‚Mit seiner Kraft siegt Amor über Menschen, Götter ..., wie man in Prosa und in Versen liest und ...’“
„Genug jetzt damit!“ Domenico warf seinem Freund einen gereizten Blick zu, während Laura die Hand vor den Mund hielt und kicherte. Er hätte Paolo für diese Frechheit am liebsten geohrfeigt. Seine Worte waren als Warnung für Laura und ihre vermuteten Verehrer gedacht gewesen, aber durch sein absichtliches Missverstehen hatte Paolo alles ins Lächerliche gezogen.
„Ach, lass mir doch die Freude, mit einer so reizenden Frau zu sprechen“, wandte Paolo, nicht im Mindesten eingeschüchtert, ein. „Und Ihr, Laura, sagt mir, wie es kommt, dass Ihr Euch Gedanken über die Serenissima, die ‚Allerdurchlauchstigste Republik’, macht.“
„Das tue ich nicht. Ich denke lediglich über die Dinge nach die ich sehe und frage mich, weshalb in einer Stadt, die so schön ist und so viel Vergnügen bietet, so viele Arme leben, die keine Arbeit mehr finden. Und so viele Adelige, die sich verschulden, um in Luxus zu schwelgen, als gäbe es kein Morgen. Mir will das alles etwas seltsam erscheinen.“
„Seltsam ... Ja, in der Tat.“ Paolo begann sich zu Domenicos Leidwesen für dieses Thema zu erwärmen. „Mehr als seltsam sogar, wenn man sieht, wie sehr sich alles verschlechtert. Nehmt alleine den Hafen!“ Er wies auf die winterlich leeren Anlegestellen, die wahrlich einen traurigen Anblick geboten hätten, wären nicht doch noch kleinere Boote und eine große Anzahl von Gondeln unterwegs gewesen. Es waren noch weniger Schiffe im Hafen als zur warmen Jahreszeit und viele davon waren mit Planen überdeckt zum Schutz gegen Regen und Kälte.
„Hier lagen in meiner Kindheit noch weitaus mehr Galeeren. Und jetzt wird uns von anderen Hafenstädten der Rang abgelaufen. Uns! Der Serenissima! Wahrhaftig, wir können stolz auf uns sein!“ Er wies in die Runde. „Hier, eine wachsende Anzahl von Krüppeln, Kranken, die kaum mehr versorgt werden können, weil es sich niemand leisten kann, zu spenden. Wogegen es jedoch fast ebenso viele verarmte Adelige gibt, die Pensionen beziehen, damit sie überhaupt leben können. Aber diese Gecken“, er wies abfällig auf einen gepuderten, geschminkten und sehr verweichlicht aussehenden Kavalier, der sich soeben mit gezierten Bewegungen und einem parfümierten Tüchlein vor der Nase durch die Menge drängte, „machen sogar Schulden, um am Abend im Casino hohe Summen verspielen zu können!“
„Du solltest vorsichtiger mit deinen Worten sein, mein Freund“, mahnte ihn Domenico. Aber zumindest hatte Paolo jetzt sein Lieblingsthema aufgegriffen und war von Laura abgelenkt. „Oder nur dort sprechen, wo du sicher sein kannst, nicht von einem Spion belauscht zu werden. Hier drängen sich zu viele Leute, und es ist leicht, angeklagt und verurteilt zu werden, wenn man zu laut Kritik übt.“
„Das stimmt! Wo man hinsieht Polizei und Spione! Ich glaube, so beliebt und genutzt wie jetzt waren die Bocca del Leone im Dogenpalast und all die anderen Briefkästen, in denen Denunzianten ihre Briefe deponieren, noch nie, um Leute zu verleumden und den Rat der Zehn zu einer Anzeige zu veranlassen. Es geht nur noch darum, sich anzupassen und den Mund zu halten. So zu tun, als wäre alles in Ordnung“, erwiderte Paolo hitzig. „Aber hast nicht du selbst bei der letzten Sitzung des großen Rates davon gesprochen, dass unsere Bauern auf der Terraferma unzufrieden sind und weder auf ihrem Land noch in den Städten genug verdienen, um davon leben zu können? Dass die Bevölkerung immer unzufriedener wird? Dass es kein Zufall ist, wenn immer mehr Verbrechen geschehen, es immer zahlreichere Hinrichtungen gibt und immer mehr Verurteilungen zum Galeerendienst?!“
„Doch, das habe ich. Und kein Gehör gefunden, sondern mir bestenfalls Feinde unter den armen Adeligen gemacht, die Angst um ihre vom Staat bezogenen Gelder haben. Aber jetzt verzeih, ich glaube nicht, dass meine Frau dieses Gespräch ähnlich unterhaltsam findet wie du. Der Tag ist zu schön und die Sonne zu freundlich, um über Hinrichtungen zu sprechen.“ Laura schien zwar nicht im Mindesten gelangweilt, aber er nahm entschlossen ihren Arm und zog sie fort, nachdem sie sich von Paolo verabschiedet hatten. Ihm lag viel mehr daran, mit Laura zusammen zu sein, als mit Paolo über politische Dinge zu sprechen oder Gefahr zu laufen, dass sein Freund weitere Verse zitierte und damit Laura den Hof machte. Er
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