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Laura - Venezianisches Maskenspiel

Titel: Laura - Venezianisches Maskenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Vara
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da die meisten Händler am Morgen hier waren, um ihre Waren zu verkaufen. Aber im Karneval waren viele der Stände und Botteghe bis in die frühen Morgenstunden geöffnet. Sie ging weiter zur Erberia, dem ehemaligen Gewürzmarkt, wo die Bauern jetzt tagsüber ihr Gemüse und Obst verkauften, und wo sie sich in jene vergangenen Zeiten zurückversetzen konnte, von denen sie gelesen hatte. Jene Zeiten, wo sich hier Händler aus aller Herren Länder getroffen hatten, um Waren aus fernen Landen feilzubieten. Es war die Zeit gewesen, wo die Serenissima noch der Mittelpunkt des Handels war, wo sie an allen Küsten Niederlassungen gehabt hatte und die meisten Waren, die für die übrigen europäischen Staaten bestimmt waren, zuerst hier gelandet waren.
    Jetzt war diese Zeit schon lange vorbei, aber Laura mochte es dennoch, durch die Märkte zu streifen, ein bisschen einzukaufen und sich nur dem Treiben der Stadt hinzugeben, und wäre niemals auf die Idee gekommen, Domenico oder dessen Mutter um die Gondel zu bitten oder sich in einem Tragsessel durch die engen Gassen schleppen zu lassen wie die anderen Damen. Sie hatte nur ein schlichtes Kleid ohne Reifrock an, mit dem Domino darüber, und sie war wie meist, wenn sie in die Bibliothek ging oder den Markt aufsuchte, ohne Maske unterwegs. Sie mochte diese unter den Adeligen übliche Maskerade nicht, wenn sie durch die Straßen lief, mit den Marktweibern und Bauern plauderte und die Stände nach Köstlichkeiten durchsuchte. Lieber war sie einfach gekleidet und fühlte sich wie ein Teil dieser Menschen, des richtigen Venedigs, das hier pulsierte und atmete, lachte und weinte, ohne sich und sein Treiben hinter Masken und maskenartiger Gesichtsschminke zu verstecken.
    Als sie sich durch die Leute drängte, ihrem Lachen ebenso lauschte wie ihren kleinen Streitigkeiten, den sprühenden Wortgefechten, die in diesem weichen, außergewöhnlichen Dialekt immer noch freundlich klangen, spürte sie, wie jemand dicht an sie herankam. Sie wollte sich umdrehen, um zu schauen, wer so aufdringlich war. Aber plötzlich wurde sie von hinten von einem starken Arm umfasst und mit einer Leichtigkeit, als wäre sie ein Kind, durch die Menschenmenge auf die Seite gezogen, dann weiter durch zwei Marktstände hindurch bis unter die buntbemalten Arkaden. Laura hatte zuerst erschrocken begonnen sich zu wehren, aber dann hatte sie sich von zwei wohlbekannten Armen umschlungen gefunden, und der Hauch eines unendlich vertrauten Atems strich über ihre Wange und ihren Hals.
    „Ein Dummkopf, der sich eine solche Gelegenheit entgehen ließe“, flüsterte ihr Cavaliere d’Amore. Er führte sie noch ein Stück weiter aus dem Markt hinaus, bis sie an einem kleinen Platz ankamen und am Eingang eines halbverfallenen und sichtlich unbewohnten Palazzos standen. Das schön geschnitzte Tor war mit rohen Brettern vernagelt. Kein allzu seltener Anblick in einer Stadt, in der sich so mancher Adelige durch seinen Lebensstil in die Armut getrieben hatte. Links neben dem Tor stand der Torso einer ehemals vermutlich sehr hübschen Statue, während rechts nur noch ein Podest übrig geblieben war. Die früher darauf befindliche Figur war wohl schon Räubern oder übermütigen jungen Leuten zum Opfer gefallen. Vor ihnen drängten sich auf dem engen Weg die Menschen, im Kanal darunter lenkten die Gondolieri mit der ihr eigenen Eleganz ihre Gondeln vorbei, Händler transportierten auf flachen Booten ihre Waren. Der Himmel, der am Vormittag noch so klar gewesen war, hatte sich gegen Nachmittag verdüstert. Regen oder sogar Schnee hing in den Wolken über ihnen, und viele der Gondeln waren bereits mit Laternen beleuchtet. Auch in den Fenstern des Palazzos gegenüber war es schon hell. Zwei Männer saßen an einem Tisch und unterhielten sich im Schein eines vielarmigen Kerzenleuchters.
    „Welch eine Überraschung“, flüsterte sie und schloss für einige Sekunden die Augen, um die Freude über seine Gegenwart zu genießen. Er hatte seinen weiten schwarzen Umhang geöffnet und zog sie nun in die Wärme seiner Umarmung und des festen Wollstoffes, bis sie völlig eingehüllt war und nur ihr Gesicht heraussah.
    „Eine erfreuliche, hoffe ich.“ Er hatte seine Maske ein wenig hochgeschoben und sie fühlte seine Lippen auf ihrem Hals, direkt unter dem Ohr.
    „Gewiss.“ Sie gab sich seiner Umarmung hin, als sein Griff jedoch fester wurde und er unter dem Schutz seines Umhangs unter ihren Mantel griff und zärtlich ihre Brüste

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