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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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Hände auf sein Herz, – machte eine Verbeugung bis auf den Boden hinab, – und schloss die Türe.
    Ich habe Trim meinen Schanzplatz vermacht, sagte mein Onkel Toby. – Mein Vater lächelte. – Und außerdem habe ich ihm eine Pension ausgesetzt, fuhr mein Onkel Toby fort. – Mein Vater wurde ernsthaft.
     
    91. Kapitel
    Ist das jetzt eine passende Zeit, um von Pensionen und Grenadieren zu sprechen? sagte mein Vater zu sich selbst.
     
    92. Kapitel
    Als mein Onkel Toby zuerst des Grenadiers erwähnte, fiel mein Vater wie gesagt mit der Nase flach auf die Decke und zwar so jählings, wie wenn mein Onkel Toby ihn niedergeschossen hätte. Ich habe jedoch nicht beigefügt. dass auch jedes andere Glied meines Vaters gerade wie die Nase genau wieder dieselbe Stellung annahm, in der er zuerst dalag; so dass, als Korporal Trim das Zimmer verlassen hatte und mein Vater sich geneigt fühlte, sich vom Bett zu erheben, – er all' die kleinen vorbereitenden Bewegungen wieder durchmachen musste, ehe er es vermochte. – Stellungen an sich bedeuten nichts, Madame! – aber der Übergang von einer Stellung zur anderen, – wie die Vorbereitung und Auflösung der Missstimmung in Harmonie, bedeutet Alles.
    Deshalb führte mein Vater wieder dasselbe Zwischenspiel mit der großen Zehe auf dem Boden auf, – stieß den Nachttopf noch etwas weiter von der Bettkante zurück, – ließ ein Hem! ertönen, – erhob sich auf dem Ellbogen und war eben im Begriff sich an meinen Onkel Toby zu wenden, – als er sich erinnerte, wie wirkungslos seine erste Anstrengung in dieser Stellung gewesen war. Er stand deshalb vollends auf, ging drei Mal im Zimmer auf und ab und blieb dann scharf vor meinem Onkel Toby stehen. Hierauf legte er die drei ersten Finger seiner rechten Hand in die geöffnete Linke, bückte sich ein wenig vor und sprach dann also zu meinem Onkel Toby:
     
    93. Kapitel
    Wenn ich über den Menschen nachdenke, Bruder Toby, und jene dunkle Seite von ihm betrachte, welche sein Leben darstellt, wie es so vielen Ursachen der Wirrsal Preis gegeben ist; – wenn ich bedenke, Bruder Toby, wie oft wir das Brot der Betrübnis essen, und dass wir hierfür geboren sind, als einem Teil unserer Erbschaft – Ich war zu nichts als zu meiner Offiziersstelle geboren, unterbrach mein Onkel Toby meinen Vater. – Ei dass dich! sagte mein Vater, hinterließ dir nicht mein Onkel 120 Pfund jährlich? – Was hätte ich ohne sie anfangen können? fragte mein Onkel Toby. – Das ist eine andere Frage, sagte mein Vater trocken; aber ich sage dir, Toby, wenn man die Liste all' der Querstriche und traurigen Hems überblickt, womit das menschliche Herz belastet ist, so muss man sich nur wundern, vermöge welcher verborgenen Hilfsmittel das Gemüt im Stande ist, Alles das auszuhalten und mit all den Lasten, die ihm unsere Natur auferlegt, so fertig zu werden, wie es wirklich tut. – Das geschieht eben unter dem Beistand des allmächtigen Gottes, sagte mein Onkel Toby, indem er zum Himmel empor schaute und die flachen Hände gegen einander presste, – aus unserer eigenen Stärke vermögen wir das nicht, Bruder Shandy; – ebensogut könnte es eine Schildwache in einem hölzernen Schilderhause mit einer Abteilung von 50 Mann aufzunehmen wagen. – Die Gnade und der Beistand des Besten aller Wesen hält uns aufrecht.
    Das heißt den Knoten zerhauen, statt ihn aufzulösen, erwiderte mein Vater. – Aber erlaube, Bruder Toby, dass ich dich etwas tiefer in das Geheimnis einführe.
    Herzlich gern, erwiderte mein Onkel Toby.
    Mein Vater tauschte sofort die Stellung, die er eingenommen hatte, mit derjenigen, in welcher Rafael den Socrates in seiner Schule von Athen so schön gemalt hat; der geneigte Leser weiß, dass diese so geistreich erfunden ist, dass sogar die besondere Art und Weise, wie Socrates zu räsonieren pflegte, dadurch ausgedrückt wird; – denn er hält den Zeigefinger seiner linken Hand zwischen dem Zeigfinger und Daumen der Rechten; gerade als ob er zu dem Wüstling, dem er ins Gewissen redet, sagen wollte: Ihr gebt mir dies – und dies zu; um das und das frage ich euch gar nicht – das folgt ganz von selbst daraus.
    So stand mein Vater da, hielt den einen Zeigefinger fest zwischen dem Daumen und dem anderen Zeigefinger, und räsonierte mit meinem Onkel Toby, der noch immer auf dem alten befranzten Stuhle saß, welcher mit abgebleichten gesponnenen Troddeln besetzt war. – O Garrick! – welch' eine reiche Szene würde dein gewaltiges

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