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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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heute vor zwölf Monaten war; und da ich in dieser Zeit, wie Sie bemerken werden, fast bis in die Mitte meines dritten Bandes [Anm.: Nach der 1. Auflage gerechnet] gekommen bin, – und es doch nicht weiter gebracht habe als bis zu meinem ersten Lebenstage, so folgt daraus klar, dass ich jetzt 364 Tage mehr von meiner Lebensbeschreibung zu schreiben habe, als da ich anfing; so dass ich statt wie jeder andere Schriftsteller mit dem, was ich bis jetzt daran getan, weiter vorwärts zu kommen, – ich im Gegenteil um ebensoviele Bände zurückgekommen bin.
    Wäre jeder Tag meines Lebens so voll Geschäfte wie dieser, – und warum sollte er es nicht sein? – und nähme die Schilderung seiner Ereignisse und Meinungen ebensoviel Raum in Anspruch, – und weshalb sollten sie abgekürzt werden? – so würde daraus folgen, dass, da ich nach diesem Tempo gerade 364 Mal schneller leben als schreiben würde, – ich, je mehr ich schriebe, desto mehr zu schreiben hätte, – und dass deshalb auch der geneigte Leser um so mehr zu lesen haben würde, je mehr er läse.
    Wäre dies wohl gut für die Augen des geneigten Lesers?
    Für die meinigen wäre es gut; und wenn mich meine »Meinungen« nicht den Hals kosten, so wird mich gerade dieses mein »Leben« in den Stand setzen, ein sehr angenehmes Leben damit zu führen; oder mit andern Worten ein Paar angenehme Leben zu gleicher Zeit zu führen.
    Wollte man den Vorschlag machen, ich solle jährlich 12 Bände oder einen Band im Monat schreiben, so würde dies nichts an meiner Aussicht ändern: – ich mag schreiben wie ich will und mich noch so rasch in die Mitte der Dinge stürzen, wie Horaz anrät, – ich werde doch niemals mich selbst einholen, und wenn ich aufs Äußerste gepeitscht und gejagt würde. Im schlimmsten Falle bliebe ich meiner Feder doch immer um einen Tag voraus – und ein Tag genügt für zwei Bände – und zwei Bände für ein Jahr.
    Der Himmel segne die Papierfabrikanten unter der glücklichen Regierung, die sich jetzt eben vor uns eröffnet hat! – wie ich hoffe, dass die Vorsehung auch jedes andere Ding, das unter dieser Regierung vorgenommen wird, segnen werde.
    Wegen der Fortdauer der Gänse – habe ich keine Sorge, – die Natur ist allgütig; – es wird mir gewiss nie an Handwerkszeug fehlen.
    Sie haben also meinen Vater und meinen Onkel Toby die Treppe herunter und zu Bette gebracht, mein Freund? – Und wie fingen Sie das an? – Sie ließen am Ende der Treppe einen Vorhang fallen. – Ich dachte mir wohl, dass Sie kein anderes Mittel wüssten. – Hier ist eine Krone für Ihre Mühe.
    So gib mir meine Hosen vom Stuhl herüber, sagte mein Vater zu Susanna. – Es reicht nicht mehr zum Anziehen, Herr! schrie Susanna, – das Kind ist im Gesicht bereits so schwarz wie mein – Wie dein Was? fragte mein Vater, der wie alle Redner sehr auf Gleichnisse aus war. – Ach Herr! sagte Susanna, das Kind hat einen Anfall von Gichtern. – Und wo ist Herr Yorick? – Nicht da wo er sein sollte, erwiderte Susanna, aber sein Vikar ist im Besuchzimmer mit dem Kind auf dem Arm und wartet nur auf den Namen; – und meine Herrin befahl mir so schnell als möglich hierher zu laufen, da Kapitain Shandy der Pate ist, und zu fragen, ob es nicht nach ihm genannt werden solle?
    Wenn man sicher wäre, sagte mein Vater zu sich selbst, indem er sich in den Augbrauen kratzte, dass das Kind stürbe, so könnte man meinem Bruder Toby schon die Artigkeit erweisen, – in einem solchen Fall wäre es sogar Schade, wenn ein so großer Name wie Trismegistus daran vergeudet würden – aber es könnte sich auch erholen.
    Nein, nein, – sagte mein Vater zu Susanna, – ich will aufstehen. – Dazu reicht es nicht, rief Susanna, das Kind ist schon so schwarz wie mein Schuh. – Also Trismegistus, sagte mein Vater. – Aber Halt – du bist ein leckes Schiff, Susanna, setzte mein Vater hinzu; kannst du auch den Namen Trismegistus in deinem Kopf über den Gang tragen, ohne ihn zu verschütten? – Was werd' ich's nicht können! schrie Susanna und warf die Türe zu. – Wenn sie's kann, so lass ich mich tot schießen, sagte mein Vater und sprang im Finstern aus dem Bette und suchte nach seinen Hosen.
    Susanna rannte wie besessen über den Gang.
    Mein Vater eilte möglichst rasch die Hosen anzubekommen.
    Aber Susanna hatte einen Vorsprung und behielt ihn. – 's ist etwas wie Tris – rief Susanna. – Es gibt keinen christlichen Vornamen der mit Tris anfängt, als Tristram, sagte der

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