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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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zugeht; – aber merken Sie wohl, Madame, wir leben in Rätseln und Geheimnissen. – Die deutlichsten Dinge, die uns in den Weg treten, haben ihre dunkeln Stellen, welche das schärfste Auge nicht zu durchdringen vermag; und selbst unsere klarsten und erhabensten Geister fühlen sich fast überall, wo die Werke der Natur eine Kluft zeigen, betroffen und überfragt. Diese Eigentümlichkeit aber gestaltete sich, wie tausend andere Dinge, für uns so, dass wir uns zwar nicht klar darüber werden können, aber doch unwillkürlich das Richtige finden, wenn Sie gütigst erlauben, – und damit können wir uns zufrieden geben.
    So hätte mein Vater sich mit diesem neuen Kummer nicht um Alles in der Welt niederlegen – noch ihn wie den ersten die Treppe hinauftragen können; er ging daher ruhig mit ihm hinaus und wandelte nach dem Fischteich.
    Hätte mein Vater den Kopf auf die Hand gestützt und eine Stunde lang überlegt, welchen Weg er einschlagen solle, – so hätte ihm die Vernunft mit aller ihrer Kraft keinen besseren zeigen können; es liegt nämlich etwas in Fischteichen, lieber Leser – was es ist, mögen Systembauer und Fischteichgräber miteinander ausmachen; – es liegt aber in einem ruhigen und mäßigen Wandel nach einem Fischteich, im ersten wirren Schuss der übeln Laune, etwas so unergründlich Beruhigendes, dass ich mich oft gewundert habe, dass weder Pythagoras, noch Plato, noch Solon, noch Lykurg, noch Muhamed, noch irgend Einer unserer bekannten Gesetzgeber hierüber eine Bestimmung erließ.
     
    104. Kapitel
    Euer Gnaden, sagte Trim und schloss die Zimmertüre, ehe er zu sprechen anfing, Euer Gnaden haben wohl von dem unglücklichen Zufall gehört? – Ja wohl, Trim, erwiderte mein Onkel Toby, es macht mir großen Kummer. – Ich bin auch sehr darüber bekümmert; aber ich hoffe, Euer Gnaden lassen mir die Gerechtigkeit widerfahren, sagte Trim, und glauben, dass ich durchaus keine Schuld daran trage. – Du – Trim? rief mein Onkel Toby, und sah ihm gütig ins Gesicht, – nein, Susanna und der Vikar haben die Dummheit miteinander gemacht. – Was für ein Geschäft hatten denn die miteinander im Garten, Euer Gnaden? – Du meinst, im Gang, versetzte mein Onkel Toby.
    Trim merkte, dass er auf falscher Fährte sei, hielt darum an sich und machte eine tiefe Verbeugung. – Zwei Unfälle, sagte der Korporal zu sich selbst, sind wenigstens um zwei zu viel, um zu gleicher Zeit verhandelt zu werden, – den Unfall, dass die Kuh in unsere Schanze hereingebrochen ist, kann Seine Gnaden auch noch später erfahren. – Die tiefe Verbeugung, womit Trim die Sache geschickt zu verstecken wusste, ließ in meinem Onkel Toby keinerlei Verdacht aufkommen; er fuhr daher in dem, was er Trim zu sagen hatte, fort:
    Was mich betrifft, Trim, sprach er, so finde ich zwar wenig oder keinen Unterschied, ob man meinen Neffen Tristram oder Trismegistus nennt; – da sich mein Bruder aber die Sache so zu Herzen nimmt, Trim – so wollte ich gerne 100 Pfund geben, wenn ich es ungeschehen machen könnte. – Hundert Pfund – Euer Gnaden! rief Trim, – ich gäbe keinen Kirschkern drum. – Ich auch nicht, Trim, wegen meiner selbst, sagte mein Onkel Toby; – aber mein Bruder, mit dem sich in dieser Sache nicht sprechen lässt, – behauptet, es hänge von dem Taufnamen weit mehr ab, Trim, als die dummen Leute wüssten! – er sagt, so lange die Welt bestehe, habe noch nie ein Tristram eine große oder heldenmütige Tat ausgeführt. – Ja er behauptet, Trim, mit diesem Namen könne ein Mann weder gelehrt, noch weise, noch tapfer werden. – Das ist eitel Phantasterei, halten zu Gnaden: – ich focht gerade so gut, sagte der Korporal, als man mich im Regiment Trim hieß, wie da man mich James Butler nannte. – Und was mich betrifft, sagte mein Onkel Toby, ich musste zwar schamrot werden, wenn ich mich selbst rühmen wollte, Trim; – aber wenn ich auch Alexander geheißen hätte, ich hätte vor Namur doch nur meine Schuldigkeit tun können. – Guter Gott! rief Trim, indem er drei Schritte vorwärts machte, denkt ein Mann an seinen Taufnamen, Euer Gnaden, wenn er zum Angriff vorgeht? – Oder wenn er in der Tranchée steht, Trim, sprach mein Onkel Toby mit festem Blick. – Oder wenn er durch eine Bresche rückt? fuhr Trim fort und drängte sich zwischen die Stühle. – Oder die Linie forziert? rief mein Onkel, erhob sich schnell und fällte seine Krücke wie eine Pike. – Oder Front gegen ein feindliches Peloton macht?

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