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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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andere Vergnügungen, gerade wie sie es mit dem Schlaf macht, sie schmeckt nicht und fühlt nicht, wie er dahin schlüpft. Wir sollten aber darüber nachdenken und studieren, um dann dem gehörig dafür zu danken, der ihn uns schenkte. Ich lasse mich deshalb absichtlich im Schlafe stören, um ihn besser zu genießen und tiefer zu empfinden: – und doch, fährt er fort, kenne ich wenige, die mit weniger Schlaf auskommen könnten, wenn es nötig wird; mein Körper erträgt eine nachhaltige Erregung, aber keine plötzliche und heftige, – ich vermeide seit einiger Zeit alle gewaltsamen Hebungen, – aber im Gehen werde ich nicht müde; – dagegen bin ich von Jugend auf nicht gerne auf Pflaster gefahren. Ich liege gerne hart und allein, und auch ohne meine Frau. – Dieser letztere Ausspruch mag der Welt Zweifel einflößen; – aber man denke an den Satz: La Vraisemblance (wie Bayle in der Sache des Licetus sagt) n'est pas toujours du côté de la Vérité. – Soviel über den Schlaf.
     
    102. Kapitel
    Wenn es meine Frau mit ihm riskieren will, Bruder Toby, so soll man Trismegistus anziehen und zu uns herunter bringen, während du und ich zusammen frühstücken.
    Geh', Obadiah, sage Susanna, sie soll herein kommen.
    Eben ist sie hinaufgerannt, gab Obadiah zur Antwort, und hat dabei geschluchzt und geheult und die Hände gerungen, als ob ihr das Herz brechen wollte.
    Wir kriegen da einen saubern Monat, sagte mein Vater, wendete sich von Obadiah ab und sah meinem Onkel Toby eine Zeitlang ernst ins Gesicht, – wir kriegen einen ganz höllischen Monat, Bruder Toby, sagte mein Vater, stemmte die Arme in die Seite und schüttelte den Kopf: Feuer, Wasser, Weiber, Wind – Bruder Toby! – Es wird irgend ein Unheil passiert sein, meinte mein Onkel Toby. – Darin liegt alles Unheil, sagte mein Vater, – dass jetzt eine solche Menge rasselnder, klappernder Elemente losgelassen sind und durch jeden Winkel des Hauses im Triumph dahin fahren. – Damit allein wird der Frieden in einer Familie nicht gewahrt, Bruder Toby, dass wir zwei den Kopf nicht verlieren und ruhig und unbeweglich da sitzen, wenn solch' ein Sturm über unseren Häuptern wütet –
    Was gibt es denn eigentlich, Susanna? – Sie haben das Kind Tristram getauft – und meine Frau hat deshalb eben einen hysterischen Anfall gehabt. – O ich bin gewiss nicht daran Schuld, sagte Susanna, – ich sagte ja. es sei Tristram-gistus.
    Mach' dir nur allein deinen Tee, Bruder Toby, sagte mein Vater und langte seinen Hut herunter; – aber wie ganz anders klang dabei seine Stimme, wie ganz anders bewegten sich seine Glieder, als ein gewöhnlicher Leser sich etwa vorstellen möchte.
    Er sprach nämlich im allersanftesten Ton – und nahm seinen Hut mit der mildesten Bewegung herab, wie sie mit seiner tiefgedrückten inneren Stimmung harmonierte.
    Geh' nach dem Rasen und hol' mir den Korporal Trim, sagte mein Onkel Toby zu Obadiah, sobald mein Vater das Zimmer verlassen hatte.
     
    103. Kapitel
    Als das Missgeschick mit meiner Nase meinen Vater so schwer traf, – ging er, wie sich der Leser erinnern wird, augenblicklich nach seinem Zimmer hinauf und warf sich auf das Bett; hiernach wird der Leser, wenn er nicht einen tiefen Einblick in die menschliche Natur besitzt, beim Missgeschick mit meinem Namen einen Kreislauf der gleichen auf- und absteigenden Bewegungen bei meinem Vater erwarten. – Keineswegs!
    Das verschiedene Gewicht, mein lieber Leser, – ja sogar die verschiedene Packung zweier Widerwärtigkeiten von dem gleichen Gewicht, – macht einen sehr großen Unterschied in der Art. wie wir es tragen und damit fertig werden. – Es ist noch keine halbe Stunde her, dass ich (in der großen Eile und Überstürzung eines armen Teufels, der um sein tägliches Brot schreibt) einen schönen Bogen, den ich gerade beendigt und sorgsam ausgeschrieben hatte, statt des Konzepts ins Feuer warf.
    Sofort fuhr ich aus meiner Perücke und schmiss sie mit aller erdenklichen Wut an die Decke meines Zimmers hinauf: – beim Herunterfallen fing ich sie allerdings wieder auf – und damit war die Sache abgemacht; ich glaube auch nicht, dass mir irgend etwas auf der Welt eine so augenblickliche Linderung verschafft hätte. Die gütige Natur bestimmt uns in allen derartigen herausfordernden Fällen mittelst eines augenblicklichen Antriebs, dies oder jenes Glied loszulassen, – oder wirft uns an diesen oder jenen Ort, in diese oder jene Lage des Körpers, ohne dass wir wissen, wie es

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