Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)
helfen hier Ausrufungen! – mit allen euern nassen oder trockenen Elementen habt ihr niemals einen so berauschenden Trank gemischt.
In diesem glückseligen Fahrwasser bewegten sich mein Onkel Toby und Trim viele Jahre lang ohne Unterbrechung, ausgenommen der Wind wehte einmal acht oder zehn Tage lang anhaltend aus Westen, was die flandrische Post zurück hielt und jene solange auf die Folter spannte, – aber immerhin auf die Folter des Glücklichen! – in diesem Fahrwasser also bewegten sie sich lange, während jedes Jahr, bisweilen jeder Monat eine Erfindung des Einen oder Andern brachte, wodurch ihre Operationen eine neue Wendung oder Verbesserung gewannen, in deren Ausführung sich dann neue Quellen des Vergnügens eröffneten.
Der Feldzug des ersten Jahres wurde von Anfang bis zu Ende in der angeführten schlichten, einfachen Methode durchgeführt.
Im zweiten Jahre, wo mein Onkel Toby Lüttich und Roermonde eroberte, glaubte er sich die Ausgabe für vier schöne Zugbrücken erlauben zu dürfen. Von zweien derselben habe ich im ersten Teil meines Werkes eine genaue Beschreibung geliefert.
Gegen Ende desselben Jahres fügte er ein Paar Tore mit Fallgattern hinzu: – diese letzteren wurden später in sogenannte Orgeln als die besseren Torgatter verwandelt. Im Winter des gleichen Jahres beschenkte sich mein Onkel Toby, statt mit einem neuen Anzug, den er sonst immer um Weihnachten anschaffte, mit einem schönen Schilderhaus, das er in der Ecke des Rasens aufstellte, zwischen welchem Punkte und dem Fuß des Glacis eine kleine Esplanade gelassen wurde, wo er und der Korporal miteinander Besprechungen und Kriegsrat abhalten konnten.
Das Schilderhaus sollte für Regentage dienen.
All diese Dinge wurden im nächsten Frühjahr drei Mal weiß angestrichen, so dass mein Onkel den Feldzug mit grösserem Glanze eröffnen konnte.
Mein Vater pflegte oft zu Yorick zu sagen, wenn irgend ein Sterblicher außer seinem Bruder Toby so etwas angestellt hätte, so würde es von der ganzen Welt für eine der feinsten Satyren auf die parademäßige, prahlerische Art angesehen worden sein, wie Ludwig XIV. seit Anfang des Kriegs, besonders aber in gedachtem Jahre zu Felde gezogen war. – Aber es liegt nicht in der Natur meines Bruders Toby, dieser menschenfreundlichen Seele, irgend Jemand zu kränken, pflegte dann mein Vater hinzuzufügen.
Doch fahren wir fort.
184. Kapitel
Ich muss bemerken, dass obschon im Feldzug des ersten Jahres das Wort »Stadt« öfters vorkommt, – sich doch damals noch keine Stadt in dem Polygon befand. Dieser Zusatz kam erst in dem Sommer, welcher auf den Frühling folgte, wo die Brücken und das Schilderhaus gemalt wurden, also im dritten Jahre der Feldzüge meines Onkels Toby. – Als nämlich um diese Zeit nacheinander Amberg, Bonn und Rheinsberg, Huy und Limburg erobert wurden, fuhr dem Korporal der Gedanke in den Kopf, dass es etwas sehr Unsinniges wäre von so vielen Städten zu sprechen, ohne dass man eine Stadt habe, die dafür gelten könne. Er schlug daher meinem Onkel Toby vor, eine kleine Musterstadt bauen zu lassen – die aus tannenen Latten aufgeschlagen und dann gemalt und in das innere Polygon gesetzt würde, wo sie dann für alle Fälle dienen könnte.
Mein Onkel Toby erkannte augenblicklich das Richtige dieses Vorschlags und genehmigte die Ausführung sogleich, fügte jedoch noch zwei eigene Verbesserungen bei, auf die er fast eben so stolz war, wie wenn er das Projekt selbst erfunden hätte.
Die eine bestand darin, dass die Stadt genau in dem Stile derjenigen erbaut werden sollte, die sie voraussichtlich vorzustellen haben würde; – also mit Gitterfenstern, die Giebel gegen die Straße gekehrt u. s. w. – wie in Gent, Brügge und den übrigen Städten in Brabant und Flandern.
Die andere ging dahin, dass die Häuser nicht in einem Stück aufgestellt werden sollten, wie der Korporal gemeint hatte, sondern jedes für sich, so dass sie dem Plane jeder einzelnen Stadt entsprechend, hingesetzt oder weggenommen werden konnten. – Die Sache wurde sogleich in Angriff genommen, und mein Onkel Toby und der Korporal tauschten zahlreiche Blicke gegenseitiger Beglückwünschung, als der Zimmermann ans Werk ging.
Die Vorkehrung entsprach im nächsten Sommer ihrem Zwecke auf eine wundervolle Art: – die Stadt war ein wahrer Proteus. – Sie stellte Landen und Trarbach, Santvliet, Drusen und Hagenau vor, – dann war sie wieder Ostende und Menin, Ath und Dendermonde.
Wahrlich
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