Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)
in Allem einen so ganz anderen Charakter als irgend eine europäische Tour, die jemals ausgeführt wurde, trug, – dass ich behaupten darf: – nur an mir liege die Schuld, wenn sie nicht von allen Reisenden und Reisebeschreibunglesern gelesen wird, bis man nicht mehr reist, – oder was auf dasselbe heraus kommt, – bis sich die Welt endlich einmal in den Kopf setzt, stille zu stehen.
Aber dieser reiche Ballen wird jetzt noch nicht aufgemacht, nur ein kleiner Faden soll herausgezogen werden, oder zwei – lediglich um das Geheimnis des Aufenthalts meines Vaters in Auxerre zu enthüllen.
Bruder Toby, sagte mein Vater, bis das Mittagessen fertig ist, wollen wir in die Abtei von Saint Germain gehen, und wäre es nur um jene Leichname zu sehen, die Monsieur Sequier so sehr rühmt. – Ich will sehen was du willst, sagte mein Onkel Toby, denn er war die ganze Reise über eine Gefälligkeit. – Versteh' mich recht! sagte mein Vater, es sind ja Mumien. – Dann brauchen wir uns nicht erst zu rasieren, bemerkte mein Onkel Toby. – Rasieren? nein, rief mein Vater, – es wird mehr sein als gingen wir zu Verwandten, wenn wir den Bart behalten. – So zogen wir nach der Abtei Saint Germain, wobei der Korporal seinem Herrn den Arm lieh und Beide die Nachhut bildeten.
Alls ist hier sehr schön, und sehr reich, und sehr herrlich und großartig, sagte mein Vater zu dem Sacristan, einem jüngeren Bruder aus dem Orden der Benediktiner, – wir sind aber eigentlich hergekommen, um die Leichname zu sehen, von denen Monsieur Sequier der Welt eine so genaue Beschreibung gemacht hat. – Der Sacristan machte eine Verbeugung, zündete eine Fackel an, die er zu dem Ende beständig in der Sacristei bereit hielt, und führte uns nach dem Grab des h. Heribald. – Dies, sagte der Sacristan und legte die Hand auf das Grab, war ein berühmter Fürst aus dem bayrischen Hause, der unter den Regierungen von Karl dem Großen, Ludwig dem Frommen und Karl dem Kahlen großen Einfluss hatte und sehr viel dazu beitrug Alles in Ordnung und Zucht zu erhalten.
Dann war er ebenso groß im Feld wie im Kabinett, sagte mein Onkel Toby, gewiss ein tapferer Soldat? – Er war ein Mönch, – sagte der Sacristan.
Mein Onkel Toby und Trim suchten gegenseitig Trost in dem Gesicht des Andern, – fanden ihn aber nicht. – Mein Vater schlug mit beiden Händen auf seinen Hosenlatz, was er immer zu tun pflegte, wenn ihn etwas ganz besonders angenehm erregte; denn obwohl er einen Mönch, ja den Geruch eines Mönchs mehr hasste als alle Teufel in der Hölle, – so war es für ihn doch ein relativer Triumph, dass jener Schuss meinen Onkel Toby und Trim noch härter betroffen hatte, als ihn selbst, und das brachte ihn in den heitersten Humor von der Welt.
Und wie nennen Sie diesen Herrn? fragte mein Vater ziemlich mutwillig. – Dies Grab, sagte der junge Benediktiner, indem er zu Boden sah, enthält die Gebeine der h. Maxima. Sie war von Ravenna gekommen, um den Leichnam zu berühren des h. Maximus, sagte mein Vater, und platzte mit seinem Heiligen vor jenem herein, – es waren zwei der grössten Heiligen in der Martyrologie, setzte mein Vater hinzu. – Entschuldigen Sie, sagte der Sacristan, – sie wollte die Gebeine des h. Germain, des Stifters dieser Abtei, berühren. – Und was gewann sie damit? fragte mein Onkel Toby. – Was gewinnen die Weiber in der Regel dabei? sagte mein Vater. – Das Märtyrertum, erwiderte der junge Benediktiner, wobei er sich bis auf den Boden verbeugte und dabei das Wort so demütig aber auch so bestimmt aussprach, dass es meinen Vater für einen Augenblick entwaffnete. Man glaubt, fuhr der Benediktiner fort, dass die h. Maxima seit 400 Jahren in diesem Grabe liegt, und 200 Jahre vor ihrer Heiligsprechung darin lag. – Dies ist eine langsame Beförderung in dieser Armee der Märtyrer, Bruder Toby, bemerkte mein Vater. – Eine ganz verzweifelt langsame, Euer Gnaden, sagte Trim, außer man könnte eine solche Beförderung kaufen. – Ich würde mich lieber ganz wegkaufen, sagte mein Onkel Toby. – Ich bin ganz deiner Ansicht, Bruder Toby, sagte mein Vater.
Die arme h. Maxima, sagte mein Onkel leise bei sich selbst, als wir von ihrem Grabe wegtraten. – Sie war eine der schönsten, reizendsten Frauen Italiens und Frankreichs, fuhr der Sacristan fort. – Aber wer zum Henker liegt hier neben ihr? fragte mein Vater und deutete mit seinem Stock auf ein großes Grab, an das wir nun gekommen waren. – Das ist der
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