Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)
heraufbrachte, nicht aus besonders hellen Köpfen bestand, oder sich mein Onkel Toby in einer besonders glücklichen Erklärerstimmung befand, so war es eine schwierige Sache, das Gespräch von aller Dunkelheit frei zu halten.
Was die Schilderung dieses Gefechts noch verwickelter für meinen Onkel Toby machte, war der Umstand – dass bei dem Angriff auf die Kontrescarpe vor dem St. Nicolaustor, die sich von den Ufern der Maas bis zu dem großen Damme herauf erstreckte, – der Grund und Boden von so zahlreichen Dämmen, Kanälen, Rinnen und Schleusen nach allen Richtungen hin durchschnitten und durchkreuzt war, – und er selbst so schrecklich dadurch irre geführt wurde und dazwischen fest saß, dass er häufig nicht mehr vor- noch rückwärts konnte um sein Leben zu retten; und sich deshalb manchmal genötigt sah, nur aus diesem Grunde den Angriff aufzugeben.
Diese beschämenden Niederlagen brachten meinem Onkel Toby Shandy grössere Gemütsunruhe als man sich vorstellen kann; und da mein Vater in seiner Liebenswürdigkeit immer wieder neue Freunde und neue Frager zu ihm heraufbrachte, – so machte er ihm damit eine höchst peinliche Arbeit.
Mein Onkel Toby besaß allerdings eine große Selbstbeherrschung und konnte, glaube ich, den Schein so gut wahren, wie die meisten Menschen; aber Jedermann kann sich vorstellen, dass wenn er sich nicht aus dem Ravelin zurückziehen konnte, ohne in den Halbmond zu stürzen, oder den bedeckten Weg verlassen ohne die Kontrescarpe herabzufallen, noch den Damm überschreiten, wenn er nicht Gefahr laufen wollte, in den Graben zu rutschen, es innerlich notwendig in ihm kochen und dampfen musste; – und das tat es auch – und wenn diese kleinen und stündlichen Aufregungen einem Manne, der den Hippokrates nicht gelesen hat, geringfügig und unbedeutend erscheinen mögen, so wird doch der, welcher den Hippokrates oder den Dr. James Mackenzie gelesen und die Wirkungen in Betracht gezogen hat, welche Leidenschaften und Gemütsbewegungen auf die Verdauung ausüben – (und warum nicht diejenigen einer Wunde ebensogut wie die eines Mittagessens?) – leicht begreifen, welche heftige Paroxysmen und Verschlimmerungen meinem Onkel Toby nur aus dieser Ursache für seine Wunden erwuchsen.
Mein Onkel Toby vermochte hierüber nicht zu philosophieren; – für ihn war es genug. dass er fühlte es sei so – und nachdem er Monate lang hierüber Pein und Ärger gehabt hatte, war er fest entschlossen sich auf eine oder die andere Art aus der Affaire zu ziehen. Er lag eines Morgens auf dem Rücken im Bett, denn der Schmerz und die Natur seiner Wunde am Schambein gestattete ihm nicht eine andere Lage anzunehmen, als ihm der Gedanke durch den Kopf fuhr; wenn er sich so was wie einen großen Plan von den Befestigungen der Stadt und Zitadelle Namur, nebst Umgegend verschaffen könnte und ihn dann auf einen Tisch klebte, so möchte er dadurch große Erleichterung bekommen. – Ich bemerke absichtlich, dass er neben der Stadt und Zitadelle auch noch die Umgegend haben wollte – denn mein Onkel Toby hatte seine Wunde in einer der Traversen erhalten, etwa 30 Toisen [60 Meter] vom einspringenden Winkel der Transchee entfernt, gegenüber von dem ausspringenden Winkel der Halbbastion St. Roche; so dass er sich getraute dann mit einer Stecknadel den Fleck zu bezeichnen, wo er gestanden hatte, als ihn der Stein traf.
Das Alles gelang ihm nach Wunsch und befreite ihn nicht nur von einer Menge unangenehmer Erörterungen, sondern es gestaltete sich auch zu dem glücklichen Mittel, wodurch, wie Sie nun lesen werden, mein Onkel Toby zu seinem Steckenpferde kam.
27. Kapitel
Es gibt nichts Thörichteres, als wenn der, der eine Bewirtung dieser Art gibt, die Sachen so schlecht macht, dass die Kritiker und die Leute von feinem Geschmack sie herabsetzen müssen; auch werden sie durch nichts mehr hierzu veranlasst, als wenn man sie nicht dazu einladet, oder was ebenso beleidigend ist, wenn man den übrigen Gästen eine so besondere Aufmerksamkeit widmet, als wenn gar keine Kritiker (von Profession) mit bei Tische säßen.
Ich hüte mich vor Beidem; denn erstens habe ich ein Halb Dutzend Plätze eigens für sie offen gelassen; – und dann mache ich ihnen Allen den Hof. – Meine Herren, ich küsse Ihnen die Hände; ich versichere Sie, dass mir keine Gesellschaft halb so angenehm sein könnte wie die Ihrige; – auf Seligkeit, ich bin erfreut Sie zu sehen – ich bitte nur, betrachten Sie sich nicht als
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