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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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Beruhigung – nicht zu vergessen all die Anderen, Schlafende wie Wachende, Geistliche und Bürger, die ich der Kürze halber, keineswegs aus Groll gegen euch, in einen Stummel zusammen fasse. – Glaubt mir, ihr sehr Ehrenwerten.
    Mein dringendster Wunsch, mein heißestes Gebet für euer Heil, und auch für meines, falls das nicht bereits für uns geordnet ist – besteht darin, dass die großen Gaben und Bescheerungen von Witz und Verstand, nebst Allem was sie gewöhnlich begleitet – als da sind Gedächtnis, Phantasie, Geist, Beredsamkeit, schnelle Fassungsgabe und was es sonst noch gibt – in diesem köstlichen Augenblick ohne Maß und Ziel, ohne Hemmnis und Störung so warm als es ein Jeder von uns vertragen kann, – mit Schaum und Hefe und Allem (denn ich möchte nicht, dass ein Tropfen verloren ginge), eingegossen würden in die verschiedenen Behälter, Zellen und Zellchen, Wohnsitze, Schlafkammern, Refektorien und leeren Räume unseres Gehirns – so zwar dass dieselben fortwährend vollgeschüttet und aufgefüllt würden, gemäß dem wahren Inhalt und Sinn meines Wunsches, bis jedes dieser Gefäße, die großen wie die kleinen, so davon gefüllt, gesättigt und vollgestopft wäre, dass nichts mehr hinein oder herausginge, und wenn ein Menschenleben damit gerettet würde. Guter Gott! – was für ein treffliches Werk würden wir dann machen: wie würde ich es wegkritzeln! – wie gehoben würde ich mich fühlen, es für solche Leser niederzuschreiben! – und ihr – gerechter Himmel! – mit welchem Entzücken würdet ihr dasitzen und lesen! – aber ach! – das ist zu viel! – ich werde krank – schon beim Gedanken daran falle ich in eine süße Ohnmacht! – das ist mehr als die Natur ertragen kann! – haltet mich! – ich schwindle – es wird mir schwarz vor den Augen – ich sterbe – ich bin hinüber. – Zu Hilfe! zu Hilfe! zu Hilfe! – Doch halt, – es wird mir wieder etwas besser, denn ich beginne vorauszusehen, dass wir, wenn dies vorüber ist, und wir dann Alle große Geister sind, – keinen Tag mehr bis an das Lebensende einer Meinung sein würden; – da gäbe es soviel Satyre und Sarkasmus – soviel Spott und Hohn, Necken und Entgegnen – soviel Stöße und Abwehren in einem oder dem anderen Winkel – dass nichts als Unheil daraus entstünde. – Ihr keuschen Sterne! wie würden wir uns beißen und kratzen, was würden wir für ein Gelärm und Gepolter machen, was gäbe es für zerschlagene Köpfe, zerklopfte Knöchel und wunde Stellen – es wäre nicht mehr mit uns zu leben.
    Dagegen wieder, da wir dann auch Alle Leute von großem Verstand wären, würden wir die Dinge auch so schnell wieder herrichten, als sie übel gingen; und wenn wir einander auch zehn Mal schlimmer als ebensoviel Teufel oder Teufelinnen verabscheuten, würden wir gleichwohl, meine lieben Geschöpfe, ganz nur Artigkeit und Freundlichkeit, Milch und Honig sein, – es wäre ein zweite Land der Verheißung – ein Paradies auf Erden, wenn überhaupt so etwas herzustellen wäre; – so dass wir im Ganzen nicht so übel fahren würden.
    Worüber ich aber jetzt hauptsächlich mich ärgere und Wut schnaube, und was meine Erfindungsgabe am meisten quält, ist, wie ich die Sache selbst möglich machen soll; denn wie der geneigte Leser wohl weiß, von jenen himmlischen Ergüssen von Witz und Verstand, die ich dem Leser und mir selbst so reichlich gewünscht habe, – ist für uns Alle, zum Nutzen und Bedarf des ganzen Menschengeschlechts nur ein gewisses Quantum aufgespeichert; und nur kleine Portionen davon werden in die weite Welt hinauf gesandt, um da und dort in einem oder dem andern Winkel neben draußen zu verlaufen, – und noch dazu in so schmalen Rinnen und mit so gewaltigen Zwischenräumen von einander, dass man sich nur wundern muss, wie es für die Bedürfnisse und Nöten so vieler großer Staaten und volkreicher Länder ausreichen kann.
    Hiebei ist allerdings Eines in Betracht zu ziehen, dass nämlich in Nowa Zembla, im nördlichen Lappland und in all jenen kalten schrecklichen Gegenden der Erdoberfläche, welche unter den beiden Polarkreisen liegen, wo das ganze Gebiet menschlicher Beziehungen fast neun Monate lang innerhalb dem engen Raum seiner Höhle liegt – wo die Geister fast zu nichts zusammengedrückt sind, und wo die Leidenschaften des Menschen nebst Allem was dazu gehört so kalt sind wie die Zone selbst – die denkbar geringste Quantität Verstand ausreicht – während man den Witz

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