Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
Vom Netzwerk:
selbst dadurch täuschen ließ: – es war sein Ruhm, die Welt von dem Gerümpel tausend gewöhnlicher Irrtümer befreit zu haben; – dieser aber zählte nicht darunter. Anstatt jedoch sich kaltblütig hinzusetzen, wie ein solcher Philosoph hätte tun müssen, um erst die Tatsache zu untersuchen, ehe er darüber philosophierte, – nahm er im Gegenteil die Sache für erwiesen an, und schrie mit und lärmte so laut wie die Andern.
    Seitdem wurde dies zur Magna Charta der Dummheit; aber der geneigte Leser sieht jetzt, dass dieselbe auf eine Weise erlangt wurde, dass der Rechtstitel keinen Groschen wert ist; – beiläufig eine der vielen, niederträchtigen Betrügereien, welche Ernsthaftigkeit und ernsthafte Leute dereinst zu verantworten haben.
    Was die großen Perücken betrifft, über die man vielleicht denkt, dass ich mich zu frei ausgesprochen habe, – so möchte ich mir erlauben, alles was zu ihrem Tadel oder Nachteil unbedachtsamer Weise gesagt worden sein mag, durch folgende allgemeine Erklärung zu mildern: – Ich verabscheue, hasse und verwerfe große Perücken oder lange Bärte nur dann, wenn ich sehe, dass man sich auf sie beruft und sie wachsen lässt, einzig um – zu irgend einem Zweck – jene bezügliche Wirkung damit hervorzubringen. – Friede sei mit ihnen. Nur merke man sich: – ich schreibe nicht für sie.
     
    65. Kapitel
    Tagtäglich seit wenigstens zehn Jahren nahm sich Vater vor es machen zu lassen: – es ist aber noch immer nicht gemacht, keine andere Familie hätte es nur eine Stunde lang ausgehalten: – und was das Merkwürdigste an der Sache ist, es gab nichts auf der Welt, worüber mein Vater beredter werden konnte als über Türangeln; – und doch glaube ich, war er zu gleicher Zeit einer der grössten Narren derselben, den die Geschichte aufweisen kann. Seine Rhetorik und seine Praxis lagen einander ja stets in den Haaren. – Niemals wurde die Türe zum Wohnzimmer aufgemacht – ohne dass sie seiner Philosophie oder seinen Grundsätzen ins Gesicht schlug. – Drei Tropfen Öl an einer Feder und ein ordentlicher Streich mit dem Hammer hätten seine Ehre für ewige Zeiten gerettet.
    Was für ein sich selbst widersprechendes Ding ist es doch um einen Menschen! – er stöhnt unter den Wunden, die er doch die Kraft hat zu heilen! – sein ganzes Leben steht in Widerspruch zu seinem Wissen! – seine Vernunft, jene köstliche Gabe Gottes dient nur dazu, seine Erregbarkeit noch zu schärfen (statt Öl darauf zu gießen) – seine Leiden zu vermehren und ihn dadurch noch melancholischer und schwerfälliger zu machen! – armes unglückliches Geschöpf, dass du so handeln musst! – Gibt es nicht notwendige Ursachen des Elends genug auf der Welt, musst du denn dein Häufchen Jammer auch noch aus freien Stücken vermehren? – gegen Übel kämpfen, die du vermeiden könntest, und andern unterliegen, die du mit dem zehnten Teil der Qual, die sie dir schaffen, für immer vom Herzen abschütteln könntest?
    Bei allem was gut und tugendhaft ist, wenn man innerhalb zehn Meilen von Shandy Hall drei Tropfen Öl und einen Hammer bekommen kann – so soll die Türangel im Wohnzimmer noch unter der jetzigen Regierung in Ordnung gebracht werden.
     
    66. Kapitel
    Als Korporal Trim seine zwei Mörser hergerichtet hatte, freute er sich über die Maßen an seiner Arbeit; und da er wusste, was es seinem Herrn für ein großes Vergnügen machen würde sie zu sehen, so konnte er dem Kitzel nicht wiederstehen, sie gerade zu in das Wohnzimmer zu bringen.
    Neben der moralischen Lehre, die ich im Auge hatte, als ich die Geschichte der Türangeln erwähnte, hatte ich auch noch eine spekulative Betrachtung in petto, die daraus erwuchs, nämlich: –
    Wenn die Türe zum Wohnzimmer so aufgegangen und in ihren Angeln gelaufen wäre, wie eine Türe eigentlich soll –
    Oder zum Beispiel, so geschickt wie unsere Regierung sich aus ihren Angeln gedreht hat – (das heißt, falls der geneigte Leser gut dabei gefahren ist – sonst gebe ich mein Gleichnis auf) – in diesem Falle, sage ich, hätte das Hereingucken von Korporal Trim weder für den Herrn noch für den Diener irgend eine Gefahr gehabt. Sobald er meinen Vater und meinen Onkel Toby fest schlafen sah, – hätte er sich bei seinem ganzen respektvollen Wesen mäuschenstill wieder zurückgezogen und hätte jene in ihren Armstühlen so süß fortträumen lassen, wie er sie fand. Dies war aber moralisch gesprochen, ganz untunlich, weil die Angel schon seit

Weitere Kostenlose Bücher