Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)
zwischen einer Einzelliebe und einer auf so edle Art gedoppelten, die durch ein ganzes großes Drama auf allen Vieren tanzt. – Ja mein Herr, eine einfache, einzelne dumme Geschichte dieser Art – verliert sich vollständig in 5 Akten, – das ist aber weder hier noch dort der Fall.
Nach einer Reihe von Angriffen und Zurückweisungen, die meines Onkels Toby Hauptquartier im Laufe von neun Monaten durchmachte, wovon eine höchst genaue Detailbeschreibung an dem geeigneten Orte gegeben werden soll, hielt es mein Onkel Toby, der brave Mann, für notwendig seine Streitkräfte zurückzuziehen und die Belagerung einigermaßen ärgerlich aufzuheben.
Korporal Trim hatte, wie gesagt, keinen derartigen Handel abgeschlossen weder mit sich selbst – noch mit sonst Jemand – da es jedoch sein treues Herz nicht über sich vermochte, ein Haus zu betreten, das sein Herr mit Verdruss verlassen hatte, – so begnügte er sich damit seinen Teil der Belagerung in eine Blokade zu verwandeln; – das heißt, er hielt Andere davon fern; – denn wenn er auch niemals wieder in das Hans kam, so begegnete er doch Brigitte niemals im Dorfe ohne ihr zuzuwinken, oder zuzunicken, oder zuzulächeln, oder sie freundlich anzusehen – oder je nach Umständen ihr auch die Hand zu drücken – oder sie liebreich zu fragen, wie es ihr gehe – oder ihr auch ein Band zu schenken; – zuweilen sogar, wenn es mit Anstand geschehen konnte, gab er Brigitte einen –
So standen die Sachen etwa fünf Jahre lang, das heißt von der Schleifung Dünkirchens im Jahr Dreizehn bis ans Ende der Feldzüge meines Onkels Toby im Jahr Achtzehn, somit sechs bis sieben Wochen vor der Zeit, von der ich spreche – als Trim, wie es seine Gewohnheit war, nachdem er meinen Onkel Toby zu Bette gebracht hatte, in einer mondhellen Nacht hinunterging, um nachzusehen, ob bei der Schanze alles in Ordnung sei, – und in dem Weg, der durch blühende Büsche und Stechpalmen von dem Rasen getrennt war – seine Brigitte erspähte.
Da der Korporal der Ansicht war, es gebe auf der Welt nichts Sehenswürdigeres, als die herrlichen Werke, die er und mein Onkel Toby gemacht hatten, so nahm Trim sie artig und galant bei der Hand und führte sie hinein. Dies geschah jedoch nicht so sehr im Geheimen, dass es nicht die schmutzmäulige Trompete der Fama von Ohr zu Ohr getutet hätte, bis es endlich auch an das meines Vaters gelangte, und zwar mit dem widerwärtigen Zusatz, dass die merkwürdige auf holländische Art construierte und bemalte Zugbrücke meines Onkels Toby, die über den Graben ging, in derselben Nacht hinuntergebrochen und ganz in Stücke gegangen sei.
Wie der geneigte Leser bereits bemerkt hat, besaß mein Vater eben keine große Achtung vor dem Steckenpferd meines Onkels Toby; er hielt es für das lächerlichste Pferd, das ein Kavalier je bestiegen; er konnte nie daran denken ohne zu lächeln, außer wenn mein Onkel Toby ihn damit langweilte; – und wenn es je einmal lahm ging oder irgend ein Pech hatte, so kitzelte es meines Vaters Phantasie über die Maßen. Da jener Unfall aber mehr als irgend ein anderer, der es befallen, etwas für seinen Humor war, so wurde er eine unerschöpfliche Quelle des Vergnügens für ihn. – Schön, schön – aber lieber Toby, pflegte mein Vater zu sagen, jetzt erzähle mir einmal ernstlich, wie das Ding war, was mit der Brücke geschah. – Wie magst du mich nur soviel damit langweilen, erwiderte dann mein Onkel Toby; ich habe es dir ja schon zwanzig Mal erzählt, und Wort für Wort, wie es mir Trim berichtete. – Bitte, Korporal, wie war es nur? rief dann mein Vater und wendete sich gegen Trim. – Es war ein reines Missgeschick, Euer Gnaden. – Ich zeigte Jungfer Brigitte unsere Schanze; und als ich dabei zu nahe an den Rand des Fossé kam, glitschte ich unglücklicherweise hinein. – Sehr gut, Trim! rief dann mein Vater (während er geheimnisvoll lächelte und nickte – ohne ihn jedoch zu unterbrechen) – und da ich dabei Arm in Arm mit Jungfer Brigitte stand, zog ich sie mir nach, wobei sie mit dem Rücken gegen die Brücke zu fallen kam – und Trim's Fuß (fiel hier in der Regel Onkel Toby ein und nahm diesem die Geschichte aus dem Munde) geriet dabei in die Cuvette, so dass er ebenfalls mit aller Macht gegen die Brücke fiel. – Es war noch ein großes Glück, pflegte dann mein Onkel Toby hinzuzusetzen, dass der arme Bursche nicht sein Bein brach. – Ja wahrhaftig, rief dann mein Vater, – ein Bein ist unter solchen
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