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Laurins Vermächtnis (German Edition)

Laurins Vermächtnis (German Edition)

Titel: Laurins Vermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Biegert
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Gelache holte Greta aus ihrer Versunkenheit. „Mattes, was ist denn los mit Dir?“ Sie klang verärgert.
    „Entschuldigung“, sagte Matthias, während sein Prusten nur langsam verebbte, „Manfredo Fratelli hat Konjunktive benutzt! Zwei in einem Satz! Darauf sollten wir eigentlich gleich noch mal anstoßen, aber ich packe heute keinen Schnaps mehr.“
    Manfredo rollte mit den Augen, und Greta schaute nur verständnislos. Es erschloss sich ihr nicht, was daran so komisch sein sollte.
    „Jetzt im Ernst, Mattes, was ist mit dem Pfarrer?“ Sie hatte also doch zugehört.
    „Woher soll ich das wissen“, erwiderte Matthias, der sich inzwischen wieder beruhigt hatte, „das müsste ich checken, aber ich habe jetzt keine Zeit, noch weitere hundert Seiten Tagebücher zu lesen.“
    Manfredo Fratelli ärgerte sich. Es war nicht sein Plan gewesen, auf einmal mitten in dieser ganzen Sache drinzusitzen. Er hatte gedacht, er könnte seinem Freund bei genau den ausgesuchten Dingen helfen, um die er ihn bitten würde und dann wieder seiner Wege gehen. Aber spätestens, als er sich vor der Tür wieder abholen ließ und mit hinunter in den Weinkeller kam, hatte er, so sah es wohl aus, eine Entscheidung getroffen. Jetzt einfach so zu verschwinden wäre ihm vorgekommen, wie wenn er die beiden im Stich lassen würde.
    „Überleg’ doch nur, Mattes“, sagte Greta, „unter der Bibliothek liegen Millionen von Euros. Stell Dir mal vor, wie viel Sinnvolles ...“
    „Hey!“, fuhr Matthias dazwischen. Er wirkte jetzt stocknüchtern und eiskalt. „Komm’ mir jetzt bloß nicht mit Zeitung, Partei oder Kabarett oder irgend so einem Scheiß!“
    „Calma!“ Manfredo legte Greta und Matthias jeweils eine Hand auf die Schulter und machte „schhhh“, als ob er zwei nervöse Pferde beruhigen müsste. „Jetzt kommt mal wieder runter. Zeitung, Partei, Kabarett – ich hab’ wirklich keine Ahnung, was das zu bedeuten hat und ich bin mir auch unsicher, ob ich mich da überhaupt einmischen soll. Aber was soll’s. Ich habe Euch bei diesem ... wie nennt man das? ... Einbruch geholfen, wir sitzen hier mitten in der Nacht im Weinkeller, saufen Zwetschgenwasser und reden unwirkliches Zeug. Deswegen erlaube ich mir, zwei Dinge anzumerken: Erstens: Da drüben liegen keine Millionen Euros, sondern eine knappe halbe Tonne Goldbarren mit Hakenkreuzen und der Aufschrift „Deutsche Reichsbank“. Ich will keine Spaßbremse sein, aber ich glaube kaum, dass Euch das die „Banca Popolare“ an der Ecke einfach so in Geld umtauscht. Zweitens ist überhaupt nicht klar, wer der rechtmäßige Eigentümer dieses Goldschatzes ist. Das Deutsche Reich gibt’s nicht mehr, und der Familie Jäger dürften die Kisten wohl kaum gehören, bloß weil sie schon so lange hier herumstehen.
    „Das hört sich an wie Sinn und Verstand“, sagte Matthias. „Ein paar Stunden Schlaf wären jetzt nicht schlecht. Ich schau’ gleich nach einem freien Zimmer für Dich, Kumpel. Morgen ist Nonnas Beerdigung und dann schauen wir weiter.“
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10. Kapitel
     
    Freitag, der 17. April 2009 war ein strahlend blauer Frühlingstag in Tiers am Schlern. Der halbe Ort war zur Beerdigung von Helene Jäger gekommen.
    In der ersten Reihe vor dem noch offenen Grab standen ihre Enkel Rainer und Matthias Jäger sowie Rainers Frau Anna und Matthias’ Freundin Greta Baladier. Dahinter die engeren Freunde der Familie, zum Beispiel Franka und Paul Moroder, das Wirtsehepaar der Schlernbachalm. Relativ weit hinten in der Menschenmenge stand ein schwarzhaariger Mann in Lederjacke, Manfredo Fratelli, Motorradhändler aus Bozen und Bekannter von Matthias Jäger.
    Auf dem Marmorgrabstein stand in goldenen Buchstaben
    Karl Jäger 1918 - 2002
    und darunter – die zweite Zeile hatte der Steinmetz erst am Tag davor hinzugefügt –
    Helene Jäger 1923 - 2009.
    Matthias Jäger war bleich. Er starrte auf den Stein und dachte daran, was er seinen Großvater gerne noch alles gefragt hätte.
    In der Hand hielt er eine schwarze Aktenmappe. Die meisten Trauergäste schienen von dem ungewöhnlichen Accessoire keine besondere Notiz zu nehmen, Rainer allerdings warf ab und zu kurze Blicke auf die Mappe.
    Zum Schluss der Zeremonie sang der Männergesangsverein des Ortes das „Bozner Bergsteigerlied“, so etwas wie die inoffizielle Hymne der Südtiroler. Das Lied beschreibt die Schönheit der Berglandschaft und den Wandel der Jahreszeiten, und in den letzten Zeilen heißt es: „Und wenn dann einst, so leid

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