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Lauter Bräute

Lauter Bräute

Titel: Lauter Bräute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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vergangenen Woche auf dem Grundstückssektor in Moberly ereignet hat; von mir erhält er einen Brief, in dem ich ihm von Filmen erzähle, die ich gesehen, von Konzerten, die ich gehört habe, und was der Saturday Review über die beklagenswerte Lage der Menschheit schreibt. Drei- oder viermal im Jahr gelingt es ihm, sich von Moberly loszureißen und nach New York zu reisen, dann gehen wir in die piekfeinen, großen Musicals am Broadway und essen oben bei Sardi; wir halten Händchen; er läßt beiläufig einfließen, daß er ein nettes Grundstück im Auge habe, auf dem er unser Traumhaus bauen könnte, worauf ich — ebenso beiläufig — nichts erwidere; und zu gegebener Zeit fährt er zurück und ist wieder mein Anbeter in Moberly.
    Ich habe diese Situation mit einer ganzen Reihe von Mädchen besprochen — diskret natürlich, ohne Namen zu nennen; und zu meinem Erstaunen haben die meisten von ihnen jemanden wie Sam Hickock im Hintergrund — einen netten, vorzeigbaren Typ, der ausschließlich auf ein Mädchen eingeschworen ist, gut verdient, keinen sehr aufregenden Beruf hat, und von dem Mädchen weiter nichts verlangt, als daß es ihn heiratet, ihm ein paar Sprößlinge hervorbringt, mit ihm in einem anderthalbgeschossigen Haus in den Vororten wohnt und überall Anschreibekonten hat, damit es die Früchte seiner Plackereien genießen kann. Man sollte meinen, daß solche Männer, das Salz der Erde, geschnappt würden, sobald sie vom Band gelaufen sind; aber nein. Alle Mädchen suchen mit Inbrunst nach jemandem, den sie lieben können: einen internationalen Juwelendieb, der von der Polizei in sechsunddreißig Ländern gesucht wird, oder einen Strolch, der Werbesprüche für Hundefutter verfaßt und dem Trunk ergeben ist. Zur gleichen Zeit gibt das Wissen, einen Sam Hickock im Hintergrund zu haben, jedem Mädchen, das um sein Dasein kämpft, ein kleines Gefühl der Sicherheit, wie wenn man auf einem Segelboot einen verborgenen Außenbordmotor mitführt. Ich muß gestehen, ein- oder zweimal, als es in Brautausstattungen ganz besonders höllisch zuging, habe ich mit dem Gedanken gespielt, mich Sam und Moberly zu ergeben. Warum nicht? Alles wäre besser als Brautausstattungen, wenn da der Wind wirklich auf Orkanstärke steht. Doch bisher hat die notorische Evans’sche Halsstarrigkeit mich stets durchgebracht.
    Als ich meine Briefschaften erledigt hatte, hing ich meinen Morgenrock fort und zog mein grünes Tweed-Jackenkleid von Sybil Connolly an (das die Einkäuferin unserer Abteilung Sport- und Freizeitkleidung mir im vergangenen Juni buchstäblich nachgeworfen hatte, als die Temperaturen urplötzlich auf 35 Grad kletterten und die Kundinnen beim bloßen Anblick von Tweed blaß wurden). Ich zog braune Schnürschuhe an und setzte einen recht kecken Tirolerhut auf — und so angetan, begab ich mich hinaus in den blassen Sonnenschein, den wir an Sonntagnachmittagen im April immer beschert bekommen.
    Sonntage sind ein Problem für sich, wenn man in Greenwich Village lebt, denn es ist dort im wahrsten Sinne des Wortes dörflich insofern, als man bei einem Spaziergang mit größter Wahrscheinlichkeit eine Reihe Freunde und Nachbarn trifft. Und eben das geschah auch, kaum daß ich meine Wohnung verlassen hatte. Zuerst lief mir Molly Berger über den Weg, die in Barzubehör im zehnten Stock bei Fellowes arbeitet. Ein süßes Mädchen. Wir tauschten einen Gruß; und dann, als ich die Fifth Avenue hinunter in Richtung auf den Washington Square ging, traf ich Mrs. Hazel, die in der Neunten Straße wohnt. Eine nette kleine Frau. Wir plauderten ein paar Minuten; und dann, als ich weiterging — natürlich hätte ich es mir denken können-, lief mir der eine Mensch über den Weg, nach dem ich das geringste Verlangen hatte: Russell Kirkpatrick, der Fronvogt des fünften Stocks. Er trug diesmal ein braunes Sportjackett, das ihm sehr gut stand; wie gewöhnlich hatte er sein Ungeheuer von Hund bei sich; und zur Abwechslung befand er sich in Begleitung einer Dame. Sie sah aus wie er; sie ging wie er; und sie konnte ganz offenbar niemand anders sein als seine Frau. Das war ein Schock. Ich hatte nicht im entferntesten an die Möglichkeit gedacht, daß er verheiratet sein könnte. ,
    Im Vorübergehen bedachte ich ihn mit einem kleinen, höflichen Lächeln; und er lächelte ein kleines, höfliches Lächeln zurück. Es bot sich keine Gelegenheit, mir Mrs. Kirkpatrick näher anzusehen, doch was ich sah, genügte mir. Sie schien ein nettes

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