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Lauter Bräute

Lauter Bräute

Titel: Lauter Bräute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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ganze Schwärme von Männern, die Negligés kaufen. Und nicht nur für ihre Ehefrauen. Oder wie ist es mit der Frau, die vor ein paar Wochen kam und ein Brautkleid für ihre Tochter kaufte? Als ich sie nach dem Hochzeitsdatum fragte, erklärte sie, daß sie es nicht für eine Hochzeit, sondern für eine Beerdigung haben wollte. Ihre Tochter sollte darin begraben werden.«
    Er zuckte zusammen, genau, wie ich es beabsichtigt hatte.
    »Ich verkaufte ihr ein Kleid aus dem Lager. Hätte ich sagen sollen, sie möge ihr Glück woanders versuchen?«
    »Dies ist die verdammteste Abteilung«, sagte er wütend, »wirklich, die verdammteste Abteilung!«
    »Wir können nicht jeden Kunden auf Herz und Nieren überprüfen. Mr. Peterson sagt, er möchte ein Brautkleid für seine Schwester haben, und sein Wort muß mir genügen. Wenn wir ein nicht abgenommenes Modell in der richtigen Größe haben, werde ich es ihm geben. Wegen der Kleider für die Brautjungfern allerdings werde ich kaum etwas tun können.«
    »Brautjungfern?«
    »Es ist üblich, Brautjungfern zu haben«, erklärte ich. »Die gewünschten Größen allerdings haben wir zweifellos nicht am Lager.« Ich zeigte ihm die sauber maschinengeschriebene Liste, worauf ihm fast die Augen aus dem Kopf quollen. Abrupt reichte er mir das Blatt zurück, und dann brach er, Gott sei Dank, in Gelächter aus.

    Kurz darauf war er schon wieder da und beobachtete verstohlen, wie Mr. Peterson und ich unsere Transaktion beendeten. Kaum waren wir fertig, rief er mich hinüber zum Empfang. Alice war noch immer nicht vom Mittagessen zurück. Bestürzt sah ich auf die Uhr: es war nach halb fünf.
    Mit einem Blick auf Alices leeren Platz sagte er scharf: »Was ist mit unserer Empfangsdame passiert? Heute morgen habe ich sie gesehen. Hat sie den Nachmittag frei genommen?«
    Was sollte ich sagen? Er hatte jedes Recht, nach Alice zu fragen. Wieder blickte ich auf die Uhr. Sie war seit fast vier Stunden fort. Durchaus Anlaß zur Besorgnis. Sie war niedlich und erst achtzehn Jahre alt. Ihr konnte Gott weiß was passiert sein.
    Kirkpatrick hatte eine direkte Frage gestellt, und ich mußte ihm antworten. »Ehrlich gesagt, mache ich mir etwas Sorge um sie. Sie bat mich um eine verlängerte Tischzeit, die ich ihr bewilligte. Sie ist sehr ordentlich, Mr. Kirkpatrick, und immer pünktlich. Es muß einen besonderen Grund dafür geben, daß sie noch nicht da ist.«
    Wenn sie noch fünf Minuten gewartet hätte, wäre es mir vielleicht geglückt, den Tag zu retten. Doch in eben diesem Augenblick kam Alice zurück. Ich sah sie auf uns zukommen, mit schnellen, kurzen Schritten, ein schlankes, kleines Ding, in sehr gerader Haltung, das hübsche Gesichtchen angespannt und blaß. »Da ist sie ja«, sagte ich, »Gott sei Dank. Ich werde mit ihr reden«, und noch ehe er antworten konnte, eilte ich ihr entgegen und fing sie in dem Augenblick ab, als sie unser schmiedeeisernes Tor erreichte.
    »Alice!« sagte ich.
    Sie blieb stehen, blickte mich erst an und dann beiseite. »Ja?«
    »Wo, um alles in der Welt, sind Sie nur gewesen? Sie waren vier Stunden fort!«
    »Ich sagte Ihnen doch, es würde später werden.«
    »Aber doch nicht so spät. Wir haben uns schreckliche Sorgen um Sie gemacht.«
    »Miß Evans, ich hatte Ihnen gesagt, daß ich zum Essen verabredet war.«
    Es war meine Absicht gewesen, mit ihr in die Damentoilette zu entschwinden, um Kirkpatricks zornigen Augen zu entgehen. Doch dazu kam ich gar nicht. Sie warf mir einen merkwürdig herausfordernden Blick zu und ging stracks, als wäre ich Luft, an mir vorbei, auf ihren Schreibtisch zu. Sie ist betrunken, dachte ich. Doch sie war nicht betrunken. Unser Tag für Trunkenbolde war gestern. Immerhin, irgend etwas mußte sie berauscht haben; was, wußte ich nicht.
    Sie nahm den Hut ab und stand neben ihrem Stuhl, ihr seidiges blondes Haar schüttelnd. Sie ignorierte Kirkpatrick, als ob auch er nicht existierte. Sie öffnete eine Schublade, warf ihre Handtasche hinein und schob das Fach mit dem Fuß zu.
    »Miß Pye«, sagte Kirkpatrick sehr ruhig.
    »Ja.«
    »Wie ich höre, haben Sie Ihre Mittagszeit überschritten.«
    »Ja.« Ihm gegenüber führte sie sich nicht nur herausfordernd, sondern ausgesprochen verächtlich auf. Sie ist total verrückt, dachte ich. Unsere schüchterne, kleine Alice straft den reizbaren Kirkpatrick mit Verachtung!
    Er blieb ruhig. »Darf ich fragen, wo Sie gewesen sind?«
    »Nein.«
    Hier bahnte sich mit Sicherheit eine Szene an, und ich

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