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Lauter Bräute

Lauter Bräute

Titel: Lauter Bräute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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es noch endgültiger sein?«
    »Na, schön, Alice«, sagte ich, »dann kann ich Ihnen nicht helfen. Sie können gehen.«
    Unsicher stand sie auf. »Miß Evans —«
    »Viel Glück in Ihrem neuen Job.«
    »Ich dachte, es interessiert Sie vielleicht: O. B. zahlt mir fast das Doppelte von dem, was ich hier verdiene.«
    »Sehr schön, Adieu.«
    »Adieu, Miß Evans.«
    Sie ging, und ich saß auf meiner Schreibtischkante, Rücken zur Tür, und dachte an Mr. O. B. Brown gestern morgen (war es erst gestern gewesen? Es schien Wochen zurückzuliegen): mit seinen hageren Wangen, ungepflegt, in einem alten, schmutzigen Regenmantel, wie er die arme, kleine Alice mit Blicken verschlang, als sie in dem phantastischen 2500-Dollar-Brautkleid ins Foyer kam. Ich erinnerte mich, wie er plötzlich rot angelaufen war, wie er die Fäuste geballt hatte in einer kaum zu beherrschenden Gefühlsaufwallung, als er sie ansah. Was hatte ihn veranlaßt, Alice eine halbe Stunde später anzurufen? Er hatte jede Menge Geld und konnte jedes hübsche kleine Mädchen haben. Wollte er die achtzehn Jahre alte Alice? Oder suchte er seine Tochter Helen? Was für Motive trieben diesen Mann?
    Ich wußte es nicht und würde es nie wissen. Leid tat mir nur eines: Ich hätte zum Schluß ein wenig freundlicher mit Alice sein sollen. Ich hätte sagen sollen: »Wenn Sie je Hilfe brauchen, kommen Sie hierher zurück; ich werde tun, was ich kann.« Statt dessen hatte ich ihr beinahe eins an die Ohren gegeben wegen ihrer Bemerkungen über Kirkpatrick. Sie war nicht besonders helle; ich konnte ihr keinen Vorwurf daraus machen, daß sie beschränkt war. Warum nur fuhr ich so hoch wegen dieser Bemerkung?
    Alberne Fragen, die ich nicht zu beantworten vermochte. Ich mußte eine ganze Weile so vor mich hin gebrütet haben, denn plötzlich hörte ich Kirkpatrick meinen Namen sagen.
    Er stand in der Tür. Nicht mein grimmiger, harter, widerborstiger Kirkpatrick, sondern ein ziemlich traurig und gramvoll aussehender.
    »Ja?« sagte ich.
    »Miß Pye ist gegangen. Ich habe mit Miß Ponsonby über einen Ersatz gesprochen. Sie wird morgen früh jemanden für Sie schicken.«
    »Können wir nichts unternehmen?« fragte ich. »Sie ist erst achtzehn, noch ein reines Kind. Dieser Mann wird sie zugrunde richten.«
    »Nein, wir können nichts tun.«
    »Warum nicht?«
    »Er hat kein Verbrechen begangen. Er hat schließlich nur mit ihr zu Mittag gegessen.«
    »Aber das ist nicht alles! Sie sagte mir eben — sie wird für ihn arbeiten, als persönliche Assistentin. Und sie kann nicht einmal Maschine schreiben.«
    »Wir können uns nicht in ihr Privatleben einmischen.«
    Ich lachte auf. »Ebenso wie wir uns nicht in Mr. Petersons Privatleben einmischen können. Sehr komisch!«
    »Es tut mir leid, daß es Sie so mitnimmt«, sagte er.
    Mir schossen die Tränen in die Augen, nicht wegen Alice, sondern weil er endlich einmal rückhaltlos und wie ein Mensch mit mir sprach. »Ich komme schon darüber weg«, sagte ich.
    Einen Augenblick war Stille. Dann sagte er: »Ich nehme ein Taxi nach Hause. Soll ich Sie mitnehmen?«
    Ich wollte nur zu gern ja sagen; doch irgendeine unsinnige Hemmung hinderte mich daran, so daß ich erwiderte: »Danke. Ich fahre heute nicht direkt nach Hause.«
    Da ging er; und ich versuchte, mich zusammenzureißen und die Dinge zu tun, die notwendig waren, um die Tagesgeschäfte abzuschließen. Auf der Verlustseite dieses Tages stand Alice; doch auf der anderen Seite konnte ich verbuchen, daß es mir gelungen war, Mrs. Hatfield und Suzanne zu retten.
    Gar nicht so schlecht.

11

    Um halb zehn hatte ich eine Verabredung mit Mr. Cavanaugh, der ab nächsten Montag mein unmittelbarer Vorgesetzter sein würde. Seine Sekretärin sagte: »Gehen Sie gleich ‘rein, D., E. D. erwartet Sie.« Dann flüsterte sie: »Herzlichen Glückwunsch zum neuen Job. Wir freuen uns alle so für Sie. Ist es nicht wunderbar? BE.«
    »Was, um Himmels willen, ist BE, Jean?« fragte ich.
    Sie sah erstaunt aus: »Na, Brauteinkäuferin, natürlich.«
    Hätte ich mir doch denken können.
    Mr. Cavanaugh war reizend. Er hielt mir eine offizielle Begrüßungsansprache wie bei einem Kongreß, beginnend mit den Worten: »Ich habe immer gewußt, daß der Tag kommen würde...« und endend mit: »Was mich am meisten erfreut, ist die Tatsache, daß es Ihnen aus eigener Kraft gelungen ist, Mr. Kirkpatricks volles Vertrauen zu gewinnen. Seien wir ehrlich: Zuerst war er nicht gerade gut auf Sie zu sprechen. Doch jetzt

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