Lauter Bräute
singt er Ihr Loblied.«
»Wirklich?« fragte ich. Ein Kirkpatrick, der — was auch immer — sang, war schwer vorstellbar.
Wir sprachen im einzelnen über die Abteilung. Mr. Cavanaugh zeigte mir die Nettozahlen, die nicht so gut waren, wie ich angenommen hatte. Unsere Verkaufsziffern waren zwar nicht gesunken, doch die Betriebskosten hatten sich erhöht. Er sagte: »Wir erwarten, daß Sie der Abteilung großen Auftrieb geben werden.« Dann zeigte er mir den Finanzplan. Ich hatte überwältigend viel Geld auszugeben. »Durch Mrs. Snells Abwesenheit sind wir mit unseren Einkäufen für den Herbst schwer in Verzug. Ich glaube, Sie sollten Ende nächster Woche nach Los Angeles fahren, die Woche darauf nach Dallas. Anschließend Paris und Rom.« Beim Abschied schüttelte er mir feierlich die Hand und sagte: »Sie sind die jüngste Einkäuferin des Hauses, D’Arcy. Ich habe großes Vertrauen zu Ihnen. Ich bin sicher, daß Sie einen rauschenden Erfolg aus diesem Job machen werden.« Ich dankte ihm, und er bedachte mich mit einem breiten, warmen, irischen Lächeln. »Wir stehen alle hinter Ihnen«, sagte er, »also keine Angst.«
Als nächstes war ich bei Miß Ponsonby angemeldet. Auch sie hielt eine Rede; kurz, aber lieb und direkt. »Ich glaube, ich weiß, wie Ihnen zumute ist. Wir haben alle diesen Übergang von der Teilverantwortung zur vollen Verantwortung durchgemacht. Denken Sie daran, wann immer Sie Probleme haben, die Sie besprechen möchten, ich werde stets für Sie da sein.« Dann fuhr sie fort: »Ich habe mit Vivienne Gordon von Modehüte gesprochen. Sie kommt mit Freuden als Einkaufsassistentin zu Ihnen. Ich bin sicher, daß Sie prächtig mit ihr auskommen werden.«
Sie fuhr fort: »Sie beginnen Ihre neue Arbeit ja offenbar mit einigen neuen Leuten. Ich habe ihnen ein reizendes junges Mädchen als Ersatz für Miß Pye geschickt, Roberta Willis. Und Sie wissen vermutlich schon, daß Miß Banville uns Ende nächster Woche verläßt.«
Nichts wußte ich. Also hat Kirkpatrick sie doch ‘rausgeworfen, dachte ich. »Warum verläßt sie uns?« fragte ich.
»Sie hat wohl Heimweh. Jedenfalls sagte sie mir, daß sie beschlossen hat, nach Frankreich zurückzukehren.«
»Sie hat also von sich aus gekündigt?«
»O ja«, erklärte Miß Ponsonby. »Wir haben aber eine Reihe von Bewerbungen für die Brautabteilung, von denen einige sehr vielversprechend aussehen. Ich werde sobald wie möglich veranlassen, daß die Betreffenden sich vorstellen.« Sie reichte mir die Hand und sagte: »Lassen Sie uns Anfang nächster Woche zusammen essen. Bis dahin: alles Gute.«
Als ich schließlich in meine Abteilung zurückkam, schien dort alles ruhig und in bester Ordnung zu sein. Roberta, unsere neue Empfangsdame, war bereits an der Arbeit. Sie war ein intelligent aussehendes junges Ding von ungefähr zwanzig, mit Stupsnase, einem dunklen Pagenkopf und einer Brille, die sie irgendwie noch hübscher aussehen ließ. Ich machte mich mit ihr bekannt, und sie lächelte vergnügt: »Ich bin sicher, daß es mir hier glänzend gefallen wird«, sagte sie. Ich warf einen Blick in ihren Terminkalender und sah, daß Suzanne mit einer Braut in Anprobe 5 beschäftigt war. Ich bat Roberta, Miß Banville zu sagen, daß ich sie gern sprechen würde, sobald sie frei sei.
Ich hatte letzthin viel zu wenig Zeit für meinen Schreibtisch gehabt, und dort stapelte sich infolgedessen die Arbeit. Es wartete beispielsweise ein ganzer Haufen neuer Aufträge, die an verschiedene Fabrikanten durchtelefoniert werden mußten; dann waren da Lieferscheine, die der Überprüfung harrten; Rechnungen, die ich abzeichnen und weitergeben mußte. Morgen war mein freier Tag; Samstag würde sicher das übliche Tollhaus sein; und es war unbedingt notwendig, diese aufgesummten Dinge zu erledigen, ehe Vivienne Gordon hier einzog und ich in Mrs. Snells Büro hinüberwechselte. Mrs. Snells Büro. Ich wagte kaum, es anzusehen, geschweige denn, dort einzuziehen. Wieder überfiel mich meine jugendliche Panik. Ich konnte unmöglich ihren Posten ausfüllen; ich konnte unmöglich auf dem Stuhl sitzen, der so viele Jahre der ihre gewesen war; und ich beschloß plötzlich, daß ich am nächsten Montagmorgen die Hausverwaltung anrufen würde, damit sie meinen guten alten Einkaufsassistentinnenstuhl in Mrs. Snells Büro brachte und ihren hierher stellte. Doch gleich darauf entschied ich bereits, nichts dergleichen zu tun. Es war lächerlich. Wenn das meine Einstellung war, konnte ich
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