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Lauter reizende alte Damen

Lauter reizende alte Damen

Titel: Lauter reizende alte Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Wänden. Eine Familie Warrender war besonders oft vertreten. Sie stammten alle aus der Priorei in Sutton Chancellor. Captain Warrender, Major Warrender, Sarah Elizabeth Warrender, die geliebte Ehefrau von George Warrender. Eine neuere Tafel verzeichnete den Tod von Julia Starke, der – wieder – geliebten Ehefrau von Philip Starke, ebenfalls von der Priorei in Sutton Chancellor – offenbar waren die Warrenders inzwischen ausgestorben. Keiner von ihnen schien interessant zu sein. Tuppence ging wieder hinaus und wanderte draußen um die Kirche herum. Das Äußere gefiel ihr sehr viel besser als das Innere. Die Kirche war groß. Früher musste Sutton Chancellor in dieser ländlichen Umgebung eine größere Rolle gespielt haben als heutzutage.
    Tuppence ließ den Wagen stehen und spazierte zu Fuß ins Dorf. Es gab eine Gemischtwarenhandlung, ein Postamt und etwa ein Dutzend kleiner Häuser, von denen zwei noch Strohdächer hatten. Die anderen waren sehr einfach und beinahe hässlich. Am Ende der Dorfstraße lagen sechs Siedlungshäuser, die sich ihres Daseins zu schämen schienen. An einem stand auf einer Messingtafel: Arthur Thomas, Schornsteinfeger.
    Tuppence überlegte einen Augenblick, ob wohl ein vernünftiger Hausverwalter seine Dienste für das Haus am Kanal in Anspruch nehmen würde. Wie dumm von ihr, dass sie nicht nach dem Namen des Hauses gefragt hatte!
    Sie kehrte langsam zur Kirche und zu ihrem Auto zurück und sah sich den Friedhof gründlicher an. Er gefiel ihr sehr gut. Es gab nur wenig Gräber jüngeren Datums. Die meisten stammten aus der Viktorianischen Zeit oder waren noch älter. Die Steine waren vom Alter verwittert und von Moos überwachsen, sahen aber hübsch aus. Zum Teil standen sie noch aufrecht und trugen mit Kränzen behangene Engel. Tuppence las die Inschriften. Wieder waren es Warrenders: Mary Warrender, 47 Jahre alt, Alice Warrender, 33 Jahre alt, Colonel John Warrender, gefallen in Afghanistan. Dann einige Warrenders im Kindesalter – tief betrauert – und bildreiche, fromme Verse. Ob es wohl immer noch Warrenders gab? Jedenfalls wurden sie nicht mehr hier beerdigt. Das letzte Grab stammte von 1843.
    Als Tuppence zu der großen Eibe kam, entdeckte sie einen älteren Geistlichen, der sich an der Mauer hinter der Kirche über eine Reihe alter Grabsteine beugte. Er richtete sich auf und wandte sich zu ihr um. »Guten Tag«, sagte er freundlich.
    »Guten Tag«, erwiderte Tuppence. »Ich habe mir die Kirche angesehen.«
    »Die ist durch die viktorianische Renovierung verdorben worden«, erklärte er. Seine Stimme war angenehm und sein Lächeln freundlich. Er sah aus, als sei er siebzig, aber Tuppence vermutete, dass er jünger war, wenn ihn auch das Rheuma zu plagen schien und er nicht sehr sicher auf den Beinen stand. »Damals hatten die Leute zu viel Geld, und es gab zu viele Schmiede«, sagte er seufzend. »Sie waren fromm, hatten aber leider gar keinen Sinn für Kunst. Und keinen Geschmack. Haben Sie das Ostfenster gesehen?«
    »Ja. Es ist abscheulich.«
    »Da haben Sie mehr als Recht. – Ich bin der Vikar«, fügte er unnötigerweise hinzu.
    »Das habe ich mir gedacht«, sagte Tuppence höflich. »Sind Sie schon lange hier?«
    »Zehn Jahre, meine Liebe. Es ist eine angenehme Pfarrstelle. Die Menschen sind nett, aber die Gemeinde ist klein. Ich bin sehr gern hier. Sie mögen nur leider meine Predigten nicht. Ich tue ja mein Bestes, aber ich kann nun einmal nicht behaupten, sehr modern zu sein. – Setzen Sie sich doch.« Er deutete einladend auf die nächste Grabplatte.
    Tuppence setzte sich dankbar. Der Vikar nahm in ihrer Nähe Platz. »Ich kann nicht lange bleiben«, sagte er entschuldigend. »Kann ich Ihnen helfen, oder sind Sie auf der Durchreise?«
    »Ach, ich bin gerade vorbeigefahren, und da wollte ich mir die Kirche ansehen. Ich habe mich nämlich in den vielen kleinen Straßen verirrt.«
    »Ja, ja. Es ist schwer, sich hier zurechtzufinden. Viele Wegweiser sind umgefallen, und die Gemeinde hätte sie längst reparieren müssen. – Aber es ist ja auch gleich. Wer hier herumfährt, hat sowieso kein bestimmtes Ziel. Leute mit einem Ziel bleiben auf den Hauptstraßen. Die sind schrecklich – besonders die Autobahnen. Der Lärm und das Gerase! Aber ich bin eben nur ein alter Mann. – Können Sie sich vorstellen, was ich hier tue?«
    »Ich habe gesehen, dass Sie die alten Steine geprüft haben«, sagte Tuppence. »Ist etwas passiert? Haben junge Rowdys sie

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