Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
Vom Netzwerk:
sich. Er war sicher, daß sie eingesetzt werden würde. Darüber, daß Waffen längst nicht mehr nur produziert wurden, um sie anzuwenden, sondern vor allem, um die anderen zu Anstrengungen zu zwingen, die Nutzen und Attraktivität ihres Systems reduzierten, machte er sich keine Gedanken. Und schon gar nicht darüber, daß Rüstung nicht nur Werte verschlang, sondern auch neue technologische Möglichkeiten erschloß und den Kapitalfluß verstärkte, für das Wirtschaftssystem, in dem er lebte, also in gewisser Weise lebensnotwendig war. Seine Weltsicht war unkomplizierter. Er sah nur die Anhäufung von Waffen und fürchtete, daß sie über kurz oder lang eingesetzt würden. Dabei lehnte er jedwede Unterscheidung ab. Für ihn war es unerheblich, ob diese Waffen als Angriffs- oder als Verteidigungsinstrument konzipiert worden waren. Die einen waren für ihn so schlecht wie die anderen. Theoretische Erwägungen oder gar Verständnis für politisch notwendige Schritte lagen jenseits dessen, was ihn das Leben in diesem seit Jahrhunderten innerlich und äußerlich unterdrückten Land gelehrt hatte.
     
    Etwa eine Woche nachdem Philipp und Sandy die Lasersäule gesehen hatten, fiel in ganz Iverton die Energieversorgung aus. Als das geschah, saß er gerade mit Ma beim Abendessen.
    Er sah den Blick, mit dem sie die erloschene Glühlampe betrachtete, und er erkannte darin eine Mischung aus Triumph und Angst. Da wußte er, daß es sich um keinen der normalen Stromausfälle handelte. Er rannte nach draußen und kletterte auf das Schuppendach. Die morschen Bretter knarrten unter der ungewohnten Last.
    Iverton lag in tiefer Dunkelheit. Und auch drüben, wo die sich zum Meer hin senkende Ebene mit der oberen Klippenkante den Horizont bildete, war jetzt kein Lichtschimmer, war nichts, was auf die Anwesenheit der Gunslinger hätte hindeuten können. Erst als er sich bereits wieder an den Abstieg machte, glomm dort drüben ein mildes Licht auf, das sich wie eine milchige Glocke über den Rand der Ebene legte.
    Als er das Zimmer wieder betrat, hatte Ma Tränen in den Augen. »Wir werden ihn nicht wiedersehen«, sagte sie. »Lebend bestimmt nicht.«
    Er versuchte sie und sich zu beruhigen. »Wir sind hier nicht in Calman’s Edge, Ma. Mach dich jetzt nicht verrückt. Er wird zurückkommen. Heute nacht vielleicht noch. Spätestens aber morgen früh.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Wird er nicht. Glaub deiner Mutter, Junge. Sie haben ihn umgebracht. Du weißt, daß ich in solchen Fällen schon oft…«
    Abermals lief er nach draußen. Er mochte jetzt nichts von ihren dunklen Ahnungen hören. Gerade weil er zugeben mußte, daß sie sich hin und wieder als erstaunlich zutreffend erwiesen hatten.
    Anfangs rannte er einfach nur weg. Hinaus in die Ebene mit der Richtung zum Meer, ohne einen Gedanken an irgend etwas. Später aber faßte er sich und begann zu überlegen. Da nicht nur die Energieversorgung des Camps, sondern auch die Ivertons ausgefallen war, konnte sich die Havariestelle nicht zwischen Ort und Lager befinden, vielmehr in der Gegend westlich der Verbindungslinie zwischen beiden, an irgendeinem Punkt des Tiefenkabels, das, wie Sandy beiläufig erwähnt hatte, vor zwei Jahren von englischen Arbeitern verlegt worden war.
    Er wandte sich also nach Südwesten und stieg die sanfte Schräge der Ebene wieder hinan. Iverton ließ er rechts liegen, er sah den Ort wie einen Scherenschnitt vor dem dunklen Nachthimmel.
    In unmittelbarer Nähe der Straße nach Trostan, vielleicht eine Meile vor dem Kreuzstein des Erlösers von Londonderry, wurde er mit barscher Stimme angerufen. Er ließ sich ins taunasse Gras fallen und glitt zur Seite unter den Schutz eines überhängenden Ginsters. Lange lag er still und lauschte auf die Geräusche der Nacht. Dann hob er vorsichtig den Kopf und spähte hinüber in die Richtung, in der er die Straße vermutete. Doch er vermochte nichts zu erkennen. Wenn da nicht hin und wieder leise Geräusche gewesen wären, die ihm nur schwer in das Wispern des Windes, das Rascheln welker Blätter und das kaum hörbare Aneinanderreihen trockener Grashalme zu passen schienen, er hätte annehmen müssen, der Anruf wäre lediglich seinen überreizten Nerven zuzuschreiben und außer ihm befände sich hier weit und breit kein Mensch.
    Schließlich war er sicher, daß der, der ihn angerufen hatte, eine Entdeckung kaum weniger fürchtete als er selber und ebenso entschlossen war, sich nicht als erster zu zeigen.
    Da erhob er sich

Weitere Kostenlose Bücher