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Lautlose Jagd

Lautlose Jagd

Titel: Lautlose Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Brown
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war abgelaufen, junger Freund. Mehrere Routinekontrollen waren versäumt worden, Funkmeldungen kamen direkt in die Zentrale, statt über meine Dienststelle zu laufen. Ich musste sofort handeln; ich konnte Sie nicht mehr auffordern, Ihren Augenschutz aufzusetzen.«
    »Ich verstehe, Major«, sagte An. Er sah sich um, erkannte seine Umgebung jedoch nur verschwommen. »Sind alle Offiziere gefangen?«
    »Gefangen oder tot - sie hatten die Wahl«, erwiderte Hong nüchtern. »Ich habe zwanzig Offiziere und einundvierzig Unteroffiziere gefangen genommen. Zehn Offiziere und zehn Unteroffiziere haben sich verpflichtet, für eine wieder vereinigte Republik Korea zu kämpfen. Sie haben ihr Versprechen mit einem feierlichen Eid vor Vizemarschall Kim und General Cho bekräftigt. Sie haben angeboten, die Konsolen und Fernmeldeeinrichtungen zu bemannen und zu versuchen, das gewohnte Kommunikationsschema möglichst lange aufrechtzuerhalten. Ich bezweifle, dass das sehr lange möglich sein wird, aber wir wollen es versuchen.«
    »Können Sie den Männern vertrauen, die sich Ihrer Revolte angeschlossen haben?«, fragte An zweifelnd. »Sitzen sie an den Funkgeräten, können sie einen Hilferuf absetzen?«
    »Leutnant, ich kann nur auf Vertrauen und meine eigene Intuition bauen«, sagte Major Hong. »Ich vertraue darauf, dass Ihre Regierung mich und meine Männer vor, während und nach der Revolte unterstützt. Außerdem kann niemand viel gegen uns unternehmen, selbst wenn die ganze Welt weiß, was wir getan haben. Dieser Bunker ist nicht uneinnehmbar, aber er ist autark und kann einer langen Belagerung widerstehen. Zerstören sie ihn, zerstören sie ihre nationale Befehlszentrale und lahmen damit ihre Kommando-, Kontroll- und Kommunikationssysteme.« Er lächelte schwach. »Aber wenn unsere Brüder im Süden wie versprochen ihren Teil tun, spielt das keine Rolle. Dann findet die Revolution, um die wir alle beten, trotzdem statt.«
    Leutnant An nickte. »Ich habe mein Leben lang um eine Wiedervereinigung gebetet, Major«, sagte er. »Ich bin stolz darauf, an diesem Tag hier bei Ihnen zu sein. Was tun wir jetzt?«
    »Wir halten den Betrieb hier unten so lange und so normal wie möglich aufrecht«, antwortete Hong. »Fängt der Feuerzauber an, tun wir unser Bestes, um den Gegenschlag der Kommunisten zu behindern, zu verzögern und zu stören. Und dann beten wir für den Erfolg unserer Brüder im Süden. In weniger als sechs Stunden wird sich zeigen, was für eine neue Welt wir hier gemeinsam geschaffen haben.«
Befehlsstand der Vierten Artilleriedivision
der Koreanischen Volksarmee,
Sunan, Demokratische Volksrepublik Korea
(kurze Zeit später)
    »Was zum Teufel geht hier vor?«, blaffte Oberst Cho Mun-san, der Kommandeur der Vierten Artilleriedivision auf dem Stützpunkt Sunan der Volksarmee. »Ich verlange eine sofortige Erklärung, Hauptmann!«
    »Genosse Oberst!« Der Offizier vom Dienst, Hauptmann Kong Hwan-li, früher Chef einer Raketenbatterie, nahm stocksteif Haltung an, als der Divisionskommandeur in den Befehlsstand kam.
    Kong war ein junger, diensteifriger Offizier der Volksarmee, der seit dem zwölften Lebensjahr eine Offizierslaufbahn angestrebt hatte. Nach nur sechs Jahren Truppendienst - erst als Raketenstartoffizier, dann als Batteriechef - war er in den Divisionsstab versetzt worden. Als Offizier vom Dienst war er in dieser Nacht für die gesamte in Sunan stationierte Artilleriedivision verantwortlich: drei Brigaden mit Kurz-, Mittel- und Langstreckenraketen, die auf Südkorea und das Gebiet unmittelbar südlich der Entmilitarisierten Zone gerichtet waren. Für einen jungen Hauptmann war das eine große Ehre.
    Aus Kongs Sicht waren dieser Posten und sein früherer als Raketenstartoffizier die wichtigsten Posten, die er jemals würde erreichen können. Dank seiner Kenntnisse und Fähigkeiten würde er als Erster gegen die Kapitalisten im Süden losschlagen. Das war eine ehrenvolle, heilige Pflicht. Seine Heimat befand sich in dauernder Bereitschaft, in ständigem Alarmzustand, und je früher der Krieg kam, desto besser.
    Diese Situation war ein treffendes Beispiel dafür. Hier handelte es sich entweder um einen Scherz, eine unangekündigte Übung oder den Beginn des lange erwarteten Krieges gegen die Kapitalisten. Kong war das egal: Er wusste unter allen Umständen, was seine Pflicht war. Er hatte die Entscheidung treffen müssen, den Divisionskommandeur zu wecken, und musste jetzt alle seine Fragen beantworten können.

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