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Lautlose Jagd

Lautlose Jagd

Titel: Lautlose Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Brown
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und je zehn in der Nachrichtenzentrale und dem Auswertungsraum; die anderen sind innerhalb und außerhalb des Gebäudes verteilt. Das sind mehr als genug Männer, um die Loyalisten zu überwältigen. Alle unterstehen ausschließlich meinem Befehl.«
    Hong fiel auf, dass Ans Stellvertreter nicht recht überzeugt wirkte. »Machen Sie sich keine Sorgen, Sergeant«, forderte er ihn mit beruhigendem Lächeln auf. »Die meisten meiner Männer sind Wehrpflichtige, und von den anderen ist keiner Vollmitglied der Partei - diesen Status erhalten nur Offiziere und altgediente Unteroffiziere.«
    »Sind Sie Parteimitglied, Major?«, fragte An.
    »Meine Eltern waren beide in der Partei, deshalb war ich bei den Jungen Patrioten und bin später Offizier geworden«, antwortete Hong. »Aber dann wurde meine Mutter bei einem illegalen Grenzübertritt gefasst und wegen Landesverrats angeklagt. Sie hat im Gefängnis Selbstmord verübt. Mein Vater und ich wurden aus der Partei ausgeschlossen; ich wurde degradiert und zwangsversetzt. Seit damals führe ich das Leben eines Parias. Mein Vater ist vor acht Monaten an einer Lungenentzündung gestorben, weil er nicht ärztlich behandelt wurde. Er hatte seit über einem Jahr nicht mehr regelmäßig gegessen und in einer ungeheizten Wohnung gehaust.
    Keiner von uns Nichtparteimitgliedern, auch ich nicht, hat seit über einem halben Jahr den ihm zustehenden Sold bekommen, und wir wissen nicht, wann wir ihn jemals erhalten werden. Unsere Familien hungern. Unsere Kinder haben keine Kleidung, keine Schulausbildung, nichts. Nur Parteimitglieder dürfen im Lebensmittelladen auf dem Stützpunkt einkaufen - wir anderen müssen betteln, stehlen, von Abfällen leben oder verhungern.
    Gleichzeitig gibt unsere Regierung Milliarden Won für Waffen aus, um eben die Leute zu vernichten, von deren Solidarität wir uns unsere Rettung erhoffen.«
    Er sah die südkoreanischen Soldaten an und fügte düster hinzu:
    »Misstrauen können wir uns nicht mehr leisten. Wir liegen auf den Knien. Wir müssen die kommunistische Kriegsmaschinerie daran hindern, uns zu vernichten. Damit fangen wir jetzt an. Jeder wahre koreanische Patriot steht hinter uns.« Er zeigte auf einen Stapel Kartons in einer Ecke seines Dienstzimmers. »Darin finden Sie Ponchos, mit denen Sie Ihre Uniformen verdecken können.«
    »Nicht nötig, Major«, sagte Leutnant An. Im selben Augenblick entfalteten seine Männer ihre mitgebrachten Ponchos, die nordkoreanischen Militärponchos täuschend ähnlich sahen.
    »Gut, gut«, sagte Hong und lächelte zufrieden, indem er seinen Poncho überstreifte. »Dann lassen Sie uns gemeinsam in die Geschichte - oder ins Verderben - marschieren. Ich habe alles vorbereitet. Mir nach!«
    »Was haben Sie vor?«, fragte An.
    »Das sage ich Ihnen lieber nicht«, wehrte Hong ab. »Ihre Überraschung macht die List glaubwürdiger. Vertrauen Sie mir. Haben Sie Schutzbrillen und Ohrenschützer?« An nickte, hängte sich Schutzbrille und Ohrenschützer um den Hals und versteckte sie unter seinem Poncho. Der Major folgte seinem Beispiel. »Gut. Mir nach!« Er rief seinen Männern auf dem Korridor einen Befehl zu, nahm sein Handfunkgerät, um einen weiteren kurzen Befehl zu erteilen und marschierte dann zielbewusst in den Korridor hinaus.
    Obwohl An vor Misstrauen und Angst ein kalter Schauder über den Rücken lief, konnte er nichts anderes tun, als ihm zu folgen.
    Seine Männer und er - und die ganze Nation hinter ihnen - waren auf diesem Weg schon zu weit gegangen, um jetzt noch umkehren zu können.
    Hong blieb vor der massiven Stahltür zum Befehlszentrum stehen und drückte auf die Klingeltaste. »Wer da?«, fragte eine Lautsprecherstimme.
    »Major Hong.«
    Darauf herrschte für einen Augenblick verwirrtes Schweigen.
    Die Stimme gehörte dem für die Eingangskontrolle zuständigen Assistenten des Ersten Controllers. »Welchen Zweck hat Ihr Besuch, Genosse Major?«
    »Statusinspektion. Verschiedene Sicherheitssysteme sind ausgefallen. Ich will sie selbst inspizieren und danach dem Ersten Controller persönlich Bericht erstatten. Außerdem bringe ich sechs Kartons mit Broschüren, Elektronikteilen, Lebensmitteln und Getränken mit. Die entsprechenden Lieferscheine müssten sie schon erhalten haben. Leutnant Wu begleitet mich.«
    »Augenblick, bitte.« Nachdem der Erste Controller die Erlaubnis erteilt hatte, öffnete sich die schwere Stahltür eine halbe Minute später elektrisch. Der Aufzug bot absichtlich nur drei bis vier

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