Lautlose Jagd
»Genosse Oberst, ich muss Ihnen eine schwere Störung unseres routinemäßigen Fernmeldeverkehrs mit der Befehls- und Koordinierungszentrale melden«, sagte Kong.
»Raus mit der Sprache, Hauptmann!«
Kong legte sein Wachbuch vor, in dem die Seite mit den detaillierten Bestimmungen für die stündlich durchzuführende Testsendung aufgeschlagen war. »Jeweils zur vollen Stunde habe ich der BKZ zur Kontinuitätsprüfung eine Routinemitteilung geschickt. Meine letzte Nachricht wurde vom Computer bestätigt - aber die Authentizität wurde mit dem Zifferncode der vorigen Stunde beantwortet. Da ich einen stellvertretenden Controller der BKZ kenne, habe ich...« Er schluckte nervös und fuhr dann fort:
»Genosse Oberst, ich habe es auf mich genommen, ihn anzurufen und ihn wegen der Benutzung des alten Codes zurechtzuweisen.«
»Und deswegen haben Sie mich aus dem Bett geholt, Hauptmann?«
»Nein, Genosse Oberst«, sagte Kong hastig. »Ich konnte die BKZ nicht telefonisch erreichen. Daraufhin habe ich einen weiteren Test gemacht. Auch diese Mitteilung wurde richtig bestätigt - allerdings wieder mit dem Zifferncode der vorigen Stunde. Dann habe ich eine operative Sicherheitswarnung losgeschickt...«
»Eine was?«, brüllte Oberst Cho. »Sie haben eine was losgeschickt?« Hauptmann Kong hielt ihm ein Blatt Papier hin, das Cho ihm ungläubig aus der Hand riss. »Sie Idiot!«, rief der Oberst empört. »Eine operative Sicherheitswarnung darf nur der Divisionskommandeur schicken, um der BKZ zu melden, dass seine eingeplanten Raketenbatterien nicht einsatzbereit sind.«
»Ja, ich weiß, Genosse Oberst«, sagte Kong. »Ich dachte, ein so schwerer Verstoß gegen die Sicherheitsbestimmungen erfordere diese Mitteilung. Aber die Antwort darauf... nun, dies ist als Antwort gekommen, Genosse Oberst.«
Oberst Cho starrte die eingegangene Antwort ungläubig an. Die Befehls- und Koordinierungszentrale bestätigte Kongs Mitteilung und wies ihn an, alle Raketenbatterien weiterhin in Bereitschaft zu halten, aber sonst nichts zu unternehmen. Die BKZ widerrief die Sicherheitswarnung nicht, verlangte keine Erläuterungen dazu, rief Kong oder ihn nicht direkt an und entsandte auch kein Sicherheitsteam in den Befehlsstand, um Erkundigungen einziehen oder Kong und ihn festnehmen zu lassen, weil sie den Kommandeuren in der BKZ einen verdammt großen Schreck eingejagt hatten.
Stattdessen wies sie seine Division an, in Bereitschaft zu bleiben!
»Was zum Teufel soll das?«, murmelte Cho. Er griff nach dem Hörer des roten Telefons, um den Ersten Controller in der BKZ anzurufen. Aber dort meldete sich niemand. »Sie haben sonst keinen Kontakt mit dem BKZ gehabt, Hauptmann?«
»Keinen, Genosse Oberst«, antwortete Kong. »Nur die von Computern erzeugten ungültigen Bestätigungen.«
Cho Mun-san war verwirrt. Die einzigen operativen Kontakte, die er haben durfte, liefen über die Befehls- und Koordinierungszentrale. Er sprach ziemlich häufig mit dem Oberkommando der Volksarmee in Pjöngjang, aber nur über Verwaltungs- und Ausbildungsfragen. Nun, hier lag ein Notfall vor. Es war besser, ein paar Generale zu wecken, als untätig zu bleiben und dann für einen Idioten gehalten zu werden, weil er nichts unternommen hatte.
»Ich wollte mein Leben lang nie mehr«, murmelte Cho aufgebracht vor sich hin, »als den Namen meiner Familie zu erhalten und ehrenhaft mit einer Pension verabschiedet zu werden. Ist das für einen treuen Diener des Vaterlands zu viel verlangt? Mir ist klar, dass ich bei der gegenwärtigen Wirtschaftslage keine große Pension zu erwarten habe, aber ich erwarte und verdiene eine ehrenhafte Verabschiedung. Trotzdem scheinen sich alle gegen mich und meine bescheidenen Wünsche verschworen zu haben.« Er funkelte Kong an und fügte hinzu: »Vor allem die rotznasigen jungen Hauptleute, die sich einbilden, die Welt erobern zu können.«
Er griff mit einem gemurmelten Fluch nach dem Telefonhörer und wählte. »Hauptmann, hier Oberst Cho, Kommandeur der Vierten Artilleriedivision. Ich möchte General Li sprechen.« Kong schluckte trocken. General Li befehligte das I. Korps, die größte und kampfstärkste Einheit der Volksarmee, und war Oberst Chos Vorgesetzter. Cho runzelte verärgert die Stirn, dann sagte er:
»Also gut, geben Sie mir Oberst Ban, seinen Stellvertreter... Ich weiß, dass alle Gespräche außerhalb der gewöhnlichen Dienstzeit über die BKZ in Sunan laufen müssen, Hauptmann, aber unsere Sprechverbindung nach dort
Weitere Kostenlose Bücher