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Lautlose Jagd

Lautlose Jagd

Titel: Lautlose Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Brown
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zertrampeltes, blutgetränktes Land, das siegreiche Eroberer aufgeteilt hatten. Aber da willkürlich gezogene Grenzen die sozialen und kulturellen Belange einer Nation fast nie berücksichtigen, hörte der Krieg für Staaten wie Südkorea niemals auf.
    Kims Land hatte seit Jahrhunderten unter Fremdherrschaft oder politischer und gesellschaftlicher Schizophrenie gelitten. Wie mochte das sein? Es klang wie ein endlos fortgesetzter Bürgerkrieg.
    Martindale stellte fest, dass Kim ihm mit leichtem Lächeln zunickte, bevor sein Gesicht wieder maskenhaft starr wurde. Man hätte glauben können, er wisse, was Martindale durch den Kopf gegangen war, und danke ihm dafür, dass er versuchte, die schwierige Lage Südkoreas zu verstehen. Kim war dem Präsidenten unheimlich, auch wenn Martindale sich das nicht anmerken ließ.
    Nicht nur in seinem Heimatland, auch in seinem Kopf wütet ein Krieg, dachte der Präsident.
    Jerrod Hale, dem Kims trotziger Blick auffiel, veränderte seine Haltung leicht. Das hatte die gewünschte Wirkung: es machte Kim auf ihn aufmerksam. »Ich hoffe, dass Sie die Besichtigung unserer militärischen Einrichtungen informativ finden, General Kim«, sagte Hale, als Kim ihn ansah. Sein Tonfall war neutral, weder allzu freundlich noch herausfordernd. Als sein Dolmetscher ihm übersetzte, was Hale gesagt hatte, verbeugte Kim sich, ohne jedoch zu antworten. Die beiden Männer starrten sich unverwandt an. Aber der ehemalige Staatsanwalt Jerrod Hale, der später Polizeipräsident von Los Angeles gewesen war, bevor er in die Politik ging, ließ sich von niemandem einschüchtern. Aus seinem Blick sprach das Bewusstsein, im Zentrum einer Weltmacht neben dem mächtigsten Mann der westlichen Welt zu stehen. General Kim gab schließlich nach und senkte respektvoll den Blick.
    »Mr. President, ich wollte Ihnen persönlich sehr beunruhigendes und Besorgnis erregendes Beweismaterial überbringen, das vor kurzem in unseren Besitz gelangt ist«, fuhr Minister Kang fort. Er nahm eine Mappe aus seinem Aktenkoffer. »Ich entschuldige mich im Voraus, falls diese Aufnahmen Ihr Feingefühl verletzen. Ich habe sie nur mitgebracht, weil sie den ganzen Ernst der Lage illustrieren.«
    Martindale betrachtete sie, kniff nachdenklich die Augen zusammen und gab sie dann wortlos an Vizepräsidentin Whiting weiter. Sie holte erschrocken Luft, als sie das Foto der verstümmelten, ausgezehrten Leiche des nordkoreanischen Jagdfliegers sah. »Ich bitte um Ihre Erläuterungen, Minister Kang«, sagte Martindale.
    »Dieser dem Hungertod nahe, fast erfrorene Mann war Pilot eines nordkoreanischen Jagdbombers, der über der Republik Korea abgeschossen wurde«, antwortete Kang. »Er war auf dem Flug nach Seoul.«
    »Ein Jagdbomber?«, fragte Verteidigungsminister Chastain.
    »Ein mit zwei Bomben bewaffneter Jagdbomber auf einem Selbstmordeinsatz«, bestätigte General Kim durch seinen Dolmetscher. »Mit zwei Atombomben.«
    Whiting stand vor Überraschung der Mund offen; Chastain und der Präsident wechselten einen entsetzten Blick. »Großer Gott!«, sagte Martindale erschrocken. »Scharfe Bomben? Voll funktionsfähig? Mit wie viel Sprengkraft?«
    »Ältere, aber voll funktionsfähige Bomben chinesischer Bauart mit schätzungsweise sechshundert Kilotonnen Sprengkraft«, antwortete Kang. Er übergab Chastain einen Cliphefter. »Dies ist eine Analyse der Waffen, die unser militärischer Nachrichtendienst vorgenommen hat. Tatsächlich handelt es sich bei den Bomben um den chinesischen Standardtyp eines Gefechtskopfs für ballistische Mittelstreckenraketen, der für diese Verwendung modifiziert wurde. Ein ziemlich veraltetes Modell, das nicht sonderlich effizient oder zuverlässig ist. Vom kommunistischen China wegen seiner Größe, seines Gewichts und seiner fehlenden Sicherheitseinrichtungen schon vor Jahrzehnten ausgemustert.«
    »Sind die Atombomben beim Abschuss des Flugzeugs zerstört worden?«, fragte Chastain.
    »Nein.«
    »Sie haben sie also geborgen?« Außenminister Kang nickte.
    »Waren sie intakt?«
    »Ja, Sir«, antwortete Kang. »Die Bomben haben entscheidend dazu beigetragen, das riesige Puzzle zu vervollständigen, an dem unsere Geheimdienste seit Jahren arbeiten. Wir haben schon immer vermutet, der Norden besitze Kernwaffen, aber seit wir die Bestandteile dieser Bomben untersucht haben, ist es uns gelungen, die Standorte mehrerer Einrichtungen für Herstellung und Lagerung dieser und anderer Massen-Vernichtungswaffen mit größter

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