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Lautloses Duell

Titel: Lautloses Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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ist.«
    »Und der ist jetzt … was denn? Außer Gefecht? Gefesselt und geknebelt?«
    »So was in der Art.«
    Phate nickte. »Und da er nicht gesehen hat, dass du es warst, erzählst du ihm hinterher, ich sei es gewesen.«
    Jetzt nickte Gillette. »Denke schon.«
    Ein bitteres Lachen. »Ich habe vergessen, was für ein verflucht guter MUDTaktiker du gewesen bist. Du warst immer der Stille bei den Knights of Access, du warst der Poet. Aber du hast ein verdammt gutes Spiel gespielt.«
    Gillette zog ein Paar Handschellen aus der Tasche. Er hatte sie zusammen mit der Pistole von Backles Gürtel abgenommen, nachdem er den Agenten vor der Teeküche niedergeschlagen hatte. Eine Attacke, die ihm weitaus weniger Gewissensbisse bereitet hatte als erwartet. Er warf Phate die Handschellen hin und wich einen Schritt zurück. »Leg sie an.«
    Der Hacker nahm sie, schlang sie aber nicht um seine Handgelenke, musterte Gillette nur einen langen Augenblick. »Darf ich dir noch eine Frage stellen?«, sagte er dann. »Warum bist du auf die andere Seite übergewechselt?«
    »Die Handschellen«, murmelte Gillette und deutete mit der Pistole darauf. »Leg sie an.«
    Doch Phate sagte leidenschaftlich: »Komm schon, Mann. Du bist ein
Hacker.
Du wurdest dazu geboren, im Blauen Nichts zu leben. Wie kommst du auf den Gedanken, für
die
zu arbeiten?«
    »Ich arbeite für sie, gerade
weil
ich ein Hacker bin«, fuhr ihn Gillette an. »
Du
bist keiner. Du bist nichts weiter als ein Mörder, der zusätzlich zu seinem Messer auch noch einen Computer benutzt. Das hat mit Hacken rein gar nichts mehr zu tun.«
    »Hacken dreht sich einzig und allein um Zugriff. So weit wie möglich in andere Systeme eindringen.«
    »Aber du hörst nicht bei der Festplatte auf, Jon. Du musst auch noch in den Körper deiner Opfer eindringen.« Er wedelte mit der Hand wütend in Richtung der Tafel, auf der die Fotos von Lara Gibson und Willem Boethe befestigt waren. »Warum? Du bringst Leute um. Das sind keine Figuren, die nur aus Bytes bestehen. Es sind menschliche Wesen. Menschen.«
    »Echt? Ich sehe nicht den geringsten Unterschied zwischen einem Code und einem menschlichen Wesen. Beide wurden geschaffen, um einem bestimmten Zweck zu dienen, und dann sterben sie, um von einer verbesserten Version ersetzt zu werden. Innerhalb oder außerhalb einer Maschine, innerhalb oder außerhalb eines Körpers, Zellen oder Elektronen, da gibt es keinen Unterschied.«
    »Selbstverständlich gibt es einen Unterschied, Jon.«
    »Findest du?«, fragte er lächelnd. »Überleg doch mal. Wie entstand das Leben auf der Erde? Ein Blitz schlägt in diese Ursuppe aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Phosphaten und Schwefel ein. Jedes Lebewesen besteht aus diesen Elementen, jedes Lebewesen funktioniert nur auf Grund dieser elektrischen Impulse.« Er hob die Hände, als wüsste das jedes Kind.
    »Spar dir deine kranke Philosophie für die Kids in den Chatrooms auf, Jon. Maschinen sind wunderbare Spielzeuge. Sie haben die Welt ein für alle Mal verändert. Aber sie leben nicht. Sie haben keinen Verstand.«
    »Seit wann ist Verstand die Voraussetzung für Leben?«, lachte Phate laut auf. »Die Hälfte der Bevölkerung dieses Planeten ist dumm, Wyatt. Sie haben nicht mehr Verstand als trainierte Hunde oder Delfine.«
    »Um Himmels willen, was ist nur mit dir geschehen? Hast du dich so sehr in der Maschinenwelt verloren, dass du nicht mal mehr den Unterschied kennst?«
    Phates graue Augen weiteten sich vor Zorn. »In der Maschinenwelt verloren? Ich
habe
keine andere Welt! Und wessen Schuld ist das?«
    »Was meinst du damit?«
    »Jon Patrick Holloway hatte ein Leben in der realen Welt. Er lebte in Cambridge, er hatte Freunde, er verabredete sich zum Essen, er ging mit Mädchen aus. Ein Leben so real wie das Leben aller anderen. Und weißt du, was? Es hat ihm
gefallen
! Er wäre irgendwann jemandem begegnet, er hätte eine Familie gegründet.« Seine Stimme brach. »Aber was ist dann passiert? Sein Judas, Valleyman, wandte sich gegen ihn und vernichtete ihn. Der einzige Ort des Rückzugs, der mir noch blieb, war die Maschinenwelt.«
    »Dummes Geschwätz«, konterte Gillette gelassen. »Dein reales Ich hat Code und Hardware geklaut und den Notruf lahm gelegt. Jon Holloways ganzes Leben war nichts als Fassade.«
    »Aber es war immerhin
etwas
! Es war das Beste, was ich jemals als ›Leben‹ erfahren habe!« Phate schluckte, und einen Augenblick fragte sich Gillette, ob er tatsächlich

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