Lautloses Duell
verschwunden gewesen.
»Ist das nicht eigenartig? Sie wurden wohl versehentlich gelöscht.«
»Von wegen versehentlich«, knurrte Gillette.
Dann sagte Bishop zu dem Hacker: »Bringen wir seine Kiste zur CCU. Mit etwas Glück finden wir einen Hinweis auf sein Opfer an der Uni. Wir sollten uns beeilen.«
Gillette empfand die gleiche Ungeduld wie der Detective, denn er erinnerte sich an eines der Ziele des MUDGame Access: so viele Leute wie möglich zu töten – innerhalb einer Woche.
Johnson und Bishop gaben den Tatort frei, Linda Sanchez beschriftete die Asservatenanhänger und packte Phates Ausrüstung zusammen.
Das Team eilte zu den Wagen und fuhr schleunigst zur CCU-Zentrale zurück.
Gillette teilte Patricia Nolan mit, dass die Festnahme gescheitert war.
»Wieder hat ihm Shawn den entscheidenden Tipp gegeben«, seufzte sie.
Sanchez übergab Phates Maschine an Gillette und Nolan und nahm den nächsten Anruf entgegen.
»Woher wusste er, dass wir das Haus stürmen?«, fragte Tony Mott. »Ich kapier das nicht.«
»Mich interessiert nur eines: Wer, zum Teufel,
ist
Shawn?«, murmelte Shelton.
Obwohl er zweifellos zu diesem Zeitpunkt keine Antwort auf seine Frage erwartete, wurde sie ihm prompt geliefert.
»Ich weiß, wer«, sagte Linda Sanchez mit entsetzter, halb erstickter Stimme. Sie starrte ihre Kollegen an und legte geistesabwesend den Hörer auf. Die Frau schnippste mit den rot lackierten Fingernägeln und sagte dann: »Das war eben der SysAdmin von ISLEnet. Vor zehn Minuten hat er jemanden beim Knacken von ISLEnet ertappt, um über das Partnersystem in die Datenbank des Außenministeriums zu gelangen. Der User war Shawn. Der SysAdmin hat den Zugang verweigert und sich genauer angesehen, worauf Shawn es abgesehen hatte. Er war gerade dabei, das System des Außenministeriums zu veranlassen, zwei vordatierte Reisepässe auf falsche Namen auszustellen. Der SysAdmin hat die Fotos erkannt, die Shawn durch sein System scannen wollte. Eines davon zeigt Holloway.« Sie holte tief Luft. »Das andere Stephen.«
»Welchen Stephen?«, fragte Tony Mott begriffsstutzig.
»Stephen Miller«, antwortete Sanchez und fing an zu weinen. »
Er
ist Shawn.«
Bishop, Mott und Sanchez standen in Millers Arbeitskubus und durchsuchten seinen Schreibtisch.
»Ich kann’s nicht fassen«, sagte Mott trotzig. »Dieser Phate hat uns wieder an der Nase herumgeführt.«
»Aber wo ist Miller jetzt?«, fragte Bishop. Patricia Nolan sagte, sie sei, als das restliche Team in Phates Haus war, die ganze Zeit über in der CCU gewesen, und Miller habe nicht angerufen. Sie hatte sogar versucht, ihn in den Computerabteilungen mehrerer Hochschulen aufzustöbern, ihn aber nirgendwo auftreiben können.
Mott fuhr Millers Computer hoch.
Auf dem Bildschirm forderte der Prompt das Passwort ein. Mott probierte es auf die harte Tour – ein paar nahe liegende Vermutungen, Geburtstage, zweiter Vorname und so was.
Gillette betrat seinen Cubide und lud sein Crack-it-Programm auf den Rechner. Nach wenigen Minuten war das Passwort geknackt und Gillette in Millers Maschine. Es dauerte nicht lange, bis er Dutzende von Nachrichten an Phate unter Millers Usernamen Shawn fand, der sich via Monterey On-Line ins Netz eingewählt hatte. Die Nachrichten selbst waren verschlüsselt, doch die Header ließen keinen Zweifel an Millers wahrer Identität aufkommen.
»Aber … Shawn ist ein brillanter Kopf«, sagte Patricia Nolan. »Im Vergleich zu ihm war Stephen nur ein Amateur.«
»Social Engineering«, kommentierte Bishop.
Gillette war ganz seiner Meinung. »Er musste sich dumm stellen, damit wir ihn nicht verdächtigen. Dabei hat er Phate die ganze Zeit über mit Informationen versorgt.«
»Wegen ihm ist Andy Anderson tot«, murmelte Mott. »Er hat ihn in die Falle gelockt.«
»Und jedes Mal, wenn wir Phate zu nahe kamen, hat Miller ihn gewarnt«, murmelte Shelton.
»Hat der SysAdmin eine Ahnung, von wo aus Miller sich einhackte?«, fragte Bishop.
»Nein, Boss«, antwortete Sanchez. »Er hat einen absolut wasserdichten Anonymizer benutzt.«
Bishop wandte sich an Mott. »Diese Schulen, bei denen er Computerzeit bucht – könnte die Northern California dazugehören?«
»Keine Ahnung. Wäre gut möglich.«
Bishops Telefon klingelte. Er hörte zu und nickte. Dann legte er auf und sagte: »Das war Huerto.« Bishop hatte Ramirez und Morgan gleich nach dem Anruf von ISLEnet SysAdmin zu Millers Haus geschickt. »Millers Wagen ist weg. Sein Arbeitszimmer
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