Lautloses Duell
und freute sich über jede Gelegenheit, bei der er sich wieder einloggen durfte.
Diese E-Mail beinhaltete nur eine sehr kurze Nachricht hinsichtlich einer ausgeführten Reparatur in der Kanalisation.
Die Nachricht, die Alanis jedoch erhielt, lautete ein wenig anders als die, die vom ramponierten Compaq des Arbeiters abgeschickt worden war. In seine holprige, per Adler-Suchsystem erstellte Prosa verpackt, reiste ein wenig zusätzliche Information mit: ein Trapdoor-Dämon.
Nachdem er die ahnungslose Alanis befallen hatte, löste sich der Dämon von der E-Mail und vergrub sich tief im Betriebssystem des Rechners.
In zwölf Kilometern Entfernung verschaffte sich Phate über seinen eigenen Computer Root-Zugang, sah sich rasch in Alanis’ Verzeichnissen um und fand kurz darauf die Befehle, die er suchte. Er notierte sie sich auf einem Notizzettel und wechselte ins Root-Verzeichnis zurück, las die Notiz durch, tippte dann »permit/g/segment-*« ein und drückte auf Enter. Wie fast alle Befehle auf der Betriebssystemebene war auch dieser hier sehr kryptisch, zog aber konkrete Konsequenzen nach sich.
Als Nächstes löschte Phate das manuelle Override-Programm und veränderte das Passwort in ZZY?a##9/%48?95, eine Symbolgruppe, die kein Mensch jemals erraten konnte und für die selbst ein Supercomputer mehrere Tage brauchte, um sie zu knacken.
Dann loggte er sich aus.
Als er sich erhob, um seine wenigen Habseligkeiten für die Flucht aus dem Silicon Valley zusammenzupacken, hörte er aus der Ferne die Geräusche unter dem Abendhimmel bereits lauter werden, eine Musik, die den Erfolg seiner kleinen Fingerübung bestätigte.
Der kastanienbraune Volvo fuhr über die Kreuzung am Stevens Creek Boulevard und fing drei Meter von der Beifahrertür von Bishops Dienstwagen entfernt zu schlingern an.
Vor Entsetzen wie gelähmt, starrte der Fahrer dem drohenden Zusammenprall entgegen.
»Mann, pass auf!«, schrie Gillette und riss instinktiv schützend den Arm vors Gesicht, drehte den Kopf nach links und schloss die Augen, als der berühmte diagonale Chromstreifen auf dem Kühler des schwedischen Wagens direkt auf ihn zuraste.
»Ich hab’s im Griff«, sagte Bishop ruhig.
Vielleicht war es reiner Instinkt, vielleicht lag es an der Fahrerausbildung für Polizisten im Einsatz, jedenfalls entschied sich der Detective dafür, nicht in die Eisen zu steigen, sondern das Gaspedal bis zum Anschlag durchzutreten, woraufhin der Crown Victoria einen Satz nach
vorne,
auf den heranrauschenden Volvo zu machte. Das Manöver erwies sich als erfolgreich. Die Wagen verfehlten sich nur um Zentimeter, und der Volvo krachte gegen den vorderen Stoßdämpfer des Porsche hinter dem Polizeiauto. Bishop brachte den Wagen wieder unter Kontrolle und hielt an.
»Dieser Idiot ist einfach bei Rot drüber!«, murmelte Bishop und zog sein Funkgerät vom Armaturenbrett, um den Unfall durchzugeben.
»Nein, ist er nicht«, sagte Gillette, der sich umgedreht hatte und nach hinten schaute. »Sehen Sie doch – beide Ampeln zeigen Grün!«
An der nächsten Ampel vor ihnen standen ebenfalls zwei Autos mit qualmenden Kühlerhauben ineinander verkeilt mitten auf der Kreuzung.
Das Funkgerät quäkte, und mit einem Mal überschlugen sich Meldungen von Verkehrsunfällen und falsch geschalteten Ampelanlagen. Sie lauschten der anschwellenden Kakophonie ein paar Sekunden.
»Sämtliche Ampeln stehen auf Grün!«, sagte der Detective. »Im ganzen Landkreis. Das ist Phate, stimmt’s? Er hat das getan.«
Gillette lachte herb. »Er hat die öffentliche Versorgung geknackt und sich einen Nebelvorhang geschaffen, hinter dem er und Shawn abhauen können.«
Bishop fuhr wieder an, doch in diesem Durcheinander kamen sie nur sehr langsam voran. Das Blinklicht hinter der Windschutzscheibe bewirkte kaum etwas. Bishop schaltete es aus. Durch das Blöken der Autohupen rief er: »Was können die bei der öffentlichen Versorgung tun, um es zu reparieren?«
»Wahrscheinlich hat er ihr System lahm gelegt oder ein bombensicheres Passwort eingebaut. Das heißt, sie müssen alles von den Sicherungsbändern neu laden. Das dauert Stunden.« Der Hacker schüttelte den Kopf. »Aber auf diese Weise steckt er selbst im Verkehr fest. Was bezweckt er damit?«
»Jede Wette, dass er nicht weit weg von der Schnellstraße wohnt«, meinte Bishop. »Vielleicht gleich neben einer Auffahrt zur 280. Genau wie die Northern-California-Uni. Er bringt sein nächstes Opfer um, fährt gleich wieder auf die
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