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Lautloses Duell

Titel: Lautloses Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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ist.«
    »Dann dürften Sie das verstehen. Bob hatte einen Sohn.«
    Hatte?
    »Er liebte seinen Sohn über alles, so wie Ihr Vater Sie liebt. Aber der Junge kam vor einigen Jahren bei einem Autounfall ums Leben. Er war sechzehn. Seither ist Bob nicht mehr der Alte. Ich weiß, es ist viel verlangt, aber vielleicht könnten Sie etwas Nachsicht mit ihm üben.«
    »Tut mir Leid.« Gillette dachte an seine eigene Exfrau. Daran, wie er Stunden um Stunden im Gefängnis verbracht und sich gewünscht hatte, er wäre noch verheiratet, dass er und Ellie einen Sohn oder eine Tochter hätten, und wie er sich gefragt hatte, wie, zum Teufel, er es geschafft hatte, die ganze Geschichte so gründlich in den Sand zu setzen und sämtliche Chancen zu versieben. »Ich werd’s versuchen.«
    »Vielen Dank.«
    Sie gingen in den zentralen Raum zurück, wo sich Gillette sofort wieder vor den Bildschirm setzte. Bishop nickte in Richtung Parkplatz. »Wir fahren rüber zum
Vesta’s Grill

    Tony Mott stand auf. »Wie wär’s, wenn ich mitkomme, Detective?«
    »Warum?« Bishop zog die Stirn kraus.
    »Dachte nur, vielleicht kann ich was helfen … Die Computerseite ist ja hier bei Wyatt, Patricia und Stephen in besten Händen, und ich dachte, ich könnte mich an der Befragung von Zeugen beteiligen oder so.«
    »Haben Sie denn schon jemals Zeugen befragt?«
    »Klar.« Nach einigen Augenblicken wandte er den Blick ab. »Na ja, nicht direkt auf der Straße nach einem Verbrechen. Aber ich habe schon viele Leute online interviewt.«
    »Danke, später vielleicht, Tony. Ich glaube, diesmal reicht’s, wenn Bob und ich allein gehen.« Damit verließ er das Büro.
    Der junge Polizist widmete sich deutlich enttäuscht wieder seinem Computer. Gillette fragte sich, was ihn mehr wurmte: Hier zu bleiben und sich einem Zivilisten unterzuordnen, oder die verpasste Gelegenheit, seine übergroße Pistole zum Einsatz zu bringen, deren Griff dem Büromobiliar ohnehin nicht allzu gut tat.
    Kurz darauf dachte er jedoch nicht mehr an Tony Mott, sondern programmierte seinen Bot zu Ende.
    »Fertig«, verkündete er, ging online und gab die Befehle ein, die seine Schöpfung hinaus in das Blaue Nichts entließen.
    Nolan beugte sich zum Bildschirm. »Viel Glück«, flüsterte sie. »Gute Reise.« Wie die Frau eines Kapitäns, die am Hafen steht und ihrem Mann nachwinkt, der eine gefahrvolle Reise in tückisches Gewässer antritt.
    Wieder piepte seine Kiste.
    Phate blickte von dem Lageplan auf, den er sich aus dem Netz heruntergeladen hatte – St. Francis Academy und nähere Umgebung –, und sah eine weitere Mail von Shawn.
    Er öffnete sie und las sie durch. Noch mehr schlechte Nachrichten. Die Polizei kannte seinen richtigen Namen. Wie hatten sie das so schnell geschafft? Er konnte es sich nicht erklären.
    Trotzdem, die Sache war noch nicht verloren. Jon Patrick Holloway verbarg sich unter so vielen Schichten aus falschen Personen, Masken und Adressen, dass es keine Verbindungen zu der Person gab, die er jetzt darstellte. Andererseits bekamen sie jetzt ein Foto von ihm in die Hände (manche Aspekte der Vergangenheit kann man einfach nicht per Löschbefehl ausradieren) und verteilten es zweifellos in der ganzen Gegend. Wenigstens war er gewarnt. Er musste sich eben noch geschickter tarnen.
    Andererseits: Worin lag der Reiz eines MUDGame, das keine besondere Herausforderung darstellte?
    Er schaute auf die Uhr auf seinem Monitor: 16 Uhr 15. Zeit, sich zum Spiel des Tages zur St. Francis Academy aufzumachen. Er hatte noch über zwei Stunden Zeit, aber bis dahin musste er sich noch vergewissern, ob sich die Rundgänge der Sicherheitsleute geändert hatten. Außerdem wusste er, dass der kleine Jamie Turner bestimmt schon ganz nervös war und womöglich vor der verabredeten Zeit aus der Schule entwischte und schon mal um den Block streunte.
    Phate ging in den Keller hinunter und nahm alles, was er brauchte, aus der großen Kiste – sein Messer, eine Pistole, Klebeband.
    Dann ging er ins Bad im Erdgeschoss und holte aus dem Schränkchen unter dem Abfluss eine Spritzflasche aus Plastik hervor. Sie enthielt eine Flüssigkeit, die er schon vorher zusammengemischt hatte. Obwohl die Flasche verschlossen war, stieg ihm das stechende Aroma der Chemikalien in die Nase.
    Nachdem er alles beisammen hatte, ging er zurück ins Esszimmer und schaute nach, ob Shawn ihm noch weitere Warnungen hatte zukommen lassen. Falls ja, musste er seinen Anschlag heute Abend womöglich noch einmal

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