Lavinia & Tobais 01 - Liebe wider Willen
Arbeiten sind einzigartig, nicht wahr?«
Lavinia gelang ein Lächeln. »Sicher. Ich nehme an, Sie sind auch Kundin von ihr?«
»In der Tat. Ich bin schon seit Jahren Kundin in ihrem Laden.« Constance warf ihr einen höflich fragenden Blick zu. »Sie sagen, Sie sind auf Besuch aus Bath?«
»Ja.«
»Ich bin sehr oft dorthin gereist, um das Wasser zu genießen. Eine charmante Stadt, nicht wahr?«
Lavinia glaubte, sie würde durchdrehen, wenn sie diese verrückte Unterhaltung noch fortführen müsste. Wo war Tobias? Er hätte längst auf dem Ball erscheinen müssen.
Das Kichern und das Gelächter von unten konnte man hier oben nicht hören, in der Etage, in der Nevilles Schlafzimmer lag. Tobias stellte die Kerze auf die Anrichte. Schnell und methodisch begann er Schubladen und Schränke zu öffnen und wieder zu schließen.
Zehn Minuten später fand er den Brief in einer kleinen Schublade, die in einem der Schränke versteckt war. Er holte ihn hervor und trug ihn hinüber zu der Anrichte, wo seine Kerze stand.
Der Brief war an Neville gerichtet und von Carlisle unterschrieben. Er enthielt Ausgaben, Kosten und Gebühren für den Auftrag, den er in Rom angenommen und ausgeführt hatte.
Tobias wurde klar, dass er auf eine geschäftliche Abmachung blickte, die das Todesurteil für Bennett Ruckland gewesen war.
Neville nahm den Arm seiner Frau. »Wenn die Damen uns bitte entschuldigen wollen, ich glaube, ich habe Bennington dort drüben gesehen, in der Nähe der Treppe. Ich möchte gern mit ihm reden.«
»Ja, natürlich«, murmelte Joan.
Neville führte seine Frau schnell durch die Menge davon. Lavinia sah ihm nach und versuchte, das Paar im Auge zu behalten. Schon bald wurde deutlich, dass Neville nicht in Richtung Treppe ging. Stattdessen führte er Constance zu einer kleinen Gruppe von Frauen, die sich in der Nähe des
Eingangs zum Büffet unterhielten, und ging dann zur anderen Seite des Raumes hinüber.
»Verzeihen Sie mir«, murmelte Lavinia, »aber ich frage mich die ganze Zeit, ob Sie wirklich so weit gegangen sind, Neville und seine Frau zum Verlobungsball Ihrer Tochter einzuladen.«
Zu ihrer Überraschung lachte Joan. »Fielding hat mir gesagt, dass es nicht nötig sein würde, Lord und Lady Neville eine Einladung zu schicken. Er war ganz glücklich darüber, Neville nicht auf die Gästeliste zu setzen.«
»Das kann ich verstehen.«
»Nun«, meinte Joan, »jetzt haben Sie gesehen, wie man mit dem ärgerlichen Problem fertig wird, in der Gesellschaft einem früheren Geliebten zu begegnen, der sehr gut ein Mörder sein könnte.«
»Sie tun so, als sei nichts geschehen.«
»Ganz genau.«
Tobias steckte den Brief in seine Jacke, blies die Kerze aus und ging dann durch den Raum zur Tür. Er lauschte einen Augenblick. Als er im Flur draußen kein Geräusch hörte, verließ er das Schlafzimmer.
Die schmale Treppe, die für die Dienstboten gedacht war, lag am anderen Ende des Flurs. Er fand sie und ging hinunter in die tiefen Schatten.
Als er das Erdgeschoss erreicht hatte, blieb er noch einmal stehen. Von unten hörte er nur Schweigen. Die beiden Menschen, die er zuvor gehört hatte, waren entweder eingeschlafen oder sie hatten eine andere Beschäftigung gefunden, bei der nicht gekichert und gelacht wurde. Er nahm eher das Letztere an.
Er hatte gerade die Tür des Wintergartens geöffnet, als einer der riesigen Schatten im Flur sich von der Wand löste. Es gab gerade genug Mondlicht, um zu sehen, dass in der Hand des Mannes eine Pistole glänzte.
»Halt, Dieb!«
Tobias ließ sich auf den Boden fallen, er rollte durch die Öffnung und stieß hart gegen einen Pflanzenkübel aus Stein. Schmerz durchzuckte sein linkes Bein, doch der Schmerz kam nicht von einer Kugel, es war der ihm so wohl bekannte Protest seiner alten Wunde, deshalb ignorierte er ihn.
»Ich habe mir doch gedacht, dass ich jemanden auf der Hintertreppe gehört habe.«
Die Pistole ging los, ein Tontopf in der Nähe zersplitterte. Tobias warf einen Arm vor sein Gesicht, um seine Augen zu schützen.
Der Mann ließ die leere Pistole fallen und warf sich durch die Tür auf ihn. Tobias kam wieder auf die Beine, nur knapp entkam er dem Mann. Ein weiterer heftiger Schmerz warnte ihn, ehe sein Bein unter ihm nachgab. Er fiel nach vorn und versuchte, sich abzustützen.
Der Mann war wieder auf den Beinen. Die riesigen Hände an seinen ausgestreckten Armen sahen aus wie Klauen.
»Es wird keine Tricks mehr geben.«
Tobias gelang es, sich an
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