Lavinia & Tobais 03 - Skandal um Mitternacht
sorgfältig über die Bretter. Dann drehte er sich langsam auf dem Absatz um und betrachtete den Raum wie ein Falke auf Beutesuche. »Es muss hier irgendwo sein.«
»Was denn?«
»Seine Buchhaltung. Ich sagte schon, dass Eiland einen Kopf fürs Geschäft hatte. Er führte genaue Aufzeichnungen über seine Einkünfte.«
»Tobias«, sagte sie leise, »denk daran, dass wir es nicht mit Zachary Eiland zu tun haben, auch wenn die beiden bekannt gewesen sein mögen. Es besteht kein Grund zu der Annahme, dass er seine Geschäfte genauso führt wie der andere Memenoto-mori-Mann.«
»Da bin ich ganz anderer Meinung. Je mehr ich versuche, den gordischen Knoten dieses Falles zu lösen, desto größer scheint mir die Ähnlichkeit der von Eiland und dem neuen Mörder angewandten Methoden und Praktiken. Es ist, als hätten sie ihr Geschäft gemeinsam erlernt.«
»Oder möglicherweise hat der eine es dem anderen beigebracht?«, sagte sie voller Unbehagen.
»Genau.«
Als Tobias in den kleinen Zwischenraum zwischen Schreibtisch und Wand spähte, verriet sein verärgerter Ausdruck, dass auch dort nichts versteckt war. Er ging zu einem Tischchen in der Ecke und zog das kleine Schubfach auf.
»Ich wusste es«, brummte er zufrieden. Er griff in die Lade und zog ein in Leder gebundenes Notizbuch hervor.
»Was ist das?« Sie ging zu ihm und sah zu, wie er das Buch öffnete. Namen und Daten waren fein säuberlich verzeichnet. »Eher ein Terminkalender als ein Rechnungsbuch.«
»Du hast Recht.« Er blätterte darin. »Es ist nur eine Aufzeichnung seiner Termine und Kunden. Aber wenn wir Glück haben, sind seine Auftraggeber für die Morde auch verzeichnet.«
»Irgendwie glaube ich nicht, dass Pierce so unvorsichtig sein würde. Schließlich ist er ein Profi.«
»Das brauchst du mir nicht unter die Nase zu reiben.« Tobias holte Papier und Stift aus der Tasche und machte sich daran, die Namen der Kunden, die in letzter Zeit verzeichnet waren, zu notieren.
»Trotzdem ist es besser als gar nichts. Zumindest gibt es uns einen Hinweis auf die Termine der nächsten Tage. Das könnte uns weiterhelfen.«
Lavinia studierte die Namen. Einer sprang ihr geradezu entgegen. »Lady Huxford. Sieh doch, ein Termin am Dritten. Vierzehn Tage vor der Hausparty auf Beaumont Castle.«
»Damit ist eine Verbindung zwischen Lady Huxford und Pierce bewiesen, doch wussten wir dank deiner Beobachtung in Vauxhall bereits davon. Ich frage mich, ob wir ...« Tobias blätterte um und erstarrte, den Blick unverwandt auf eine der Eintragungen richtend. »Verdammt.«
»Was ist?«
Er legte den Finger auf den Namen. »Seine heutige Kundin.«
Sie warf einen Blick auf die Seite und spürte, wie ihr das Blut in den Adern erstarrte. »O Gott. Er ist bei Lady Wortham und frisiert ihre Tochter. Das also war die Prozedur, die Priscilla nicht allein über sich ergehen lassen wollte.«
»Ich glaube, man muss das Schlimmste annehmen. Das ist kein Zufall. Pierce weiß offensichtlich von Priscillas Beziehung zu Emeline und damit Emelines Beziehung zu dir. Zweifellos vereinbarte er diesen Termin, um von der besten Freundin deiner Nichte etwas über eventuelle Fortschritte unserer Ermittlungen zu erfahren.«
Hewlett-Packard
K apitel 26
Me ine liebe Miss Priscilla, man muss der Tatsache ins Auge sehen.« Mr Pierce fuhr mit dem Kamm durch die langen goldenen Haare Priscillas und begegnete dem Blick seiner Kundin im Spiegel. »Sie sind eindeutig blond.«
Priscillas Wangen röteten sich. »Mir ist klar, dass es nicht eben die allermodischste Farbe ist.«
Emeline saß verkrampft auf einem Stuhl unweit des Frisiertisches und fühlte sich, als spiele sie eine Rolle in einem merkwürdigen, alptraumähnlichen Theaterstück. Zu ihrer großen Erleichterung und unendlichen Bewunderung war Priscilla ohne Anzeichen von Nervosität in die Hauptrolle geschlüpft.
Zur Vorbereitung hatten sie knapp zehn Minuten gehabt.
Emeline war verdutzt, als sie, im Haus der Worthams angekommen, erfahren hatte, dass Lady Wortham für den Nachmittag einen Friseur bestellt hatte. Sie hatte gehofft, es handle sich um einen erstaunlichen Zufall, doch ihre Arbeit als Assistentin der Firma Lake & March hatte sie gelehrt, solchen Anlässen nicht zu trauen. Sie hatte Priscilla rasch über alles informiert, und diese hatte darauf beharrt, ihre Mutter dürfe nichts erfahren, da zu befürchten war, dass sie in Panik geraten würde, wenn sie entdeckte, dass sie für die Frisur ihrer Tochter einen Mörder
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