Lavinia & Tobais 03 - Skandal um Mitternacht
setzte Anthony hinzu.
»Um Himmels willen«, grollte Emeline. »Ihr könnt ganz beruhigt sein, wir sind nicht in Gefahr. Da Pierce nun die gewünschte Information hat, braucht er uns nicht mehr.«
»Ja, das ist genau der Punkt«, schoss Anthony zurück.
Emeline fiel sein scharfer Ton auf, doch noch ehe sie eine gebührende Erwiderung äußern konnte, nahm er ihren Arm und zog sie zum Tor.
»Ich glaube auch nicht, dass wir in Gefahr schweben«, sagte Priscilla rasch.
»Der Mann ist ein Mörder.« Dominic fasste unter ihren Ellbogen. »Außerdem haben Tony und ich keine Zeit für einen Spaziergang im Park. Vor uns liegt Arbeit.«
»Welche Arbeit?«, wollte Emeline wissen und machte ein paar Hüpfer, um mit Anthonys langen Schritten mithalten zu können.
»Wir sollen Pierce rund um die Uhr beschatten«, sagte Anthony. »Dazu bedarf es einiger Vorbereitungen und deshalb müssen wir euch nach Hause bringen.«
Jetzt reicht es, dachte Emeline. »Sei so nett und behandle uns nicht wie zwei dumme Gänse, die man nicht allein vors Haus lassen kann. Ich möchte dich erinnern, dass Priscilla und ich es heute mit einem Mörder zu tun hatten. So ganz unbedarft sind wir nicht.«
»Ganz recht«, sagte Priscilla ähnlich empört.
Anthony wandte den Kopf und musterte Emeline finster. Die Strahlen der Spätnachmittagssonne fielen unter die schräge Hutkrempe und gestatteten ihr nun erst einen Blick auf sein Gesicht.
»Ihr Auge!« Sie blieb unvermittelt stehen und vollführte eine Drehung, um Dominics leicht abgewendete Züge genauer anzusehen. »Und am Kinn ein dunkler Fleck. O Gott, hat der Mörder Sie gestern angegriffen? Wie ist es passiert? Warum erfuhren wir nichts?«
»Verdammt.« Dominic verzog sein Gesicht und zuckte zusammen, als er die Kieferpartie berührte. »Ich kann Sie beruhigen, es war nicht Pierce, der mir das zufügte.«
»Bestimmt nicht.« Anthony lief rot an. »Verdammt noch mal, der Kerl ist doch Friseur.«
»Und ein professioneller Mörder, wenn Mr March und Tante Lavinia die richtigen Schlüsse zogen«, hob Emeline hervor. »Aber wenn es nicht Mr Pierce war, der Ihnen das angetan hat, wer dann?«
Anthony wechselte mit Dominic einen undeutbaren Blick und zuckte dann die Schultern.
»Letzte Nacht war es auf der Straße vor Piere' Wohnung ziemlich finster«, sagte er. »Ich stieß zufällig gegen einen Torpfosten aus Stein.«
»Ich verstehe.« Emeline nickte. »Tore können äußerst gefährlich sein.«
Priscilla bedachte Dominic mit einem viel sagenden Blick. »Und Sie, Sir? Hatten Sie ähnliches Pech?«
»Ich strauchelte auf der Treppe«, nuschelte Dominic. »Und prallte gegen das Geländer.«
Hewlett-Packard
Kapitel 28
K urz vor Mitternacht an jenem Abend öffnete Anthony die Tüte mit Törtchen, die er vor Einbruch der Dunkelheit von einem Händler erstanden hatte, und holte eines der zwei letzten hervor, ehe er den Snack Dominic reichte, der an der gegenüberliegenden Mauer des schmalen Gässchens lehnte.
Dominic bediente sich mit dem letzten Stück.
»Morgen kaufe ich mehr davon«, versprach Anthony mit vollem Mund.
»Unsere Schuld, dass sie uns so rasch ausgingen«, rief Dominic ihm in Erinnerung. »Rückblickend hätten wir unseren Bestand nicht mit den zwei Straßenjungen teilen sollen, die die Nacht im Eingang des Kurzwarenladens verbrachten.«
Anthony dachte an die zwei Bengel, nicht älter als acht oder neun, keck, unverschämt und gerissen wie Zwanzigjährige. Außerdem hatten sie so hungrig ausgesehen, dass weder er noch Dominic umhin konnten, ihnen von ihrem Vorrat etwas abzugeben. Das Gespann war mit den Schätzen begeistert davongeeilt und hatte sich in einem Eingang am anderen Ende der Straße niedergelassen.
»Vielleicht könnte ich Whitby überreden, dass er uns eine ganze Ladung macht«, sagte Anthony. »Außerdem werde ich ihn bitten, uns wieder mit Lachs und kaltem Huhn zu versorgen.«
»Ausgezeichnete Idee. Sag ihm, er solle uns diesmal die doppelte Menge für den Fall mitgeben, dass die zwei Jungens morgen wieder dort hocken.« Dominic verdrückte sein Törtchen. »Aber eventuell ist es gar nicht nötig. So wie es aussieht, wird die Sache bald ein Ende finden. March scheint ganz sicher zu sein, dass Pierce bald etwas unternimmt. Er sagt, der Friseur sei nicht nur arrogant, er wird auch von dem Verlangen verzehrt, den Beweis zu erbringen, dass er so gut ist wie der letzte Mementomori-Mann.«
Die Zeit verstrich. Draußen auf der Straße verschob sich langsam
Weitere Kostenlose Bücher