Lavinia & Tobais 03 - Skandal um Mitternacht
ihm gewogen sein.
Er sah sofort, dass Swaine tatsächlich gewissenhaft Buch geführt hatte. Jeder Verkauf war detailliert und mit Datum versehen eingetragen. Er suchte die neuesten Bände heraus und steckte sie unter den Arm.
Vielleicht hatte sich das Glück endlich zu seinen Gunsten gewendet.
Mit hoch erhobener Kerze durchschritt er noch einmal beide Räume und hielt nur inne, um die Fläche von Nachttisch und Waschtisch genau abzusuchen. Dann ließ er sich auf ein Knie nieder, um unter dem Bett nachzusehen. Nichts.
Eine Weile blieb er in der Mitte des Wohnzimmers stehen und dachte nach. Als Geistesblitze ausblieben, die ihm zu Erkenntnissen oder logischen Schlüssen verholfen hätten, ging er hinunter und überstieg sorgfältig mit einem großen Schritt den Toten.
Lavinia erwartete ihn im Hinterzimmer. »Was machen wir mit dem Leichnam? So können wir ihn nicht zurücklassen. Man weiß nicht, wann jemandem auffällt, dass etwas nicht stimmt.«
»Ich werde den zuständigen Behörden eine Nachricht zukommen lassen. Man wird die Sache ohne Aufsehen bereinigen. Es soll nicht allgemein bekannt werden, dass wir heute hier waren.«
»Warum nicht?«
»Je weniger der Mörder von unseren Fortschritten in diesem Fall erfährt, desto besser.« Er blies die Kerze aus und ging zur Hintertür voraus. »Obwohl wir keinen nennenswerten Fortschritt erzielen konnten, falls du nicht auf etwas Nützliches gestoßen bist.«
»Nein. Aber du hast Recht - das ist nicht das Werk eines Einbrechers. Nichts deutet darauf hin, dass auf der Suche nach Wertsachen die Schränke durchstöbert wurden.« Sie folgte ihm hinaus und schloss die Tür. »Was hast du unter dem Arm?«
»Swaines Abrechnungen vom letzten Halbjahr.«
»Glaubst du, das war der Laden, in dem der Mementomori- Mann die blonde Perücke erstand?«
»Ja, ich halte es für eine realistische Möglichkeit. Swaine wurde vor kurzem ermordet. Vermutlich erfuhr der Mörder von unseren Erkundigungen in den einschlägigen Geschäften und hielt es für besser, jenen Perückenmacher zum Schweigen zu bringen, der ihn hätte beschreiben können.«
»Du lieber Gott. Das heißt, dass wir ...«
»... zum Teil an Swaines Tod Schuld haben.« Er umfasste das Rechnungsbuch fester. »Ja, leider kann man die Situation auch so sehen.«
»Mir wird übel«, flüsterte sie.
»Wir müssen ihn finden, Lavinia. Es ist der einzige Weg, ihm das Handwerk zu legen.«
»Glaubst du, in dem Buch findet sich eine Spur?«
»Ich weiß es nicht und kann nur hoffen, dass es der Fall sein wird.« Er ging mit ihr bis ans Ende der Gasse. »Ich fand auch keinen Ring.«
Als sie ihn ansah, blieb ihre Miene im Schatten ihrer Kapuze verborgen. »Was meinst du, was dies bedeutet?«
»Da es kein Auftragsmord, sondern eine purer Notwendigkeit entspringende Tat war, ist sie für den Mörder kein Grund, sich damit zu brüsten.« Er warf einen Blick auf die Tür des toten Perückenmachers. »Sie fällt unter geschäftlichen Aufwand.«
Hewlett-Packard
Kapitel 17
D er Mementomori-Mann freute sich, dass der neue Auftrag so lukrativ sein würde. Gewiss, Sir Rupert entsprach als Opfer nicht in allen Punkten den von seinem Lehrmeister festgesetzten Anforderungen, doch waren diese nach seinem eigenen Dafürhalten ohnehin zu eng gefasst.
Es war ja gut und schön, wenn sein Mentor sich beharrlich an die moralischen Grundsätze der Firma gehalten hatte. Man durfte aber nicht vergessen, dass der Auftrag, Sir Rupert betreffend, ihm doppelt so viel Geld einbringen würde wie jedes einzelne der drei letzten Projekte. Dazu kam, dass es sich um eine einfache, unkomplizierte Aktion handelte. Sir Rupert war betagt und ans Bett gefesselt. Gewiss, sein einziges Vergehen war es, dass er in den Augen eines seiner sehr habgierigen Erben schon zu lange lebte, doch spielte das keine große Rolle.
Als Geschäftsmann mit Weitblick durfte man sich nicht von überholten Ehrbegriffen stören lassen.
Die Einzelheiten des neuen Auftrages würden auf die übliche anonyme Weise abgewickelt werden. Der Klient würde die ganze Summe am verabredeten Ort in dem Gässchen hinter der Bond Street hinterlegen und der Mementomori-Mann würde sein Honorar später abholen, wenn jede Möglichkeit auszuschließen war, dass er beobachtet wurde.
Das Geschäft kam hübsch in Schwung. Mundpropaganda war immer noch die beste Werbung. Dazu kam, dass das gefährliche Kräftemessen mit March eine geradezu euphorische Erregung bewirkte, mit der keine Droge sich
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