Lavinia & Tobais 03 - Skandal um Mitternacht
sprudelt dort ebenso reichlich.«
»So ist es.«
»Das Gerücht von Sweet Neds Auftrag benötigte nicht lange, um Ihrem Freund Jack im Gryphon zu Ohren zu kommen.«
»Jack fischt in meinem Auftrag diesen Teich auch weiterhin ab. Mit etwas Glück wird er etwas Nützliches an Land ziehen.«
»Hat er Eiland betreffend etwas entdeckt?«
»Noch nicht.«
Crackenburnes Brauen zogen sich über den Brillenrändern zusammen. »Wissen Sie, Ihre Bemerkung, dass Eiland mit Absicht Slums und ärmere Gegenden mied, fand ich sehr interessant und dachte viel darüber nach. Sie könnten Recht haben. Er hielt sich für eine besondere, eine elegante Spezies von Mörder und sah es mit einem gewissen Berufsstolz, dass er sich in der guten Gesellschaft und nicht in der Spiegelbildwelt, von der Sie sprachen, bewegte.«
»Ich weiß noch, dass er sich immer weigerte, wenn ich ihn bat, mir zu helfen, in einer Hafenkneipe oder in einem Bordell Informationen zu sammeln. Er behauptete, dass er in dieser Umgebung nicht heimisch sei und daher nicht von Nutzen sein könne. Rückblickend glaube ich, dass er jene, die er als gesellschaftlich unter ihm stehend ansah, nicht nur verachtete, sondern dass seine Haltung ein Element der Furcht an sich hatte.«
Crackenburne nickte nachdenklich. »Er wäre nicht der Erste, der ein solches Gefühl hinter äußerlicher Verachtung verbirgt.«
»Ich hoffe, dass Eiland guten Grund hatte, sich vor den Slums zu hüten.«
Crackenburne runzelte die Stirn. »Warum das?«
»Wenn er aus dieser Welt kam, wäre es nur sinnvoll, dass er das Risiko nicht eingehen wollte, dorthin zurückzukehren.«
»Aus Angst, erkannt zu werden?«
»Oder weil er befürchtete, bei jemandem die Erinnerung zu wecken. Wer weiß? Was immer die Antwort in Eilands Fall ist, unser neuer Mementomori-Mann teilt diese Hemmung nicht. Er war gewillt, eine berüchtigte Gegend aufzusuchen, nur um Sweet Ned zu finden.«
»Vielleicht war er einfach verzweifelt.«
»Trotzdem kann ich hoffen, dass er Spuren hinterließ, als er dort Beistand suchte.«
»Ich wünsche Ihnen W a idmannsheil.« Crackenburne räusperte sich. »Ach, übrigens habe ich in einer anderen Sache eine Neuigkeit für Sie.«
Tobias erstarrte. »Dominic Hood?«
Crackenburne lehnte sich zurück. »Ich weiß nicht, ob Sie es hilfreich finden, was ich erfuhr, doch liefert es Ihnen eventuell einen Ausgangspunkt.«
Tobias steckte den Dietrich zurück in seine Lederhülle und studierte das Labor, das im tiefen Dunkel dalag. Einige Apparate und Geräte erkannte er wieder. Auf einem Regal glänzten Reihen von Glasgefäßen. Eine große elektrische Maschine ragte in der Ecke auf. Auf einer Bank lag ein teures Teleskop. Daneben ein Mikroskop.
Einige Gegenstände vermochte er nicht zu identifizieren, doch allesamt sahen sie kostspielig aus und verrieten, dass die Leidenschaft des Besitzers den Naturwissenschaften galt. Das Schlafzimmer und den kleinen Salon hatte er bereits durchsucht. Da das Labor verschlossen war, hatte er es sich für zuletzt aufgespart.
Inmitten der Schätze stehend, die Dominic Hood augenscheinlich am wertvollsten waren, wurde ihm klar, dass der junge Mann Geheimnisse, falls er denn welche hatte, nur hier verstecken würde.
Es war kurz nach neun. Er hatte Dominic beobachtet, als dieser vor einer Weile seine Wohnung verließ. Der junge Mann hatte sich für einen Abend im Klub oder am Spieltisch angekleidet. Er würde einige Stunden aus sein. Sein Diener, der kurz nach ihm gegangen war, hatte offenbar ein Kaffeehaus in der Nähe als Ziel.
Tobias machte sich rasch, aber methodisch auf die Suche. Dabei half ihm die penible Ordnung im Labor. Was er suchte, fand er in einem kleinen, versperrten Schubfach im Schreibtisch am Fenster.
Das Tagebuch war in Leder gebunden. Die Handschrift war weiblich. Die Eintragungen begannen vor zweiundzwanzig Jahren.
... Berührt er meine Hand, schlägt mein Herz so heftig, dass es ein Wunder ist, wenn ich nicht in Ohnmacht falle. Ich kann das große Gefühl, das seine Nähe in mir schafft, nicht annähernd beschreiben. Allein das Wissen, dass er da ist, erfüllt mich mit Entzücken. Er Schäfte mir ein, ich dürfte es weder meinen Eltern noch meinen Freundinnen sagen, doch wie kann ich dieses köstliche Geheimnis für mich behalten?
Tobias überblätterte ein paar Seiten, um dann bei einigen anderen Eintragungen zu verweilen.
... Ich kann nicht glauben, dass er mich verließ. Er schwor, dass seine Leidenschaft für mich so
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