Lavinia & Tobais 03 - Skandal um Mitternacht
konntest?«
»Deinen erstaunten Ton kannst du dir sparen.« Sie richtete sich auf. »Ich sagte ja, dass sich ein Gespräch mit Lady Huxford und Lady Ferring bezahlt machen würde. Und ich hatte Recht. Ich glaube, dass der Friseur, der mit Lady Oakes auf Beaumont Castle war, unser Mörder sein könnte.«
Zu seiner Ehre sei gesagt, dass Tobias diese Möglichkeit nicht sofort ausschloss. Aber schließlich suchte er ja auch verzweifelt nach der nur kleinsten Spur.
»Meinst du den Idioten, der sagte, dein rotes Haar wäre nicht in Mode?«
»Er ist einer von vielen, die mir dies in letzter Zeit zu verstehen gaben, aber ja, ich spreche von Mr Pierce. Du erinnerst dich sicher, dass er Lady Oakes' Perücke mit einem überaus kunstvollen Chignon zierte.« Lavinia griff nach ihrem Hinterkopf. »Viele Löckchen und ein geflochtener Knoten?« Sie zeichnete den Entwurf mit den Fingern in die Luft. »Es war ein höchst ungewöhnlicher Entwurf.«
»Lady Oakes Kopfputz blieb mir nicht im Gedächtnis.«
»Tobias, es geht darum, dass ich heute Abend die Chignons von Lady Huxford und Lady Ferring aus der Nähe sehen konnte, als sie die Speiseloge verließen. Beide trugen Perücken, und beide Frisuren waren identisch mit jener, die Lady Oakes auf Beaumont Castle trag.«
»Na und?«
»Also wirklich, Sir, wo war Ihre Aufmerksamkeit, als wir mit dem Perückenmacher Mr Cork und seinem Partner Mr Todd sprachen? Sie erklärten uns, dass ein modebewusster Friseur seinen ganzen Stolz daransetzt, eigene Entwürfe zu schaffen. Mr Todd sagte, dass er seine Chignons als sein Markenzeichen betrachte.«
Tobias sah Joan Hilfe suchend an. Sie zog anmutig eine Schulter hoch.
»Ich versuchte ihr klar zu machen, dass es sich um einen Zufall handeln könnte«, antwortete Joan. »Aber je länger ich darüber nachdenke, desto weniger glaube ich es selbst. Es wäre wirklich zu viel des Zufalls, wenn der Friseur, der Frisuren für die zwei Frauen schuf, von denen wir glauben, dass sie den Mörder engagierten, sich am Abend von Fullertons Tod auf Beaumont Castle aufhielt.«
Lavinia beobachtete Tobias genau. Sie sah ihm an, dass er nicht ganz überzeugt war, die Möglichkeit aber einer gründlichen Überlegung unterzog.
»Damit wäre sehr viel an diesem Fall erklärt«, sagte sie überzeugend.
Er furchte die Stirn. »Du meinst damit die blonde Perücke?«
»Ja. Ein Friseur hätte gewusst, wie stark die Haarfarbe auffallen würde, falls man ihn im Verlauf der Tat beobachtete. Wenn Mr Pierce der Mörder ist, würde es auch die ungewöhnliche Größe des Hausmädchens erklären. Die Statur des Friseurs war zwar nicht besonders auffallend für einen Mann — tatsächlich war er eher klein —, doch in Frauenkleidern hätte er ziemlich groß gewirkt.«
Joan zog ihre Handschuhe zurecht. »Es würde auch erklären, wie drei hochgestellte Damen der Gesellschaft an einen professionellen Mörder gerieten. Ein Friseur geht schließlich in den Häusern ein und aus und übt seine Kunst im Ankleide-oder Schlafzimmer einer Dame aus.«
Tobias kniff die Augen zusammen. »Wenn du Recht hast, würde es bedeuten, dass alle drei Damen die persönlichsten und vertraulichsten Dinge mit ihrem Friseur besprachen.«
»Ja«, sagte Lavinia. »Na und?«
»Ich soll glauben, eine Dame würde ihrem Friseur Geheimnisse wie ihrer besten Freundin anvertrauen?«
Lavinia wechselte mit Joan einen Blick.
»Sagen Sie dem Ärmsten lieber die Wahrheit«, murmelte Joan.
»Welche Wahrheit?«, wollte Tobias wissen.
»Ich weiß, dass es für dich wahrscheinlich ein arger Schock sein wird«, erklärte Lavinia leise, »doch muss ich dir sagen, dass Damen fast immer ihren Friseuren Geheimnisse anvertrauen, die sie einem anderen nicht einmal im Traum offenbaren würden. Das Frisieren bedingt eine gewisse Intimität. Man ist allein mit einem Mann, der damit beschäftigt ist, einem die Haare zu frisieren und zu locken. Es ist wirklich sehr angenehm.«
»Angenehm?«
»Allein mit einem Mann, der sich nur zu gern über Fragen der Mode und des Stils unterhält«, setzte Joan hinzu. »Mit einem Mann, der den neuesten Klatsch mitbringt. Einem Mann, der auf jedes Wort hört, das man sagt. Ja, ich glaube, es wäre durchaus möglich, dass eine Frau mit eben diesem Mann einen Mord plant.«
»Was für ein schrecklicher Gedanke«, murmelte Tobias.
Wieder begegnete Lavinia Joans Blick mit stummem Verständnis. Wie konnte man einem Mann die Intimität zwischen Friseur und Kundin erklären?
»Welche
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