Lavinia & Tobais 03 - Skandal um Mitternacht
Frau, die einigermaßen bei Verstand ist, würde einem Friseur zutrauen, einen Mord zu planen, ohne sich erwischen zu lassen?«, fragte Tobias. »Und was ist, wenn er sie verrät und anklagt, ihn angestiftet zu haben?«
»Ich bezweifle sehr, ob vor Gericht das Wort eines Friseurs höher bewertet wird als jenes eines angesehenen Mitglieds der Gesellschaft«, sagte Lavinia. »Wie du selbst oft betontest, würde niemand glauben, dass eine ältere vornehme Dame, die ihr ganzes Leben in den exklusivsten Salons verbrachte, weiß, wie man einen professionellen Mörder findet und ihn zu einem Mord anstiftet.«
»Die Kundinnen wussten vielleicht gar nicht, dass sie den Friseur engagierten«, sagte nun Joan nachdenklich. »Ich vermute, dass sie ihn für einen Mittelsmann hielten. Sicher genügte ein
Augenzwinkern und ein Kopfnicken, und alles war erledigt. Mr Pierce deutete vielleicht nur an, er wüsste jemanden, der wiederum jemanden wüsste, der dergleichen arrangieren könne.«
»Und wie bekam er sein Geld?«, fragte Tobias.
Joan machte eine wegwerfende Handbewegung. »Anonyme Zahlungen lassen sich leicht bewerkstelligen.«
Lavinia sah Tobias an und wusste, dass er dasselbe dachte wie sie. Als Witwe eines Mannes, der eine große, am Rande der Kriminalität agierende Organisation geleitet hatte, wusste Joan sicher sehr viel mehr darüber, wie man diese Dinge handhabte.
»Nun gut«, sagte Tobias schließlich. »Ich kann nicht leugnen, dass hier ein Zufall vorliegt und ihr wisst, was ich von Zufällen halte. Gehen wir daher theoretisch davon aus, dass Mr Pierce in diese Angelegenheit verwickelt ist. Ich frage mich, wie er Lady Oakes überreden konnte, ihn nach Beaumont Castle mitzunehmen. Glaubt ihr, dass sie vielleicht wusste, was er an jenem Abend plante?«
»Persönlich neige ich zu der Ansicht, dass Lady Oakes nichts mit dem Plan, Fullerton zu ermorden, zu tun hatte«, sagte Joan mit Bestimmtheit. »Sie ist sehr lieb und nett, aber nicht eben für ihren scharfen Verstand bekannt, um es höflich zu formulieren. Ich glaube, Pierce konnte sie leicht überzeugen, dass sie für den Kostümball ihren Friseur brauche.«
Nun trat Schweigen im Wageninneren ein.
Tobias lehnte sich zurück und studierte die Eingangstür seines Hauses, wobei er sich geistesabwesend das linke Bein massierte. »Erstaunlich, aber ich kann nicht bestreiten, dass der Friseur ein Verbindungsglied zwischen den Verdächtigen und dem Tod zumindest eines der Opfer darstellt. Morgen will ich sehen, ob ich Verbindungen zwischen ihm und den anderen zwei Morden feststellen kann.«
Lavinia empfand Erleichterung, fühlte sich aber auch bestätigt. »Ich wusste, du würdest schließlich zur Einsicht gelangen. Es war nur eine Frage der Zeit.«
»Dein Vertrauen in meine logischen Fähigkeiten ist äußerst erquickend«, meinte er grimmig.
»Was geschieht als Nächstes?«, fragte Joan interessiert.
Tobias sah Lavinia an. »Hast du Pierce' Karte noch? Diejenige, die er dir an dem Abend bei Beaumont gab?«
»Ja. Er lebt in der Piper Street.«
»Ich bin noch immer nicht ganz überzeugt, dass der Friseur der Mementomori-Mann ist«, sagte Tobias. »Aber ehe wir nicht Ordnung in diese chaotische Affäre gebracht haben, halte ich es für vernünftig, ihn nicht aus den Augen zu lassen.«
Hewlett-Packard
Kapitel 24
D ie starke Erregung der Spieler schien fast greifbar über dem Spielzimmer des Klubs zu lasten. Meist wurde die hitzige Aufwallung von Leidenschaft, die jedes Rollen des Würfels oder jedes neue Gebot an den Kartentischen begleitete, hinter der vorgeschriebenen Maske von Überdruss und blasiertem Amüsement verborgen. Der Anstand erforderte es schließlich, dass die elegant gekleideten Gentlemen sich in ihrem geheuchelten Desinteresse am Ausgang des Spiels überboten.
Nichts aber vermag den Geruch nach Schweiß und Angst zu übertünchen, der sich mit den Rauchschwaden mischt, dachte Anthony. Es war ein Geruch, der den gesamten Raum erfüllte.
Dies war die höllische Atmosphäre fieberhafter Verzweiflung, in der sein Vater zu Hause gewesen war. Am Ende hatte sie Edward Sinclair in den Tod gelockt.
Er blieb eine Weile am Eingang stehen und lauschte dem Klappern der Würfel, dem Klirren von Flaschen und Gläsern auf den Kartentischen. Wahrscheinlich machte es keinen Unterschied, wie viel man beim Glücksspiel trank. Das Ergebnis eines Würfelwurfes lag in den Händen des Schicksals, es sei denn, die Klubleitung hatte die Würfel heimlich
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