LaVyrle Spencer
froh, daß sie in dieser Hinsicht nicht mir ähnelt, sonst hätte sie mich
schon verrückt gemacht!«
»Du hast oft genug meine
Temperamentsausbrüche ertragen müssen.«
»Die ich
meistens provoziert habe. Aber, Schwamm drüber, wie? Und wie geht es dir und
Jill? Seid ihr glücklich?« Clay sah sie erstaunt an. Am allerwenigsten hatte er
erwartet, daß Catherine auf eine derart freie und unbefangene Weise über Jill
sprach.
»Ja, das sind wir. Zwischen uns ...«
Er verstummte verlegen.
»Ich wollte nicht neugierig sein.«
»Nein, so habe ich es auch nicht
aufgefaßt. Ich wollte nur sagen, daß Jill und ich nicht miteinander streiten,
wie wir es taten. Wir führen ein recht friedliches Leben.«
»Das freut mich für dich. Wie
Melissa und ich. Es ist angenehm, in Frieden zu leben, nicht wahr, Clay?«
Er nippte von seinem Cola und
wunderte sich über die Veränderung, die in Catherine stattgefunden hatte. Sie
schien mit sich und ihrem Leben absolut zufrieden zu sein. Sie zupfte Melissas
Kragen zurecht und sagte lächelnd: »Das ist dein Daddy, Melissa. Du erinnerst
dich doch an ihn, hm?« Dann blickte sie auf und sagte: »Dein Vater hat uns
besucht. Er wollte wissen, wie es uns geht. Ich mußte ihm versprechen, zu ihm
zu kommen, wenn ich etwas brauche. Aber er hat schon so viel für uns getan, daß
ich mich schämen würde, etwas von ihm anzunehmen.«
»Brauchst du denn etwas?«
»Nein, Clay, du bist so großzügig.
Das weiß ich wirklich zu schätzen. Ich freue mich auf mein Studium. Während der
Schwangerschaft war es doch recht beschwerlich.« Sie warf die Arme in die Luft
und rief fröhlich: »Ich fühle mich, als könnte ich jeden Tag die Welt erobern,
weißt du.«
Clay kannte dieses Gefühl, hatte es
aber mittlerweile verloren. »Nähst und tippst du noch immer?«
»Ja. Da jetzt der Unterricht wieder
begonnen hat, finde ich leicht Arbeit. Mach dir keine Sorgen. Ich steuere zum
Lebensunterhalt bei, was mir möglich ist. Das meiste Geld geht für die
Lebensmittel drauf. Babynahrung ist ziemlich teuer.« Sie kicherte und zerzauste
Melissas Haar. »Natürlich könnte ich eine Menge sparen, wenn ich nicht auch
davon essen würde. Wir teilen alles. Sie duscht mit mir, und ich helfe ihr
dabei, das Zeug zu essen, nicht wahr, Lissy?«
»Du nimmst sie mit in die Dusche?«
rief Clay erstaunt. »In ihrem Alter?«
»Oh, sie
liebt es. Und den Swimmingpool auch. Du hättest sie im Sommer schwimmen sehen
sollen, wie eine kleine Otter.« Während sie weiterplauderte, nahm sie Melissa
aus der Schaukel und setzte sie auf ihren Schoß. Clay bemerkte, wie unbefangen
und natürlich Catherine mit dem Baby umging, und fühlte sich irgendwie
ausgeschlossen. Er spürte, wie sehr sie sich verändert hatte. So frei und
gesprächig hatte er sie noch nie erlebt. Glücklich erzählte sie ihm von ihren
Erlebnissen mit Melissa. Er hatte den Eindruck, als wollte sie diese
Erlebnisse mit ihm teilen. Schließlich sagte sie: »Ich glaube, sie hat sich
jetzt an dich gewöhnt. Willst du sie nehmen?« Aber als er Melissa auf den Arm
nahm, begann sie sofort zu quengeln, und er gab sie enttäuscht ihrer Mutter
zurück. Catherine zuckte die Schultern und sagte: »Tut mir leid.« Er stand auf
und wollte gehen.
»Clay, brauchst du noch etwas aus
dem Haus? Ich habe ein schrecklich schlechtes Gewissen, weil ich dir alles
weggenommen habe. Es gehört doch alles dir, und ich profitiere davon. Nimm
dir, was du brauchst.«
Er betrachtete das ordentlich
aufgeräumte Wohnzimmer und dachte an das Chaos, das Jill stets zurückließ.
»Jill hat
alles, was ich brauche, danke.«
»Willst du
denn keines von den Hochzeitsgeschenken?«
»Nein, behalt sie.«
Catherine schien sich an das Leben
ohne ihn gewöhnt zu haben. Sie begleitete ihn zum Auto hinaus.
»Danke, daß du mir den Scheck
gebracht hast, Clay. Wir wissen es wirklich zu schätzen.«
»Das ist
doch selbstverständlich.«
»Clay, da
ist noch etwas . ..«
Er stand neben der offenen Autotür und
freute sich über jeden Augenblick, den er länger bleiben konnte. Catherine
blickte zu Boden, kickte einen Kieselstein beiseite und sah ihm dann direkt in
die Augen.
»Dein Vater hat erwähnt, daß sie
dich kaum zu Gesicht bekommen. Es geht mich zwar nichts an, aber es scheint ihm
sehr weh zu tun. Clay, hast du etwa das Gefühl, deine Eltern enttäuscht zu
haben, oder ...« Zum erstenmal an diesem Tag wirkte sie nervös und verlegen. Ihre
Wangen waren gerötet. »Ach, du weißt schon, was ich meine.
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