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Lazyboy

Lazyboy

Titel: Lazyboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Weins
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Blickes würdigt.
    »Hast du den Film Jumper gesehen, wo einer durch den puren Willen von Ort zu Ort springen kann?«
    »Nee«, sage ich.
    »Fantastisch«, sagt Mirko.
    »Mirko«, sage ich, »Superhelden zeichnen sich dadurch aus, dass sie spezielle Fähigkeiten haben, die andere Leute nicht haben. Diese setzen sie ein, gezielt und kontrolliert.«
    »Siehst du«, sagt er, weil er sich einmal im Monat gegen Ironie impfen lässt.
    »Ja, schön«, sage ich, »aber ich kann die Fähigkeit nicht gezielt einsetzen, ich kann sie nicht kontrollieren. Was ist denn das für ein Superheld, der immer überall dort auftaucht, wo er nicht sein will, und wenn er mal gebraucht wird in einer Situation, unfreiwillig durch die nächste Tür verschwindet?«
    Mirko denkt nach, man erkennt es an zwei Denkwulsten auf seiner Stirn. Dann fängt er an zu grinsen. »Du bist ein Antisuperheld. Das ist etwas ganz Neues. Wir gründen die Liga der Antisuperhelden.«
    Wieso wir, denke ich, aber ich sage nichts.
    »Vielleicht kannst du ja noch an der Kontrolle arbeiten. Sag mir Bescheid, wenn du so weit bist. Dann ziehen wir diese Antisuperheldengeschichte ganz groß auf, ich schreibe dir einen Song auf den Leib, dein eigenes Antisuperheldenthema.«
    »Ja«, sage ich, »toll.«
    Ich denke darüber nach, welche Möglichkeiten sich ergäben, wenn ich tatsächlich die Kontrolle hätte. Wenn ich meine Superheldenbestimmung fände. Auf eine mir noch völlig unklare Art und Weise wüsste ich immer, wo ich gebraucht würde, und ich könnte durch die nächste Tür dort auftauchen, völlig überraschend. Ich hätte sonst zwar keine Superkräfte, aber im Kampf gegen das Böse oder was auch immer den Überraschungseffekt auf meiner Seite. Kurz durch die Tür rein, die sehr, sehr hübsche junge Frau aus den Händen der Entführer winden, und ab durch die nächste Tür ins Freie, die grenzenlose Dankbarkeit genießen. Ich könnte das Phänomen natürlich auch für egoistische Zwecke nutzen, Einbrüche in Banken, Damenumkleideräume usw., aber ich habe nun mal diesen völlig irrationalen, hoffnungslos romantischen Zug zum Guten.
    »Ich denke, dein Kostüm müsste braun sein«, sagt Mirko, »mit so einer Maserung wie bei einer Holztür, kein Cape, höchstens eine Art Vorhang, aber auf jeden Fall ein Griff in Bauchnabelhöhe. Und wenn du wie aus dem Nichts aus der nächstbesten Tür trittst, rufen die Leute: He, macht Platz, da kommt die menschliche Tür!«
    »Ich glaube, dass es schwer werden könnte, die Filmrechte an mir zu verkaufen.«
    »Ach was«, sagt Mirko, »das kriegen wir schon hin.«
    »Und du?«, frage ich nach einer Weile. Wir sind beide ins Schnaufen geraten, ich habe tatsächlich Seitenstechen vom Rumgehen.
    »Ariane und ich ziehen im Herbst raus aufs Land. Sie hat ein Häuschen dort geerbt in der Nähe von Glückstadt. Im Keller richte ich ein Studio ein.«
    »Oha«, sage ich.
    »Sie ist schwanger.«
    »Oh«, sage ich.
    Wir walken beinahe in eine Gruppe chinesischer Touristen hinein, die einen rot gestrichenen Abfalleimer fotografiert. Zwei Omas in engen Laufhosen überholen uns zügig.
     
    10
    Bislang habe ich noch gar nicht erzählt, dass ich verlobt bin. Dass wir verlobt sind, Monika und ich. Schon seit eindreiviertel Jahren. Verlobt haben wir uns bei einer Autofahrt zu ihren Eltern. Eigentlich kein wirklich gutes Gespräch, das zur Verlobung führte.
    Ihre Eltern wohnen in einem Stadtteil namens Volksdorf, das ist dort, wo die Villen und Einzelhäuser so groß sind, dass sie die Leere der Leben ihrer Bewohner umfassen. Monikas Mutter ist sehr streng, streng mit sich selbst, streng mit ihrer einzigen Tochter, auch mit ihrem Mann, und vor allem mit mir. Sie hasst mich, weil ich ein Nichtsnutz und ein Versager bin, ich verberge es geschickt, das heißt, ich gebe mir Mühe, aber sie hat die richtige Brille auf der Nase und kann das schnurstracks durch meine aufwendig konstruierte Fassade hindurch erkennen.
    Sie sieht äußerlich schon sehr streng aus, mit zurückfrisierten Haaren und kargen Wangen, sehr fein und faltig braun gebrannt, mit kleinen, funkelnden Augen und farblich abgestimmten Kostümen. Der Vater ist irgendwie konturarm, auf eine verschlungene Art depressiv und zurückgezogen. Dabei hat er einmal viel Geld verdient als Führungskraft einer Logistikfirma im Hafen. Alle zwei Wochen fahren wir am Wochenende zum Essen zu den Eltern, das wird von uns, von mir erwartet. Ich murre vorher viel, und es klappt auch nicht immer, aber das hat

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