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Lazyboy

Lazyboy

Titel: Lazyboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Weins
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Alle drei sichtlich Inzestprodukte. Sie blicken mich an, als hätten sie eine Erscheinung. Ich starre ebenso zurück.
    Auf meinem Weg bergab die Straße herunter komme ich an einem Vorgarten vorbei, in dem ein Mädchen in einem Liegestuhl sitzt. Ein noch nicht geschlüpftes Teeniemädchen mit einem Haarreif im Haar. Es hält sich einen Aluschirm unter das Gesicht, der ihm das Sonnenlicht bräunungsintensiv reflektiert. Es reckt die nackten Füße auf einem 50er-Jahre-Cocktailtischchen in die Sonne. Zwischen den Zehen stecken Wattebäusche. Die Zehennägel leuchten kobaltblau. Das dazugehörige Nagellackfläschchen liegt neben dem Liegestuhl im Gras. Sonst ist das Mädchen vollständig angezogen, graue Jeans, violettes T-Shirt. Auf dem T-Shirt ist ein großes Peace-Zeichen abgebildet, darunter steht in Horrorfilmschrift Assgrabbers . Es hat dunkelblonde, lange Haare, die es streng zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden trägt. Anscheinend will es gezielt Gesicht und Füße bräunen. Das Haus hinter ihm ist eine kleine Gründerzeitvilla mit braunem Anstrich, das hübscheste Haus weit und breit. Das Mädchen hat die Augen geschlossen, aber als ich vorbeischlurfe, lässt es den Reflektorschirm sinken und blinzelt mich mit einem Auge an. Es folgt mir mit Blicken. Hinter ihm plustern sich zwei Rhododendren auf.
    Ich bleibe stehen. »Gibt es in diesem Kaff einen Bahnhof?«, frage ich.
    »Wie sind Sie denn hergekommen?«
    »Bitte?«
    »Na ja. Einen Flughafen haben wir hier nicht gerade. Sie sind also wohl kaum hergeflogen. Und wenn Sie ein Auto hätten, würden Sie ja wohl hier nicht so herumschleichen und Fragen stellen.«
    »Mein Auto kann ja auch kaputtgegangen sein. Vielleicht musste ich es eben gerade irgendwo dort oben stehen lassen.«
    »Oben auf dem Hügel?«
    »Warum nicht?«
    »Das stimmt«, sagt es und macht ein nachdenkliches Gesicht.
    Es wackelt mit den Zehen, es sieht aus, als würden die meine Gegenwart erst jetzt zur Kenntnis nehmen und mir zuwinken.
    »Also«, sage ich, »gibt es hier einen Bahnhof?«
    »Hallo? Das ist ein Dorf hier! Bahnhof! Ein Bus fährt zwei Kilometer weiter, immerhin. Viel Spaß beim Wandern.«
    »Kacke«, sage ich.
    »Wie sind Sie denn nun hergekommen eigentlich?«
    »Durch die Tür.«
    »Wie bitte?«
    »Du bist ziemlich neugierig.«
    »Klar, hier passiert ja auch nicht so furchtbar viel. Ich wittere eine Geschichte .« Das sagt es in einem Ton, als würde es irgendetwas oder irgendwen zitieren. »Also, wie?«
    »Was?«
    »Wie sind Sie hergekommen?«
    »Kannst du die Wahrheit vertragen?«
    »Ich denke schon. Kommt drauf an. Sie sind ein Scout für einen osteuropäischen Kinderpornoring.«
    »Ich wurde hierher gebeamt. Jetzt sitze ich fest.«
    »Oh. Das ist hart. Können Sie sich nicht zurückbeamen lassen?«
    »Nein«, sage ich. »Einbahnstraße.«
    »Rückschrittliches System. Wollen Sie eine selbst gemachte Limonade?«
    »Bitte?«
    »Wollen Sie was zu trinken, kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Selbst gemachte Limonade?«
    »Wo gibt es denn noch so was, selbst gemachte Limonade?«
    »Hier«, sagt es.
    Es humpelt auf den Fersen durch den Vorgarten mit der Watte zwischen den Zehen. Im Fortgehen wirft es mir einen Blick mit gerunzelter Stirn und gehobener Augenbraue zu, ein wirkliches Komikertalent. Es verschwindet im Haus, kehrt mit zwei Gläsern zurück und nimmt wieder im Liegestuhl Platz.
    »Wo bin ich hier überhaupt gelandet, wie heißt das Kaff?«, frage ich mit einem Limonadenglas in der Hand.
    »Egal«, sagt es.
    »Okay«, sage ich beeindruckt.
    »Sie haben das ernst gemeint mit der Tür, oder? Dass Sie durch eine Tür hergekommen sind, stimmt’s?«
    »Ja«, sage ich. Die Limonade schmeckt erstaunlich gut.
    »Was für eine Tür?«
    »Da drüben.« Ich gestikuliere vage den Hügel hoch. »Aus irgendeiner Scheunentür.«
    »Und wie sind Sie in die Scheune hineingekommen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Zu viel getrunken? Drogen? Einfach so verwirrt?«
    »Schwierig zu sagen.«
    »Dann machen Sie’s einfach. Na los, erzählen Sie. Ich langweile mich.«
    »Ist nicht eigentlich Schulzeit?«, sage ich. »Haben wir nicht Vormittag?«
    »Ich hab Ferien.«
    Was soll’s, denke ich, es ist ja nur ein Mädchen. Ich setze es also ins Bild, was mein Problem mit den Türen anbelangt. Es schaut mich mit echtem Interesse an. Als ich geendet habe, nickt es intensiv und befriedigt.
    »Glaubst du mir?«, frage ich.
    »Klar«, sagt es. »Warum sollten Sie lügen? Es kann ja nicht in Ihrem

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