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Lazyboy

Lazyboy

Titel: Lazyboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Weins
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Krankenhausflur hinausgetreten ist, als ich an die Zimmertür klopfte. Die die Tür rasch hinter sich zugezogen und fest in den Rahmen gedrückt hat, als wäre ich der Eindringling, der nichts davon mitbekommen darf, was im Zimmer vor sich geht. Bleich sieht sie aus, wie ein Papiertaschentuch in einer Winternacht, zerknittert und leer, und sie sieht mich scheel und misstrauisch und vorwurfsvoll an. Mit jener Enttäuschung im Blick, die ich schon kenne, aber irgendwie zweidimensionaler als sonst. Wieder einmal steht ihr die Verwunderung ins Gesicht geschrieben, warum Monika ausgerechnet mich gewählt hat und warum sie es so lange mit einem wie mir aushält. Ich stehe mit gesenktem Kopf da unter den Neonröhren im Krankenhausflur, irgendetwas knackt leise, die Röhren oder etwas in meinem Kopf, und ich brumme zerknirscht, brumme etwas von einem schwierigen Job, für den ich habe recherchieren müssen, schwierig und geheim, und ob ich sie jetzt bitte sehen dürfe, bitte. Sie scheint überlegen zu müssen. Ich bin ja nicht einmal sicher, ob ich noch mit Monika zusammen bin oder nicht.
    Monikas Gesicht.
    Ihr Körper in dem Bett.
    Die Arme wie nutzlose Puppenarme neben dem Körper. Wie Äste und Zweige.
    Ihr Gesicht.
    Die dunkelbraunen Locken auf dem Kissen. Das Gesicht zur Seite gedreht. Die schöne, etwas klobige Nase, wie ein Lieblingsspielzeug eines Kindes, das nicht in die Kiste mit den Spielsachen geräumt wurde, das irgendwie liegen geblieben ist. Die geschlossenen, geschwollen aussehenden Lider. Der Hügel aus weißer Baumwolle, der Körper, der unter der Decke wächst. Die zu kleinen Hände, die auf dem Laken liegen wie ein hübsches Obst, das zum Trocknen ausgelegt wurde. Und erst langsam dämmern mir die Schläuche und die Nadeln ins Bild. Ein durchsichtiger Schlauch unter der Nase, für die Beatmung. Eine Nadel unter einem Pflaster im Arm, mit einem Tropf verbunden. Äußere Verletzungen kann ich keine entdecken.

Neben dem Bett sitzt ein grauer Haufen, Monikas Vater, der mit blanken Augen zu mir hochguckt, leer, der den Arm hebt in meine Richtung, als wolle er mir etwas zeigen mit letzter Kraft, als wolle er mich umarmen, als wolle er mich schlagen, mich zurückhalten, als wolle er irgendetwas in der Luft zwischen uns berühren oder in Bewegung setzen, einen Mechanismus vielleicht, der dann den Arm einfach wieder kraftlos fallen lässt, und ich trete zu ihm und lege ihm meine Hand auf den Wollpulli, intuitiv, was ich noch nie gemacht habe, ihn berühren, ich lächele zu diesem Haufen Mensch hinunter, und dann wende ich mich wieder dem Bett zu und setze mich ins Weiß, als wäre ich ein Wikingerschiff, das die Pforte des Nordmeeres, des ewigen Eises überwindet, und jedes Mitglied der Besatzung ahnt, was es erwartet.
    Ich sitze auf der Bettkante und streichle Monikas Haare, betrachte ihr Gesicht, es rinnt mir die Wangen hinunter, und ich weiß, dass ich alles falsch gemacht habe. Bis zu diesem Moment habe ich alles falsch gemacht. Zwar bin ich den richtigen Weg gegangen, weil ich sie getroffen habe. Aber auf dem Weg habe ich fortgesetzt die verkehrten Entscheidungen getroffen.
    Ich betrachte sie, und mir ist weh zumute. Ich sehe sie an und will sie halten, aber es geht nicht, weil sie ins Rutschen geraten ist, sie schwimmt mir davon, schräg nach unten ins Nichts. Sie lässt sich nicht halten, nicht durch mich, sie fällt durch den leeren Raum, durch schwarzes, kaltes Feuer, und mir ist klar, dass nicht ihr finales Aufschlagen die große Gefahr und den absoluten Schrecken darstellt, sondern dieses fortgesetzte Fallen selbst. Sie fällt, und ich kann in meinem Mitleid und meinem Selbstmitleid nichts anderes tun, als selbst zu fallen, als sie zu begleiten, um bei ihr zu sein.
    Und also stoße ich mich ab von diesem Krankenhausbett und begleite ihren Fall, ich falle ihr hinterher durch ein lauwarmes Nichts, in dem es nichts zu sehen, nichts zu begreifen gibt. Ich rudere mit den Armen und taumele voran und nehme nur langsam Fahrt auf, zu langsam, um sie zu berühren, ich taumele und beschleunige dann doch überraschend, überwältigend schnell, bis mir übel wird und mir der Atem fehlt, mit dem man das Fallen steuern kann, und dann verliere ich sie aus dem Blick, gefangen genommen durch mein eigenes Stürzen. Ich stürze und rase dem Dunkel entgegen, mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen. Es reißt an mir, es schmerzt, es spaltet mich, und es macht Geräusche, weil dieser Organismus Manöver vollführt,

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