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Lazyboy

Lazyboy

Titel: Lazyboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Weins
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Bauch der Erde. Meine Gedanken sind festgefroren, mein Herz schlägt verlangsamt. Meine Füße schmerzen wie verrückt in den Turnschuhen. Mitten in der Nacht schrecke ich auf, ich bin doch eingeschlafen, ich weiß nicht, wie lange.
    »Lazyboy?«, höre ich eine Stimme von oben. »Bist du da unten?«
    »Nein«, sage ich für den Fall, dass es nur wieder jemand ist, der mich austricksen will. Aber dann mache ich mir klar, dass es unlogisch ist, und außerdem ist es die Stimme von Daniela, der ich vertraue.
     
    12
    Daniela und ich sitzen auf der nächtlichen Wiese am Ufer des Flusses. Sanftes silbernes Licht glänzt auf der Oberfläche jedes einzelnen Grashalms. Das Gras sieht aus wie aus einem geheimnisvoll leuchtenden, extrem biegsamen Superkunststoff gefertigt. Es ist warm. Die Beek glitzert schwarzsilbern in ihrem Lauf. Die Luft ist schwer und samtig. Eine große Ruhe liegt über der Stadt. Das Plätschern des Flusses umschmeichelt die Konturen der Stille. Ich suche den Himmel nach dem Mond ab. Aber er ist nicht am Himmel zu entdecken. Es sieht aus, als würde der Himmel selbst anstelle des Mondes schimmern und strahlen. Daniela und ich sitzen in umfassender nächtlicher Stille, so ruhig, als würde niemand nirgendwo nach jemandem suchen. Alles stimmt, alles fließt.
    Sie sagt: »Sie ist zu mir gekommen und hat mir alles erzählt. Sie hat mir sogar gesagt, wo ich im Schuppen an ihrem Haus die Strickleiter finde. Ich glaube, sie schämt sich, sonst hätte sie dich sicher selbst befreit. Sie sagte, sie wolle ihr Gesicht nicht verlieren. Sie sagte, du sollest dich befreien und dadurch uns. So kämen wir alle ans Ziel.
    »Ernsthaft?«
    »Das hat sie gesagt.«
    »Tss«, mache ich.
    Ich reibe mir die schmerzenden Knie.
    »Und du, wurdest du nicht bewacht? Du und der Schrank, der Eingang?«
    »Na klar«, sagt Daniela, und ein Lächeln huscht über ihre Mundwinkel. »Aber, na ja, wir kennen uns hier alle doch ewig, und ich habe Erik gesagt, dass es wirklich sehr wichtig ist, für mich persönlich, für uns alle, unser gemeinsames Schicksal, und dass er mich gehen lassen soll. Er gehört zum Widerstand, genau wie die Alte und ich.«
    »Du gehörst zum Widerstand?«
    Sie nickt.
    »Aber du verstehst dich doch so gut mit dem Lehrer.«
    »Ach, was heißt schon gut.«
    »Und Daphne, gehört sie auch dazu?«
    »Deine kleine Freundin? Keine Ahnung. Ich kenne sie jedenfalls nicht.«
    Hm, denke ich, verwunderlich, dieses Beek. »Können wir dann nicht einfach jetzt zum Schrank gehen?«
    »Und Daphne?«
    »Stimmt«, sage ich.
    »Weißt du«, sagt sie. »Im Grunde sind wir alle nicht wirklich gut auf den Lehrer und den Bürgermeister zu sprechen.«
    »Wer ist denn Erik?«, frage ich, weil ich irgendwie spüre, dass bei diesem Namen etwas mitschwingt.
    Daniela blickt mich an, ihre Augen leuchten einmal kurz auf, ein geheimes Signal, dann wird ihr Gesicht nachdenklich.
    »Nur wieder jemand von früher.«
    »Hör zu«, sage ich, »ich glaube, ich muss dir etwas sagen.«
    »Nein, musst du nicht.« Daniela legt mir ihre Hand auf den Unterarm, und ich spüre, dass sie mir eigentlich den Mund damit verschließen will auf ihre leise, sanfte Art.
    Also erzähle ich ihr nicht von Monika und dem Unfall, von mir und meinem Verhältnis zur Welt und zur Wahrheit, vom Weglaufen, vom Verschwinden, und dass ich mir gerade nichts mehr ersehne, als ankommen zu können, da zu sein.
    »Ich habe mich in dich verliebt«, sage ich stattdessen. »Und ich würde es gerne leben, noch viel, viel länger. Aber es geht nicht.«
    Daniela blickt auf die Grashalme zwischen ihren Fingern, die sie fortgesetzt kämmt und streichelt, sie nickt langsam vor sich hin.
    »Ich werde gehen müssen. Ich werde nicht bleiben können.«
    »Ich weiß«, sagt sie und schaut auf den Fluss, wie er vorbeifließt. Sie atmet einmal scharf aus.
    »Was ist denn eigentlich mit dir?«, frage ich. »Ich weiß auch so wenig über dich.«
    »Ich möchte jetzt nicht über mich sprechen. Ich bin Beek. Ich bin hier geboren, ich bin hier aufgewachsen, und hier werde ich immer sein.«
    Wir sitzen da, und ich würde gerne den Arm um sie legen, würde gerne spüren, wie sie sich an mich schmiegt, mich der Verbundenheit hingeben, aber ich weiß, dass die Zeit vorbei ist, dass es nicht mehr geht, dass wieder einmal etwas verloren ist.
    »Weißt du eigentlich, was mit Daphne ist?«, frage ich nach einer Weile.
    »Sie haben sie in die Hütte des Mittlers gesperrt. Sie haben sie gleich

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