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Lazyboy

Lazyboy

Titel: Lazyboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Weins
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schlecht sprechen«, keuche ich.
    »Ich bin gerade in Thailand, Ko Samui, ich habe hier diesen echt netten Surfboy kennengelernt, der auch noch Gitarre spielen und singen kann und seine eigenen Songs schreibt. Wir wollen morgen mal ein bisschen aufnehmen in meinem Apartment, ich habe ja alles dabei, das geht ja heutzutage technisch einfach traumhaft, sage ich dir, morgen gehe ich selbst mal surfen und ...«
    »Mirko«, sage ich, »ich kann jetzt nicht, ich kann nicht mehr, ich ...«
    »Hör zu«, sagt er, »Lazyboy, altes Haus, nächste Woche bin ich wieder im Lande, sollen wir da mal um die Alster walken, oder was?«
    »Mirko«, sage ich, »bitte«, und dann drücke ich ihn weg, den Boten aus der Wirklichkeit. Der Lehrer steht sehr aufrecht da und schaut mich fragend an.
    Ich schiebe das Gerät wortlos zurück in die Hosentasche.
    Am Ende ist es der Lehrer, der über mehr Kraft- und Willensreserven verfügt. Zusätzlich zu den Seilen und der Ausrüstung kauere ich auf seinem Rücken. Er trägt mich. Ich weiß nicht, wie er es schafft. Ich hätte gedacht, mir als demjenigen, der von außen nach Beek gekommen ist, kann diese Einöde, die nach Beeker Gesetzen funktioniert, weniger anhaben. Er schleppt mich 10, 15 Meter, dann braucht er eine Pause, sitzt schwer atmend und schwitzend im Gras. Und ich bin einfach restlos erschöpft, obwohl ich seit Stunden keinen Schritt getan habe. Manchmal bleiben wir liegen, wo wir sind, decken uns mit Zeltplane zu, schlafen ein paar Stunden oder was sich wie ein paar Stunden anfühlt, vielleicht sind es Tage, vielleicht Wochen. Dann wieder sattle ich auf, kralle mich in die Schultern dieses mageren, großen Menschen und lasse mich ins Ungewisse tragen. Dann wieder versuche ich selbst ein paar Schritte, aber es geht nicht, es ist keine Kraft in meinen Beinen, sie knicken augenblicklich in sich zusammen.
    Hin und wieder krähe ich: »Umkehren!«, aber der Lehrer ignoriert so etwas, und ich kann seinen brennenden Willen nur bewundern.
    »Wohin soll das noch führen, Johann?«, versuche ich es dann. »Lass es doch gut sein, es bringt doch alles nichts.«
    Und er knurrt: »Die Prophezeiung, du bist der Mittler, ich muss dich bis an den Rand bringen.«
    »Du bist ein Held«, sage ich.
    Und er sagt: »Schnauze.«
    Dann, als es dunkel ist, verändert sich alles von einem Moment auf den anderen. Die Dichte der Luft nimmt spürbar zu. Wir bauen das Zelt auf. Wir legen uns in das Zelt. Vielleicht schlafen wir, vielleicht liegen wir auch bloß in der Dunkelheit. Als wir aufstehen, ist es immer noch dunkel. Wir verlassen das Zelt. Am Horizont sehen wir einen flackernden Lichterschein.
    »Ein Feuer«, sage ich. »Der Himmel brennt«.
    »Nein«, sagt der Lehrer. »So ist es damals auch gewesen. Wir sind da. Dies ist die Grenze. Dies ist das Ende.«
    Wir gehen auf den flackernden Lichterschein zu.
    »Ein Nordlicht«, sage ich.
    »Was ist ein Nordlicht?«, fragt der Lehrer.
    Der Himmel vor uns schimmert in gelbem, rotem und orangefarbenem Licht. Hellblaue Lichtzungen fahren über das Firmament. Es ist sehr still um uns herum. Stumm gehen wir auf das Licht zu. Als hätten wir zu sprechen verlernt. Als wir uns dem Flackern nähern, stelle ich zweierlei fest. Es ist kein Feuer. Es ist kein Nordlicht. Es ist die Grenze, an der sich im Licht alles auflöst. Im roten, im gelben, im orangefarbenen Licht zeichnet sich als Schatten eine Öffnung ab. Eine schwarze Tür, die im Licht für uns offen steht. Die Stille um uns hat sich in ein Brüllen verwandelt. Es ist, als würde das Licht um uns herum zischen und brüllen. Alles ist Lautstärke und Bewegung. Nur das Schwarz der Schattentür ruht in diesem Chaos. Alles lastet auf dem Rahmen der Tür. Stumm treten wir hindurch. Schon hat sich alles verwandelt. Alles ist wieder Stille auf einmal. Es ist, als würden wir auf schwarzem Samt gehen, der Lehrer und ich. Als hätte sich die Welt an schwarzem Samt verschluckt. Alleine stehe ich da und blicke mich um. Plötzlich ist der Lehrer verschwunden. Ich bin nicht erstaunt. Ich bin nicht furchtsam. Ich bin sehr wach und interessiere mich für die Vorgänge um mich herum. »Hallo«, sage ich, denn ich habe die Sprache wiedergefunden. Aber das Schwarz um mich herum antwortet nicht. Ich setze mich erneut in Bewegung. Ich gehe eine ganze lange Weile durch das Schwarz. Obwohl ich nichts sehen oder hören kann.
    Ich erwache, als eine Frau aus dem Schwarz auf mich zutritt. Sie ist sicherlich über zweieinhalb Meter groß,

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