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Lazyboy

Lazyboy

Titel: Lazyboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Weins
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Hals hervor. Ich kann das nicht wirklich sehen, aber ich spüre es. Ich weiß das auf eine intuitive Art, wie man bestimmte, für einen persönlich relevante Dinge weiß. Ein linder Luftzug weht jetzt durch das Zelt, und ich fühle mich heiter, derweil an meinem Hals herumgesäbelt wird. Ich würde gerne lachen oder etwas singen, aber daran hindert mich die Aktivität an meinem Hals.
    Der Lehrer ist mein Freund, das weiß ich jetzt, und er ist es schon immer gewesen. Ich möchte dieses Gefühl der Verbundenheit in Worten oder Gesten ausdrücken, aber irgendwie bin ich wie eine Marionette, deren Fäden lose im Wind flattern, vom Lenkholz geschnitten. Ich sehe mir dabei zu, wie ich mich entferne, wie ich abhandenkomme, wie ich über einen Fluss verschwinde, Huckleberry Finn auf seinem Floß.
    Ich liege im Zelt. Der Lehrer liegt neben mir und atmet schwer. Draußen ist es hell geworden. Meine Schultern fühlen sich taub an. Ich werfe den Schlafsack von mir und wühle mich aus dem Zelt. Ich richte mich auf und betrachte die Einöde, das gewohnte Bild, graues Gras bis zum Horizont. Dann krieche ich erneut in das Zelt, um den Lehrer zu wecken. Aber der Lehrer ist schon wach.
    »Ich möchte lieber nicht darüber reden«, sagt er, als er sich aus seinem Schlafsack wühlt. Er wirft mir einen raschen Blick zu. Das Oberhemd, das er trägt, ist zerrissen. Ich blicke mein T-Shirt an.
    »Soll mir recht sein«, sage ich.
    Wir essen jeder einen Keks, dann machen wir uns auf den Weg.
    Schwankend stehen wir da, schirmen unser Sichtfeld mit den Händen ab.
    »Wir haben es geschafft«, sage ich.
    »Bist du sicher?«, fragt er. »Was soll das bedeuten?«
    Ich empfinde einen meiner wacheren Momente. Ich spähe in die Einöde, wo ich deutlich zwei Punkte ausmachen kann, die sich durch das Nichts zu bewegen scheinen.
    Es dauert lange, bis wir Sicherheit haben, bevor man Einzelheiten erkennen kann. Irgendwann aber gibt es keinen Zweifel mehr. Grinsend stehe ich da und schwenke meine Arme. Der Lehrer neben mir sieht einfach nur verblüfft aus.
    Daphne und der Bürgermeister bewegen sich auf uns zu, bepackt mit Seilen und Ausrüstung. Im Gegensatz zu uns gehen die beiden aufrecht und sehen beim Näherkommen frisch und ausgeruht aus. Daphne winkt ebenfalls, und das Grinsen in ihrem Gesicht leuchtet uns entgegen.
    »Wie?«, fragt der Lehrer.
    »Haha«, sage ich und werfe Seile und Rucksack fort von mir, renne in die Einöde, irgendwie befreit.
     
    14
    »Was bedeutet das nun, dass wir uns hier treffen?«, fragt der Lehrer. »Ich verstehe es nicht.«
    »Mein Ausgangspunkt war die Beek«, sage ich.
    Wir haben um ein Lagerfeuer am Ufer herum Platz genommen, obwohl es noch hell ist. Wir halten Bockwürstchen, die der Bürgermeister aus seinem Rucksack gezaubert hat, an Stöcken in die Flammen. Der Bürgermeister trägt Lederhosen, ein kariertes Hemd mit rotem Halstuch und Wanderstiefel. Seine blonde Locke wippt ihm ins Gesicht.
    »Ich hatte von Anfang an eine Theorie, einen Plan«, sage ich. »Deshalb habe ich bei meinem ersten Besuch auf der anderen Seite zu wissenschaftlichen Zwecken ein Papierschiff auf dem Wasser der Beek ausgesetzt, das Richtung Einöde trieb. Kürzlich habe ich es nun auf Ihrer, auf unserer Seite der Wand wiederentdeckt, wie es friedlich angetrieben kam. Dasselbe Papierschiff, verstehen Sie? Die Beek fließt auf der einen Seite der Stadt in die Einöde hinaus und kommt irgendwann auf der anderen Seite der Stadt wieder an, ein Kreislauf. Fragt bitte nicht, wie ich darauf gekommen bin, es ist wohl die natürliche Intuition, die mit der Rolle des Mittlers verbunden ist.«
    Ich fühle mich gerade sehr zufrieden.
    »Das sogenannte Augapfel-Prinzip, müsst ihr wissen«, ergänzt Daphne, »höhere Logik, die man nur versteht, wenn man sich supergut mit der Anatomie des Augapfels und speziell des Sehnervs auskennt.«
    Die beiden Beeker gucken sie verständnislos an.
    »Eure Welt ist eine Kugel mit unbestimmten Ausmaßen«, sage ich. »Man kann im Grunde einmal drum herum gehen. Beek war niemals geteilt, es war immer verbunden. Es gibt keine zwei Seiten, die Verbindung war die ganze Zeit gegeben. Man braucht nur durch die Einöde zu gehen. In meiner Welt ergibt es physikalisch keinen Sinn, dass ein Fluss ohne Quelle und Mündung ein geschlossenes Kreislaufsystem bildet. Aber in einer Welt, in der es hell ist, ohne dass eine Sonne scheint, und in der die Jahrszeiten willkürlich von einem Tag auf den anderen wechseln, spielen solche

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