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Lea und die Pferde - Das Glück der Erde (German Edition)

Lea und die Pferde - Das Glück der Erde (German Edition)

Titel: Lea und die Pferde - Das Glück der Erde (German Edition)
Autoren: Christiane Gohl
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bisschen dünner als wir, aber das grenzte schon an Magersucht. Allerdings musterte sie uns mit kritischen Blicken, als wir unsere Hosengrößen nannten.
    »Versuchen Sie’s«, bemerkte sie schließlich und gab den Weg zu den Regalen frei.
    Meine Mutter angelte sich gleich eine Hose in dunkelblau, passend zu ihrer Kappe. Ich konnte mich nicht zwischen einem leicht fluoreszierenden Lila und einem knalligen Apfelgrün entscheiden.
    »Ich probier zuerst!«, erklärte Mom und verschwand in der Kabine. Die Verkäuferin stellte sich davor in Positur – offensichtlich sah sie das Drama voraus.
    »Ist das wirklich 38?«, fragte meine Mutter ratlos. »Ich hab das Gefühl, die ist viel zu klein!«
    Das Magermodel nickte. »Sag ich doch«, bemerkte sie, obwohl sie bislang nachweislich nur skeptisch geguckt hatte. Vielleicht glaubte sie ja auch an telepathische Kommunikation. »40 brauchen Sie mindestens.«
    Ich feixte ein wenig. Schau an, Mom hatte zugenommen! Dabei war mir das gar nicht aufgefallen. Während die gelangweilte Verkäuferin die Hose eine Nummer größer heraussuchte, verzog ich mich mit meiner Auswahl in die nächste Kabine – und wäre vor Schreck fast umgefallen! Schon an den Unterschenkeln spannte die schicke lila Hose. Über die Oberschenkel war sie kaum zu ziehen, und es war nicht daran zu denken, sie zu schließen.Ich versuchte es mit schlangengleichen Bewegungen. Aber das war hoffnungslos. Niemals würde ich mich damit auf ein Pferd schwingen können!
    Ich probierte die grüne mit dem gleichen Ergebnis. Es gab nichts zu deuteln. Ich war fett!
    Immerhin war ich entschlossen, das Gesicht zu wahren.
    »Ist nicht so das Wahre …«, murmelte ich, und zog zum Regal, um mich eine Nummer größer umzusehen. Inzwischen kam meine Mutter aus der Kabine. Sie trug die dunkelblaue Hose und sah ungefähr so aus, als habe man sie in eine Wurstpelle gezwängt.
    »Ich hab den Eindruck, sie ist immer noch zu eng …«, meinte sie unglücklich.
    Die Verkäuferin runzelte die Stirn. »Nein, so muss sie sitzen. Die weitet sich noch.«
    »Was meinst du denn?«, fragte Mom.
    »Hast du zugenommen?«, fragte ich herzlos.
    Mom schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht, ich weiß auch nicht …«
    »Reithosen trägt man sehr eng«, bemerkte die Verkäuferin.
    Ich sagte nichts weiter, sondern versuchte es jetzt erst mal meinerseits mit einer violetten Hose, Größe 36. Mit den Bewegungen einer Schlangentänzerin gelangte ich hinein. Das Schließen des Reißverschlusses grenzte an Kraftsport. Waren die Dinger als Trainingsgeräte gedacht? Oder mahnten sie uns, bloß nicht zuzunehmen, um die Pferde nicht allzu sehr zu belasten?
    »Schick!«, meinte die Verkäuferin, als ich aus der Kabine trat. Meine Mutter hatte sich inzwischen überwunden und probierte ein Modell in Größe 42. Daspasste endlich. Aber dafür reichte es nur bis zur halben Wade. Es war allerdings billiger. Während ich fast vor dem zweiten Ohnmachtsanfall stand, als ich das Preisschildchen an meiner violetten Hose sah. Auch dieser Betrag erklärte das Aussehen der Verkäuferin. Wer so viel für Hosen ausgab, konnte sich das Essen nicht mehr leisten.
    Ich versuchte noch mal die apfelgrüne Hose, die etwas preiswerter war.
    »Was macht die Dinger denn so teuer?«, erkundigte sich meine Mutter gerade. Sie hatte inzwischen jeden Stolz über Bord geworfen und eine hellblaue Hose in Größe 42 anprobiert. Sie kostete ein Vermögen, aber sie saß immerhin gut.
    Die Verkäuferin zuckte die Achseln. »Das sind Markenhosen. Aus Mikrofasern. Darin schwitzen Sie nicht.«
    Ich schwitzte eigentlich jetzt schon, der Einstieg in das grüne Höschen war noch anstrengender als das Schlängeln in das violette. Aber ich würde nicht um ein Modell in Größe 38 bitten! Ich nicht!
    »Und sie sind aus Stretch-Material. Sie geben bei Bewegungen nach.«
    Das mussten sie auch. Sonst würde meine Hose reißen, wenn ich damit aufs Pferd stieg.
    »Ist dir die wirklich nicht zu eng, Lea?«, fragte Mom.
    Ich schüttelte tapfer den Kopf.
    »Sitzt perfekt«, behauptete die Verkäuferin. »Darf ’s noch etwas sein?«
    Sie musterte mich skeptisch und ich fühlte mich unter ihrem Blick fetter und fetter werden.
    »Vielleicht ein Sport-BH? Wir empfehlen jetzt auch schon sehr jungen Mädchen einen Sport-BH …«
    Meine Mutter wehrte ab. Schließlich verließen wir das Geschäft mit real dünnerem Portemonnaie und gefühlt dickerem Hintern. Da musste mir nicht auch noch ein Busen wachsen.

    Ich hoffte
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