Lea - Untermieterin bei einem Vampir
definitiv in der Familie. Ich wollte mir wirklich kein aufgespießtes Eichhörnchen vorstellen. Wie konnten Männer nur so gemein sein?
„ Dave!“, rügte ihn Jenny und innerlich dankte ich ihr für die Unterstützung.
„ Dein Lieblingsfilm?“, fragte ich Tom weiter.
„ Da habe ich drei“, befand er. „ From Hell, Resident Evil und Alien .” Er sah mich liebevoll an.
„ Wieso?“, flüsterte ich.
„ Da habe ich mal ein tolles Mädchen zu in den Armen gehalten. Der beste Filmabend aller Zeiten.“
Mein Herz schlug schneller. Tom konnte so romantisch sein, wenn er nicht über Eichhörnchen sprach.
„Und deiner?“, fragte er mich.
„ Untermieterin bei einem Vampir .“
„ Ach da gibt es einen Film?“, erkundigte er sich zufrieden.
„ Das Setting ist in Savannah, in so einer schicken Mehrzimmerwohnung.“
„ Schade“, meinte er.
„ Schade?“ Ich war verwirrt.
„ Ich glaube, eine Einzimmerwohnung gefiele mir besser.“
„ Aber so haben wir mehr Auswahl.“
„ Ich werde in jedem Zimmer mit dir schlafen“, versicherte er mir an mein Ohr flüsternd und brachte mich erneut zum Erröten. Er sah mich an und seufzte beglückt. „Du siehst so verführerisch aus, wenn du rot wirst, Kleines.“
„ Das machst du mit Absicht.“
„ Ich kann gar nicht anders“, gab er zu. Er sah mich sehr intensiv an, als wollte er mich mit Haut und Haar verschlingen. Er räusperte sich. „Bist du satt?“
Ich nickte. Er sah Jenny an. „Sag mal Mom, es war wirklich lecker, aber wärst du sehr sauer, wenn wir uns verabschieden?“
Wir waren keine zwei Stunden bei den beiden gewesen. Doch Jenny wehrte entschieden ab. „Aber nein, Tom. Geht ruhig.“ Sie nickte uns aufmunternd zu.
„ Danke.“
„ Ach wo, jetzt habe ich ganz romantisch Zeit mit unserem Grillkönig.“ Sie zwinkerte vergnügt und Dave drehte sich lächelnd zu seiner Frau um, als er den herzlichen Kommentar hörte.
Tom zog mich mit sich hoch. Wir verabschiedeten uns und ein letztes Mal für diesen Abend strebte ich zur Toilette. Ich war nervös und zittrig, als ich mir die Hände wusch und meinen Mund vom Grillgeschmack ausspülte. Ich zupfte mir durch mein Haar und sah mich im Spiegel an. Was immer geschah, was immer die Zukunft uns bringen mochte, aber wir würden heute miteinander schlafen und ich war nervös wie eine Jungfrau vor dem ersten Mal. Ich wusste, dass ich heute nicht anders aussah als morgen, dass man mir nicht ansah, dass ich meinen Körper mit ihm teilen würde. Dennoch verabschiedete ich mich in gewisser Weise von meinem Spiegelbild. Denn etwas würde anders sein. Ich brach mit allen Vorurteilen, allen Schranken.
„Mach’s gut“, sagte ich zu meinem Abbild und stieß mich vom Waschbecken fort. Ich zerknüllte das Papiertuch in meinen Händen und warf es in den Müllbehälter. Dann trat ich nach draußen an die sommerliche Luft, die mich sanft und sinnlich empfing. Mir war klar, dass die Luft sich nur aufgrund meiner inneren Stimmung so anfühlte, so einmalig roch, so aufs feinste lieblich war. Wäre ich ein alkoholisierter Angler käme mir sicher einiges anders vor.
Perspektive war eben ausschlaggebend für die einzelnen Wahrheiten unserer Welt.
Wenn ich sagte, dass der Himmel romantisch schillerte, war es nicht gelogen.
Wenn ein Betrunkener sagte, dass er alle Sterne doppelt sah, so stimmte auch das.
Eine Eule würde meinen, die Nacht sei strahlend hell.
Ein Maulwurf würde sich beschweren, sie wäre schwarz wie seine Blindheit.
Ein Astronom würde sagen, dass man Venus und die Plejaden sehen konnte.
Jenny würde sich beschweren, dass die Luft rauchig vom Grillfeuer roch.
Ein Stadtmensch würde die Natur überwältigend finden.
Ein Naturbursche würde sich über die Überbevölkerung der Camper beschweren.
Für den einen war diese Nacht laut, für den anderen leise.
Ein Indianer aus den Tropen fände sie kalt, ein Eskimo heiß.
Sie alle hatten Recht, obwohl jeder etwas anderes sagte.
Für Tom wäre diese Nacht möglicherweise silbern.
Für mich war sie ein Weltanfang.
Ich sah den Himmel in seinen Augen strahlen, als ich die goldenen Funken darin ausmachte. Tom wartete ungeduldig und vorfreudig auf mich vor dem Waschraum. Ich drängte mich an ihn und ließ seine Hand meine nehmen. Wieder verwob ich meine Finger mit ihm, spürte die Rauheit seiner Handflächen und die Weichheit seiner Fingerkuppen. Ich bekam am ganzen Körper Gänsehaut, als würde er mich überall berühren, überall betrachten.
War
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